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Das tierexperimentelle System ist von Intransparenz und Geheimhaltung geprägt – selbst im Umgang mit unseren nächsten Verwandten, den nicht-menschlichen Primaten. Von offizieller Seite gibt es keinerlei Auskunft darüber, wo genau in Deutschland Affen in Tierversuchen verwendet werden und was dort mit ihnen geschieht. Schon der Versuch, genauere Informationen über die Nutzung von Affen in den einzelnen Bundesländern zu erhalten, gestaltet sich schwierig. Zwar veröffentlicht das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) jährlich eine Statistik mit Tierversuchszahlen der Bundesländer. Diese besteht jedoch lediglich aus einer einzigen Tabelle pro Bundesland und bietet damit deutlich weniger Einblicke als die bundesweite Statistik, die Versuchsarten und Schweregrade in 47 Tabellen differenziert darstellt. In den Ländertabellen lassen sich lediglich die groben Versuchszwecke sowie die jeweils betroffenen Tierarten ablesen.

Recherche

Um für die Öffentlichkeit transparent zu machen, wo in Deutschland Affen in Tierversuchen leiden und sterben, haben wir die verfügbaren Indizien und Informationen zusammengetragen. Die Recherche basiert auf den Bundesländerstatistiken des BfR (1), auf Einträgen in unserer Datenbank-Tierversuche.de (2), die wiederum auf Publikationen in Fachjournalen fußen, sowie auf einzelnen, öffentlich zugänglichen Antworten auf Behördenanfragen.

Anzahl der in Tierversuchen verwendeten Affen in Deutschland und den Bundesländern

In den letzten zehn Jahren wurden bundesweit oftmals jährlich weit über 3.000 Affen gemeldet. In der zuletzt veröffentlichten Statistik aus dem Jahr 2023 sank die Zahl auf 1.733 und erreichte damit den Tiefstand der letzten zehn Jahre.

Jahr

2013

2014

2015

2016

2017

2018

2019

2020

2021

2022

2023

Anzahl Affen

2.165

2.839

3.141

2.462

3.525

3.288

3.276

2.031

1.915

2.267

1.733

Tabelle 1: Die genannte Anzahl der Affen pro Jahr in Deutschland ist die Summe aus der Anzahl der Tiere bei erstmaliger und wiederholter Verwendung.

Im Jahr 2023 wurden den offiziellen Statistiken zufolge in 7 Bundesländern Affen in Tierversuchen verwendet. Tatsächlich waren es aber 8, denn Bremen zählt seit Jahren die in der Hirnforschung verwendeten Tiere nicht. Nicht-menschliche Primaten werden oftmals viele Jahre oder gar mehrere Jahrzehnte in Tierversuchslaboren gehalten und verwendet. Erst, wenn ein Versuchsprojekt abgeschlossen ist, werden die Tiere für die Statistik gemeldet (s.u.). Die offiziellen Erhebungen sind also mit Vorsicht zu genießen und es ist davon auszugehen, dass sich eine deutlich höhere Zahl an Affen tatsächlich in Versuchen befinden. Die Länderübersicht macht deutlich, dass Nordrhein-Westfalen der mit Abstand größte „Affenverbraucher“ ist.

Bundesland

Anzahl Affen 2023

Baden-Württemberg

107

Bayern

1

Bremen

0

Hessen

7

Niedersachsen

129

Nordrhein-Westfalen

1.479

Sachsen

6

Sachsen-Anhalt

4

Gesamt

1.733

Tabelle 2: Die Zahlen sind die Summe der Tiere aus erstmaliger und wiederholter Verwendung.

Affenversuche an 14 Einrichtungen in 8 Bundesländern

Die folgende Tabelle fasst die Verwendung von Affen in Tierversuchen seit 2018 zusammen, aufgeschlüsselt nach Einrichtung, Affenart und Forschungsbereich:

Bundesland

Einrichtung

Affenarten

Forschungsart

Baden-Württemberg

Hertie-Institut für Klinische Hirnforschung, Tübingen

Rhesusaffen

Hirnforschung

Institut für Zoologie, Universität Tübingen, Tübingen

Rhesusaffen

Hirnforschung

Exzellenzcluster Werner Reichhardt Centrum für Integrative Neurowissenschaften, Tübingen

