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8. August 2014

Wissenschaftliche Studie fordert mehr Ursachenforschung

Zwischen den Ergebnissen aus Tierstudien für die Erforschung und Behandlung der Alzheimer-Krankheit und der klinischen Realität klafft eine große Lücke. Zu diesem Schluss kommt eine aktuelle, in der Fachzeitschrift ALTEX erschienene Übersichtsarbeit amerikanischer Wissenschaftler. Die Experten zeigen zudem einen Weg auf, von Tierversuchen wegzukommen und sich an Forschung am Menschen zu orientieren.

Zweiundzwanzig verschiedene transgene „Mausmodelle“ wurden entwickelt, die alle lediglich Teilaspekte der Alzheimer Krankheit darstellen. Bei Mäusen werden ein oder mehrere menschliche Gene in das Erbgut eingeschleust. Bei manchen Mäusen treten dadurch Plaques im Gehirn auf, andere zeigen Störungen des Hirnstoffwechsels und wieder andere leiden unter Gedächtnisverlust. Obwohl laut den Autoren über viele Jahrzehnte hinweg so viele „Modelle“ für die Alzheimer-Krankheit entwickelt worden sind, hat dies kaum zu einem Nutzen für die Humanmedizin geführt. Grund hierfür ist die mangelhafte Darstellung der klinischen Situation des Menschen an Tieren. Zudem wird beim Menschen Alzheimer zu einem großen Teil gar nicht durch genetische Faktoren ausgelöst.

Was bei Mäusen durch Genmanipulation erreicht wird, versucht man bei Ratten durch Injektion eines Giftes hervorzurufen. Das Gift Streptozotocin zerstört die Zellen der Bauchspeicheldrüse, wodurch es zu Symptomen der Zuckerkrankheit kommt. So geschädigte Ratten werden im Allgemeinen in der Diabetes-Forschung verwendet. Da die Tiere als Nebeneffekt Gedächtnisprobleme zeigen, werden sie auch von der Alzheimer-Forschung vereinnahmt. Auch an Hunden, Kaninchen und Affen wird mit künstlichen Mitteln versucht, Demenz-Symptome auszulösen.

Kein „Tiermodell“ ist jedoch in der Lage die komplexen Symptome der menschlichen Krankheit nachzuahmen. Die Folge ist, dass viele Behandlungsmethoden bei Tieren vielversprechend waren, beim Menschen aber auf ganzer Linie versagten. So werden in einer amerikanischen Datenbank mehr als 1.200 klinische Studien mit potentiellen Therapeutika gelistet, aber nur fünf davon wurden in den USA zugelassen (über andere Länder gibt der Artikel keine Auskunft). Eines davon wird wegen schwerwiegender Nebenwirkungen kaum eingesetzt. Die zugelassenen Arzneien führen nur bei 50 % der Patienten zu einer Besserung. Die Washingtoner Experten nennen 37 Wirkstoffe, die im Tierversuch erfolgreich waren, von denen 25 im Test am Menschen versagten, entweder wegen mangelnder Wirkung oder wegen schwerer unerwünschter Wirkungen. Sieben Mittel befinden sich zurzeit in klinischen Studien.

Zahlreiche Bevölkerungsstudien belegen Zusammenhänge zwischen dem Lebensstil und der Entwicklung von Demenzerkrankungen. So wirkt sich der Verzehr von Nüssen, Kohlgemüse, dunkelgrünem Gemüse und Obst positiv aus, während Fleisch, Butter und andere Milchprodukte die Entstehung von Alzheimer begünstigen können. Förderlich bei der Prävention von Demenz ist außerdem körperliche Bewegung. Neben einer verstärkten Erforschung der Ursachen und der Risikofaktoren fordern die Autoren eine Abkehr von der tierexperimentellen Alzheimerforschung zu Gunsten beispielsweise der Untersuchung an pluripotenten Stammzellen, d.h. Zellen die sich aus Gewebeproben von erwachsenen Menschen gewinnen lassen, um die Entwicklung von Therapiemöglichkeiten voranzutreiben.

Quelle

Sarah E. Cavanaugh, John J. Pippin, Neal D. Barnard: Animal Models of Alzheimer Disease: Historical pitfalls and a path forward. ALTEX 2014: 31(3), 279-302