Bundesländervergleich - Negativ-Rangliste zu Tierversuchen
Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen belegen die ersten drei Plätze auf der der Negativ-Rangliste zu Tierversuchen im Bundesländervergleich 2021. Da erstmals auch sogenannte Überschusstiere in der Statistik erfasst werden, ist die Gesamttierzahl deutlich höher als in den vergangenen Jahren. Aber auch ohne Berücksichtigung der Zahl der als „Überschuss“ getöteten Tiere ist kein Rückgang der Tierversuchszahlen erkennbar.
2021 wurden von den bundesweit insgesamt 5.058.242 Tieren 2.503.682 in Tierversuchen oder zur Organentnahme verwendet, starben also für Versuchszwecke. Diese setzen sich zusammen aus 1.859.475 in Tierversuchen verwendete Tiere und 644.207 zu „wissenschaftlichen Zwecken“ wie der Organentnahme getöteten Tieren. Hinzu kommen die nun erstmals erfassten 2.554.560 Tiere, die mangels Verwendungszweck als „Überschuss“ getötet wurden. Ausführliche Informationen dazu sowie eine nach Bundesländern aufgeschlüsselte Zahl der „Überschusstiere“ ist hier zu finden.
Die traurige Führungsposition der Negativ-Rangliste zu Tierversuchen im Bundesländervergleich hat aktuell Bayern mit 891.280 Tieren und damit 17,62 % der deutschlandweiten Gesamtzahl von 5.058.242 Tieren eingenommen. Auf dem zweiten Platz liegt Baden-Württemberg mit einem Anteil von 856.584 Tieren bzw. 16,93 %, gefolgt von Nordrhein-Westfalen mit 845.194 Tieren bzw. 16,71 %. Berlin belegt mit 496.144 Tieren bzw. 9,81 % Rang vier der Negativ-Statistik, gefolgt von Hessen mit 454.052 Tieren (8,98 %), und Niedersachsen mit 384.468 Tieren (7,6 %).
Von den bundesweit 1.915 Affen mussten 1.673 in nordrhein-westfälischen Laboren leiden. Der Großteil der Affen (1.705) wurde für regulatorische Zwecke wie Giftigkeitsprüfungen verwendet. Die meisten Affen gehen auf das Konto von Covance, dem größten Affenverbraucher Deutschlands mit einer Filiale in Münster, Nordrhein-Westfalen. Obwohl an der Universität Bremen seit 1997 Affenhirnversuche stattfinden, sind in der Statistik für dieses Bundesland wie bereits im Jahr zuvor keine Affen gelistet.
Bundesweit waren 952.837 der Tiere bzw. 51,24 % gemessen an den 1.859.475 in Tierversuchen eingesetzten Tieren, gentechnisch verändert. Betroffen sind hauptsächlich Mäuse und Fische. Die Genmanipulation ist mit besonders hohem „Ausschuss“ an Tieren verbunden ist, da ein Großteil der Tiere nicht die vom Experimentator gewünschte Genveränderung trägt. Im Bundesländervergleich hatte 2019 Sachsen mit 83,5 % den größten Anteil an genmanipulierten Tieren, gefolgt von Thüringen mit 64 %. Für das Jahr 2020 hatte das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR), das erstmals anstelle des Bundeslandwirtschaftsministeriums (BMEL) für die Tierversuchsstatistik zuständig ist, hierzu auf unsere Anfrage keine nach Bundesländern aufgeschlüsselte Information über die Anzahl der genmanipulierten Tiere zur Verfügung gestellt. Auch in diesem Jahr erhielten wir keine detaillierten Informationen.
Bundesweit wurden 79.451 Tiere (4,3 %) Versuchen mit dem Schweregrad „schwer“ zugeordnet. Dabei entfielen im Bereich Verwendung zu regulatorischen Zwecken und Routineproduktion 11,3 % auf die Kategorie „schwer“. Anzumerken ist, dass standardmäßig der Experimentator selbst den Schweregrad angibt und das Leid oft heruntergespielt wird. Hamburg und Hessen stachen 2019 mit 15 % bzw. über 12 % durch einen besonders hohen Anteil an Versuchen mit Schweregrad „schwer“ hervor (Daten ab 2020 nicht verfügbar, da keine Auskunft vom BfR).
2021 wurden in Deutschland 1.037.931 Tiere (55,8 %) in der Grundlagenforschung verforscht. Mit 214.098 Tieren (79,4 %) hat Nordrhein-Westfahlen die meisten Tiere in diesem Bereich eingesetzt, gefolgt von Bayern mit 173.586 Tieren (55,8 %), Baden-Württemberg mit 159.609 Tieren (50,4 %) und Niedersachsen mit 100.564 Tieren (72,5 %). Prozentual gesehen stechen Thüringen mit 83 % und Sachsen mit 77,5 % Anteil an der Grundlagenforschung im Verhältnis zu eher niedrigeren Tierversuchszahlen hervor.