Rhesusaffen

Hirnforschung

Boehringer Ingelheim, Biberach an der Riss

Und evtl. weitere Einrichtungen im Bereich der Pharmaindustrie

Javaneraffen

Regulatorische Versuche / angewandte Forschung

Bayern

Walter Brendel Zentrum für Experimentelle Medizin, Ludwig-Maximilians-Universität München

Paviane

Xenotransplantations-foschung

Bremen

Institut für Hirnforschung, Universität Bremen

Rhesusaffen

Hirnforschung

Hessen

AG Neurophysik, Philipps-Universität Marburg

Rhesusaffen

Hirnforschung

Ernst-Strüngmann-Institut, Frankfurt am Main

Rhesusaffen

Weißbüscheläffchen

Hirnforschung

Paul-Ehrlich-Institut, Langen

Grüne Meerkatzen

Totenkopfäffchen

evtl. weitere

Infektionsforschung und weitere

Niedersachsen

Deutsches Primatenzentrum, Göttingen

Halbaffen

Marmosetten

Rhesusaffen

Javaneraffen

Paviane

Hirnforschung, Infektionsforschung u.a.

Bis 2020: Laboratory for Pharmacology and Toxicology (LPT), Mienenbüttel

Javaneraffen

Regulatorische Versuche

Nordrhein-Westfalen

Labcorp Drug Development (ehemals Covance), Münster

Javaneraffen

Regulatorische Versuche

Centrum für Reproduktionsmedizin und Andrologie (CeRA), Westfälische Wilhelms-Universität Münster

Weißbüscheläffchen, Javaneraffen

Grundlagenforschung (Reproduktionsmedizin)

Sachsen

Universität Leipzig

Weißbüscheläffchen

Grundlagenforschung

Sachsen-Anhalt

Leibniz-Institut für Neurobiologie, Magdeburg

Javaneraffen

Hirnforschung

Tabelle 3: Zusammenstellung der Bundesländer, in denen Tierversuche an Affen seit 2018 durchgeführt werden, aufgeschlüsselt nach Einrichtung, Affenart und Forschungsbereich.

Bundesländer im Einzelnen

Affenversuche in Deutschland
Grafik 1: An 14 Einrichtungen in 8 Bundesländern werden in Deutschland Tierversuche an Affen durchgeführt. 

Bundesländer ohne Tierversuche an Affen

  • Seit mind. 2010 werden in folgenden Bundesländern keine Affen verwendet: Hamburg, Rheinland-Pfalz, Saarland, Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein
  • Seit 2011 keine Affenverwendung: Thüringen
  • Seit 2015 keine Affenverwendung: Brandenburg
  • Seit 2020 keine Affenverwendung: Berlin

Baden-Württemberg

Bis 2015 gab es in Baden-Württemberg vier Einrichtungen, die Hirnforschung betrieben. Aufgrund einer Undercover-Recherche mit Veröffentlichung von erschütterndem Bildmaterial und dem folgenden öffentlichen Aufschrei, stellte das Max-Planck-Institut für Biologische Kybernetik (MPI) die Affenversuche 2017 ein (3). Ein veterinärpathologischer Bericht über am MPI zu Tode gekommene Affen aus dem Jahr 2009 untermauerte das unfassbare Leid der Primaten in der Hirnforschung. So wurden bei einem Affen mehr als 20 Löcher im Schädel, ein durchtrennter Kaumuskel und zahlreiche Stich-Verletzungen im Gehirn festgestellt (4). Es ist davon auszugehen, dass Misshandlungen dieser Art Standard in der Affenhirnforschung sind.

Schädel des Affen Jara
Schädel des Affen Jara aus dem Max-Planck-Instutut für Biologische Kybernetik Tübingen. 

An den drei anderen Instituten müssen aber weiterhin Affen in der Hirnforschung leiden:

  • Hertie-Institut für Klinische Hirnforschung, Tübingen
  • Institut für Zoologie, Universität Tübingen, Tübingen
  • Exzellenzcluster Werner Reichhardt Centrum für Integrative Neurowissenschaften, Tübingen

Laut Bundesländerstatistik wurden bis 2020 pro Jahr 10-30 Rhesusaffen gemeldet. Danach sanken die Zahlen auf 1-2 pro Jahr. Weiterhin wurden pro Jahr 1-3 Marmosetten (z.B. Weißbüscheläffchen) in der Grundlagenforschung erfasst. Dass diese an den drei genannten Instituten verwendet werden, ist wahrscheinlich.

