Krebsforschungseffizienz und finanzielle Förderung
Die Erfolgsrate für Krebsmedikamente liegt bei unter 4%; diese Quote hat sich über 15 Jahre nicht wesentlich verändert.
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Die Suche nach der Ursache für Tuberöse Sklerose, eine neurologische Entwicklungsstörung, erfolgte bisher vor allem in „Mausmodellen“. Eine Studie mit Mini-Brains von Patienten stellt jetzt die dort gewonnenen Erkenntnisse in Frage.
Die tuberöse Sklerose ist eine seltene neurologische Entwicklungsstörung, die -neben Veränderungen in anderen Organen - vor allem zu charakteristischen Fehlbildungen in der Hirnrinde und zu gutartigen Tumoren in bestimmten Hirnregionen führt. Viele Patienten leiden unter neuropsychiatrischen Symptomen wie epileptischen Anfällen, Autismus und kognitiven Einschränkungen.
Bisher ging man von einer rein genetischen Ursache dieser Erkrankung aus, nämlich der Mutation eines von zwei Genen (TSC1 oder TSC2), die für Proteine kodieren, durch die übermäßiges Gewebewachstum verhindert wird. Aufgrund einer autosomal-dominanten Vererbung sollte dabei als Grundlage für die Entstehung der Erkrankung die Mutation eines Allels von entweder TSC1 oder TSC2 ausreichen. Erfolgt dann zusätzlich eine spontane Veränderung im zweiten Allel, so käme es zur Ausprägung der Symptome. Diese Hypothese stützte sich auf Daten aus Tierversuchen, bei denen man bei Mäusen nach Inaktivierung des entsprechenden zweiten Allels die Krankheit auslösen konnte.
Patientenproben sprachen allerdings gegen diese Erklärung, da deren genetische Analysen nur in den Tumoren den Verlust des zweiten Allels aufwiesen, nicht aber in den Veränderungen der Hirnrinde. Außerdem zeigten die Mäuse nicht das gesamte Spektrum der charakteristischen Krankheitssymptome.
Die Autoren der Studie stellten deshalb die Hypothese auf, dass nicht der Verlust des zweiten Allels, sondern spezifische Aspekte der menschlichen Gehirnentwicklung die Krankheit auslösen könnten. Um dieser Vermutung nachzugehen, züchteten sie aus induzierten pluripotenten Stammzellen von Patienten Hirn-Organoide, die Mutationen im TSC2-Gen trugen. Diese Mini-Brains rekapitulierten dabei das Auftreten von Tumoren und der für die tuberöse Sklerose typischen Veränderungen in der Hirnrinde. Mittels weiterer Untersuchungen (RNA-Sequenzierung und Histologie) wurde mit den sogenannten CLIP-Zellen ein spezifischer Neuronen-Zelltyp identifiziert, dessen Vermehrung durch die Proteine, für die TSC2 bzw. TSC1 kodieren, reguliert wird. Liegt eine Mutation dieser Gene und damit ein Mangel der entsprechenden Proteine vor, so kommt es durch übermäßige Vermehrung der CLIP-Zellen zur Ausbildung der typischen Hirnanomalien (Tumorbildung und Gewebeveränderungen).
Im Laufe der Evolution kam es zu einer Vergrößerung des menschlichen Gehirns, welche auch mit einer Weiterentwicklung der Nerven- und deren Vorläuferzellen begleitet wurde. CLIP-Zellen (Caudal Late Interneuron Progenitors) findet man deshalb nur während einer bestimmten Entwicklungsphase des menschlichen Gehirns, nicht aber bei Mäusen. Laut Autoren verdeutlicht das Ergebnis der Studie, wie wichtig es ist menschliche Modelle für die Erforschung von Krankheiten zu verwenden. Denn für deren Entstehung sind meistens mehrere, vor allem humanspezifische Faktoren relevant, die nicht mit „Tiermodellen“ nachvollzogen werden können.
Quelle:
Eichmüller, L. Oliver et al: Amplification of human interneuron progenitors promotes brain tumors and neurological defects. Science 2022; 375(6579): eabf5546
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