Bei den sogenannten Überschusstieren haben Baden-Württemberg mit 462.824 Tieren (54 %), Nordrhein-Westfalen mit 437.861 Tieren (51,81 %) und Bayern mit 461.225 Tieren (51,75) die höchsten Tierzahlen im Ländervergleich. Im Verhältnis zur jeweiligen Tierzahl sticht Berlin mit 67,69 % (335.819 Tiere) Anteil an sog. Überschusstieren hervor, im Saarland sind es 67,18 % (45.979 „Überschusstiere“), in Sachsen-Anhalt 62,42 % (59.762 „Überschusstiere“).
Bayern
Bayern nimmt seit Jahren einen der vorderen Ränge in der bundesweiten Negativ-Rangliste ein. 891.280 Tiere und damit 17,62 % der bundesweiten Gesamttierzahl von 5.058.242 gehen auf das Konto bayerischer Tierversuchslabore. In Augsburg wurden bislang keine Tierversuche. Doch jetzt wird das Klinikum umgebaut. Was eine Modernisierung sein soll, ist aber zumindest im Forschungsbereich ein großer Rückschritt. Denn es werden auch Tierställe für Versuchstiere gebaut.
In den letzten Jahren sind allein in München drei Tierversuchslabors mit Haltungskapazitäten für rund 100.000 Mäuse und andere Tiere entstanden. An der Ludwigs-Maximilians-Universität München (LMU) finden noch immer grausame Xenotransplantationsversuche statt, bei denen Herzen genmanipulierter Schweine in die Bauchhöhle von Pavianen verpflanzt werden. Die Tiere sterben nach Minuten oder wenigen Tagen qualvoll an Organversagen aufgrund der Abstoßungsreaktion des Körpers.
Baden-Württemberg
Auf dem zweiten Platz der Negativ-Rangliste liegt Baden-Württemberg mit einem Anteil von 856.584 Tieren bzw. 16,93 % an der Gesamttierzahl. In Mannheim beispielsweise werden Ratten alkoholabhängig gemacht, um zu untersuchen, welche Nervenzellverbände bei Suchtverhalten aktiviert werden. In Tübingen müssen weiter Affen für die Hirnforschung leiden, obwohl Studien belegen, dass sich das Gehirn von Affen stark vom menschlichen Gehirn unterscheidet. 2022 ist es unserem Verein gelungen, das amtlich dokumentierte schwerstes Leid der Affen, das aus internen Informationen hervorgeht, öffentlich zu machen, was bundesweit für Aufsehen gesorgt hat. An der Uni Hohenheim gibt es einen Neubau mit zwei Versuchsställen für Schweine, Schafe, Hühner und Mäusen und in Freiburg das IMITATE (Institut für Krankheitsmodelle und gezielte Therapie) mit Käfigen für 10.000 Mäuse. Ein Ende des Aufwärtstrends der Tierversuche in Baden-Württemberg ist demnach bei weitem nicht in Sicht.
Nordrhein-Westfalen
Auch Nordrhein-Westfalen trägt mit 845.194 Tieren bzw. 16,71 % zur unethischen und unwissenschaftlichen tierexperimentellen Forschung bei und belegt damit Negativ-Platz drei. In Düsseldorf werden beispielsweise Hunden im Rahmen der Implantationsforschung Zähne gezogen, um verschiedene Zahnimplantate miteinander zu vergleichen. Die amerikanische Firma Covance hat sich mit seiner Filiale in Münster auf Giftigkeitstests bei schwangeren Affen spezialisiert.
Da 2021 fast alle in Nordrhein-Westfalen „verbrauchten“ Affen (1.657 Tiere von 1.673) für regulatorische Tests, zu denen auch die Prüfung auf Giftigkeit einer Substanz gehört, eingesetzt wurden, ist davon auszugehen, dass das Leid dieser Tiere in Münster stattgefunden hat. Leider gibt es auch in Nordrhein-Westfalen Städte, die in einer Zeit, in der tierversuchsfreie Methoden einen enormen Boom erleben, auf Methoden des vorletzten Jahrhunderts setzen. So bekommt die Bielefelder Universität eine neue Medizinische Fakultät. Auch hier ist der Bau von Tierställen vorgesehen.
Stand: 17. Januar 2023
Dipl. Biol. Silke Strittmatter
Weitere Informationen
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