Weiterhin wird in Baden-Württemberg jedes Jahr eine größere Anzahl (84-270) Javaneraffen (auch Langschwanzmakaken genannt) in den Bereichen der regulatorischen Versuche sowie der angewandten Forschung verwendet. Dies deutet darauf hin, dass es sich wahrscheinlich um Pharma- oder Chemie-Industrie handelt. In unserer Datenbank-Tierversuche.de haben wir zwei Versuche an Javaneraffen aus den Jahren 2021 und 2024 gelistet, die bei Boehringer Ingelheim in Biberach an der Riss durchgeführt worden sind. So wurde 13 Javaneraffen eine Testsubstanz in die Glaskörper beider Augen gespritzt. Mehrfach wurden Blutproben genommen. Bis zu 10 Wochen nach der Injektion wurden jeweils einige Affen getötet (5). Ob Boehringer Ingelheim allein für Gesamtzahl der Javaneraffen in den genannten Bereichen verantwortlich ist oder ob es noch weitere Einrichtungen gibt, ist unklar.

Bayern

An der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München wurde jahrelang Affenhirnforschung betrieben, bis 2006 die Genehmigung von der zuständigen Behörde versagt wurde (6).

Seither gibt es in Bayern nur noch eine tierexperimentelle Einrichtung, die Affen verwendet. Am Walter Brendel Zentrum für Experimentelle Medizin der LMU werden seit mindestens Anfang der 2000er Jahre Paviane für die Xenotransplantationsforschung verwendet. Dabei werden Herzen und andere Organe von Schweinen auf die Primaten transplantiert. Die Tiere sterben oft unter schrecklichen Qualen nach wenigen Stunden oder einigen Wochen oder Monaten (7). Pro Jahr werden zwischen 2 und 10 Paviane so zu Tode gequält.

Bremen

Am Institut für Hirnforschung der Universität Bremen wird seit 1997 die berüchtigte Affenhirnforschung betrieben. Jahrelange Proteste von Seiten der Öffentlichkeit und mehrere Versuche der Politik, eine Fortführung der Versuche zu unterbinden, haben bislang nicht verhindern können, dass Rhesusaffen dort weiterhin über viele Jahre in der qualvollen Hirnforschung leiden (8).

Das Skurrile dabei ist, dass diese Tiere nicht einmal in der jährlichen Tierversuchsstatistik auftauchen. Laut dieser Erhebung wurden 2011 das letzte Mal Affen angeben, danach kein einziger Affe mehr. Laut Auskunft des BfR ist dies rechtens, denn es handelt sich um eine „kontinuierliche Verwendung eines Versuchstiers“. Darunter versteht man einen zusammenhängenden Tierversuch, der sich über mehrere Genehmigungen erstrecken kann und in dem immer ein und dasselbe Tier verwendet wird. Erst, wenn das Tier getötet wird oder der Versuch auf andere Weise abgeschlossen ist, muss das Tier für die Statistik gemeldet werden (9). Tiere, die aus anderen Gründen sterben oder getötet werden, etwas weil sie alt oder krank sind, müssen gar nicht statistisch erfasst werden.

An der Uni Bremen werden seit 28 Jahren Rhesusaffen gehalten und offensichtlich „kontinuierlich“ in Versuchen eingesetzt. In den letzten 14 Jahren wurden nur ein einziges Mal Affen in der Statistik aufgeführt, und zwar 4 „Altweltaffen“ im Jahr 2010. Dass in diesem langen Zeitraum kein einziger Versuch abgeschlossen wurde bzw. kein einziger Affe getötet worden sein soll, ist äußerst unwahrscheinlich. Die zuständigen Behörden bleiben trotz mehrfacher Hinweise unsererseits untätig.

Hessen

An der Universität Marburg und am Ernst Strüngmann Institut (ESI) Frankfurt befinden sich weitere Einrichtungen, an denen Affen über Jahre in der Hirnforschung gequält werden. Laut Bundesländer-Statistik werden in Hessen pro Jahr 1-5 Rhesusaffen sowie wenige (0-2) Weißbüscheläffchen und Javaneraffen verwendet, die diesen beiden Instituten zuzuordnen sind. Durch Whistleblower-Informationen ist bekannt geworden, dass 2024 am ESI 17 Rhesusaffen, 1 Javaneraffe und 19 Weißbüscheläffchen gehalten wurden (10).

Rhesusaffe Gandalf am ESI Frankfurt
Über 20 Jahre mit am Schädel angeschraubten Gerätschaften auf dem Kopf: Rhesusaffe Homer im Ernst Strüngmann Institut Frankfurt (ESI). Quelle: SOKO Tierschutz

Hessen ist das einzige Bundesland, in dem Totenkopfäffchen, Grüne Meerkatzen und „Affen anderer Arten“ verwendet werden. Die Anzahl der Grünen Meerkatzen lag in den Jahren 2016-2021 pro Jahr bei 4-14. Seither wurden keine Tiere dieser Art mehr registriert. 2018 wurden 25 Totenkopfäffchen in der Statistik angegeben, 2021 und 2022 waren es je 3 Tiere, 2023 keine.

Die Grünen Meerkatzen und Totenkopfäffchen sind wahrscheinlich dem Paul-Ehrlich-Institut (PEI) in Langen zuzuordnen. So wurde Blut von Grünen Meerkatzen für die Herstellung von CAR-T-Zellen genommen (11) und es finden sich Obduktionsberichte dieser Affenart. Eine Grüne Meerkatze wurde im Alter von 27 Jahren getötet, die vor 21 Jahren mit SIV („Affen-AIDS“) infiziert worden war und seither im Paul-Ehrlich-Institut unter postexperimenteller Beobachtung war. Das Tier war in den letzten 5 Jahren stark ausgezehrt. Dramatische Herz-Kreislauf-Probleme und schwere Apathie führten schließlich zur Tötung des Tieres (12).

In einem 2021 durch das PEI veröffentlichen Fachartikel wird beschrieben, wie 24 Totenkopfäffchen eine Testsubstanz erhalten und anschließend mit Masernviren infiziert werden. Zwei Wochen später werden alle Tiere getötet (13).

Niedersachsen

In Niedersachsen wurden jahrelang Javaneraffen in großer Zahl verwendet. Trauriger Höhepunkt waren über 1.000 Tiere dieser Affenart im Jahr 2019. Danach sank die Zahl auf 46 in 2020, je 11 in 2021/2022 und 6 in 2023. Der allergrößte Teil entfiel auf regulatorische Tests. Verantwortlich dafür war das Laboratory for Pharmacology and Toxicology (LPT) in Mienenbüttel vor den Toren Hamburgs. 2019 gelangten durch einen verdeckten Ermittler gemachte Aufnahmen aus dem Labor an die Öffentlichkeit. Der öffentliche Aufschrei war so gewaltig, dass das Labor 2020 schließen musste.

Das seither einzige Affenlabor in Niedersachsen ist das Deutsche Primatenzentrum in Göttingen (DPZ). An der 1977 gegründeten Einrichtung werden eigenen Angaben zufolge derzeit 1.200 Rhesusaffen, Javaneraffen, Weißbüscheläffchen und Paviane gehalten (14).

Die „wenigen“ Javaneraffen nach der Schließung des LPT sowie jährlich mehrere Dutzend Rhesusaffen und Weißbüscheläffchen in der Bundesländerstatistik sind dem DPZ zuzuordnen. Niedersachsen ist das einzige Bundesland, in dem Halbaffen verwendet werden. Die Zahl liegt stark schwankend zwischen 4 und 140 jährlich seit 2018. Der Zweck ist fast immer in der Grundlagenforschung angesiedelt. Es ist davon auszugehen, dass diese Experimente am DPZ stattfinden.

Aus der Antwort einer durch eine Partei gestellten Kleinen Anfrage geht hervor, dass in den letzten fünf Jahren durchschnittlich 98 Affen pro Jahr am DPZ in Tierversuchen verwendet wurden. Um welche Arten es sich dabei handelt, geht aus dieser Information nicht hervor (15).

Nordrhein-Westfalen

Bis 2012 wurde an der Ruhr-Uni-Bochum Affenhirnforschung betrieben. Diese wurde eingestellt, als der Experimentator in den Ruhestand ging (16).

Lapcorp Drug Development (ehemals Covance) in Münster ist nicht nur der größte Affenverbraucher Nordrhein-Westfalens, sondern ganz Deutschlands (17). Jedes Jahr leiden dort weit über tausend Javaneraffen und meist um die 100 Marmosetten (Weißbüscheläffchen) in regulatorischen Tests. Trauriger Höhepunkt war das Jahr 2022 mit 1.805 Javaneraffen und 129 Weißbüscheläffchen. 2023 waren es 1.367 Javaneraffen und 87 Weißbüscheläffchen, die zu regulatorischen Zwecken – d.h. bei Labcorp – verwendet und getötet wurden. Dieses Auftragslabor testet Substanzen beispielsweise an schwangeren Äffinnen, um die Auswirkungen auf ihre Jungen zu untersuchen.

Aus der Antwort auf eine Kleine Anfrage geht hervor, dass 2025 insgesamt 1.359 Javaneraffen und 199 Marmosetten Weißbüscheläffchen bei Labcorp gehalten wurden (18).

Hinzu kommen 1-4 Javaneraffen pro Jahr und in manchen Jahren ein Weißbüscheläffchen, die für den Bereich der Grundlagenforschung angegeben werden. Diese Tiere sind der Universität Münster, Centrum für Reproduktionsmedizin und Andrologie (CeRA), zuzuordnen. Dort wird beispielsweise Hodengewebe von Weißbüscheläffchen auf Mäuse verpflanzt (19).

Sachsen

Aus der Bundesländerstatistik ergibt sich eine konstante Verwendung von 2-32 Marmosetten (Weißbüscheläffchen) pro Jahr seit 2011, durchgängig in der Grundlagenforschung. Diese Tiere gehen unseren Recherchen zufolge auf das Konto der Veterinärmedizinischen Fakultät der Universität Leipzig. Was dort mit den Tieren gemacht wird, bleibt weitgehend im Dunkeln, da es nur wenige Publikationen dazu gibt. So wurde in einer 2022 veröffentlichten Studie eine Methode zur endoskopischen Untersuchung des Dünndarms von Weißbüscheläffchen getestet (20).

Sachsen-Anhalt

Das Leibniz-Institut für Neurobiologie an der Universität Magdeburg ist eine weitere Einrichtung, an der Affenhirnforschung betrieben wird. Im Unterschied zu den anderen, werden hier Javaner – statt wie sonst üblich – Rhesusaffen verwendet (21). Den Statistiken zufolge wurden in den Jahren 2018/2019 7 bzw. 6 Javaneraffen gezählt, 2022 waren es 4 Tiere. In den Jahren 2020/2021/2023 wurden keine Affen erfasst. Es ist anzunehmen, dass – ähnlich wie in Bremen – von den „kontinuierlichen Tierversuchen“ Gebrauch gemacht, d.h., die tatsächliche Zahl von Affen im Versuch verschleiert wird.

Laut der Antwort der Sächsischen Landesregierung auf eine Kleine Anfrage wurden 2023 an der Universität Magdeburg 6 Javaneraffen und 9 Rhesusaffen gehalten (22). Dies ist insofern bemerkenswert, als in der Bundesländerstatistik in den letzten zehn Jahren kein einziger Rhesusaffe gezählt wurde.

Fazit und Forderung nach sofortigem Stopp

Unsere Recherche zeigt erstmals das Ausmaß der Tierversuche an Affen in Deutschland. Nicht-menschliche Primaten werden in 14 Einrichtungen in 8 Bundesländern in Tierversuchen verwendet. Pro Jahr fallen so zwischen 1.700 und über 3.500 unserer nächsten Verwandten Forschungs- und Testzwecken zum Opfer. Das Leid mancher dieser Tiere erstreckt sich über mehrere Jahrzehnte. Größter „Affenverbraucher“ ist der Konzern Lapcorp in Münster. Die berüchtigte Affenhirnforschung wird – nachdem diese an drei Standorten aufgegeben wurde – immer noch an 8 deutschen Einrichtungen durchgeführt.

Die Ergebnisse unserer Studie belegen zudem erneut die Intransparenz des tierexperimentellen Systems. So werden Affen oft jahrelang in Experimenten verwendet, aber nicht einmal statistisch erfasst. Über manche Affenverwender ist nur sehr schwer an Informationen zu kommen. Es ist auch nicht ausgeschlossen, dass es noch weitere Affenlabore in Deutschland gibt, über deren Existenz uns trotz intensiver Recherche nichts bekannt ist.

Die Ergebnisse aus Tierversuchen an Primaten sind – genau wie an allen anderen Tieren – wertlos, da sie nicht auf den Menschen übertragbar sind. Sinnvolle Forschung funktioniert nur humanbasiert, etwa mit aus menschlichen Zellen gezüchteten Miniorganen und Multi-Organ-Chips. Diese Art der Forschung in Kombination mit einer verstärkten Prävention von Krankheiten muss vorangetrieben und Affenversuche müssen auf dem Weg zu einer vollständigen Abschaffung aller Tierversuche sofort gestoppt werden.

30.09.2025
Dr. med. vet. Corina Gericke

Quellen

  1. Anzahl der Versuchstiere in Deutschland im Jahr 2023: Aufschlüsselung nach Bundesländern. Bundesinstitut für Risikobewertung, 12.12.204
    sowie Bundesländerstatistiken der vorhergehenden Jahre
  2. Ärzte gegen Tierversuche: Datenbank Tierversuche datenbank-tierversuche.de
  3. Affenqual in Tübingen. Ärzte gegen Tierversuche, 23.02.2018 
  4. Strittmatter S. Neue Beweise: So leiden Affen in Deutschland in der Hirnforschung. Ärzte gegen Tierversuche, 29.09.2022 
  5. Chen L-Z. et al. A Comprehensive immunocapture-LC-MS/MS bioanalytical approach in support of a biotherapeutic ocular PK study. Pharmaceuticals 2024; 17: 193
  6. Aus für grausame Hirnforschung an Affen in München. Ärzte gegen Tierversuche, Pressemitteilung, 22.11.2006 
  7. Zietek T. Xenotransplantation: Wie immenses Tierleid als „Meilenstein“ verkauft wird. Ärzte gegen Tierversuche, 13.12.2028 
  8. Strittmatter S., Gericke C. Hirnforschung an Affen in Bremen. Ärzte gegen Tierversuche, 19.04.2024 
  9. Antwort des Bundesinstituts für Risikoforschung auf eine Anfrage von Ärzte gegen Tierversuche, 07.06.2024
  10. ESI Frankfurt schließen – Freiheit für die Affen! Rettet Gandalf! Ärzte gegen Tierversuche, 10.03.2025 
  11. Patasic L. DARPin-targeted Chimeric Antigen Receptor T cells: CD4 as a cellular target shows potential to evade HIV latency reservoir. Dissertation, Technische Universität Darmstadt 2020, S. 44 ff
  12. Plesker R., Köhler K. Multiple ademonas of the thyroid gland in an African green monkey (Chlorocebus aethiops). Primate Biology 2023; 10: 1-6
  13. Wittwer et al. Small-molecule polymerase inhibitor protects nonhuman primates from measles and reduces shedding. Nature Communications 2021; 12:5233
  14. Primaten am DPZ. Deutsches Primatenzentrum (abgerufen am 11.09.2025)
  15. Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur auf eine Kleine Anfrage, 01.11.2024, Drucksache 19/5695 
  16. Uni Bochum stellt Affenhirnforschung ein. Ärzte gegen Tierversuche, Pressemitteilung, 06.11.2012 
  17. Gericke C. Lapcorp (Covance) – das größte Affenlabor Deutschlands. Ärzte gegen Tierversuche, 15.08.2024 
  18. Antwort des Ministeriums für Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen auf eine IFG-Anfrage, 21.07.2025 
  19. Ntemou E. et al. Complete spermatogenesis in intratesticular testis tissue xenotransplants from immature non-human primate. Human Reproduction 2019;34(3):403-413
  20. Heilmann R.M. et al. Feasibility of combined upper and lower gastrointestinal endoscopic biopsy in the common marmoset (Callithrix jacchus) to evaluate gastrointestinal diseases. Journal of Medical Primatology 2022; 51(3): 172-178
  21. Selezneva E. et al. Comparison of pupil dilation responses to unexpected sounds in monkeys and humans. Frontiers in Psychology 2021; 12: 754604
  22. Antwort der Landesregierung Sachsen-Anhalt auf eine Kleine Anfrage, 25.05.2023, Drucksache 8/2545