Tübinger Affenhirnforschung:
Die letzten Ruderversuche einer untergehenden Zunft
Just zu dem Zeitpunkt als die renommierte Primatenforscherin Dr. Jane Goodall auf Einladung des Vereins Ärzte gegen Tierversuche in Tübingen sprach, warteten die Affenhirnforscher mit öffentlichen Stellungnahmen zur Verteidigung ihrer Versuche auf, die nach Ansicht des Ärztevereins voller Falschaussagen sind und eher wie „die letzten Ruderversuche einer untergehenden Zunft“ anmuten.
Dr. Jane Goodall, eine der größten Forscherpersönlichkeiten unserer Zeit, sprach sich am 7. Dezember vor 750 Zuschauern im größten Hörsaal der Uni Tübingen deutlich gegen Tierversuche an Affen und anderen Tieren aus. So berichtete sie, dass von den Versuchen an 400 Schimpansen an den National Institutes of Health in den USA kein einziger nützlich für die Heilung menschlicher Erkrankungen gewesen ist. Und mit Blick auf die Hirnforschung an Affen sagte sie: „Selbst wenn manche Versuche nützlich wären, haben wir kein Recht, sie dursten zu lassen und sie zu fixieren.“
Die Universität Tübingen reagierte am Tag darauf mit einer Stellungnahme, in der versucht wird, Jane Goodalls Glaubwürdigkeit in Frage zu stellen, weil sie 1966 einen Impfstoff verwendet habe, der in Tierversuchen entwickelt worden sei. „Wenn die Herren Affenforscher im 21. Jahrhundert, im Zeitalter von Multiorganchip und aus menschlichen pluripotenten Stammzellen entwickelten Minigehirnen, 50 Jahre alte Tierversuche herauskramen müssen, um ihr schändliches Tun zu rechtfertigen, ist das mehr als ein Armutszeugnis“, meint Dr. med. vet. Corina Gericke, Vizevorsitzende der Ärzte gegen Tierversuche und ergänzt: „Zudem ist die Tatsache, dass Tierversuche in der Vergangenheit durchgeführt worden sind, kein Beweis dafür, dass diese den medizinischen Fortschritt herbeigeführt haben und es nicht ohne viel besser gegangen wäre.“
Gebetsmühlenartig wird in der Uni-Stellungnahme auch die als „Hirnschrittmacher“ bekannte tiefe Hirnstimulation als angebliche Errungenschaft der Affenhirnforschung vereinnahmt. „Dabei belegen wissenschaftliche Studien, dass diese Behandlungsmethode von Parkinson-Patienten Jahrzehnte vor dem in den 1980er Jahren etablierten „Affenmodell“ im Bereich der klinischen Forschung entwickelt worden ist“, erklärt Gericke.
Das Schwäbische Tagblatt hatte wenige Tage vor Goodalls Vortrag eine ganzseitige, als redaktionellen Artikel getarnte Anzeige des Nikos Logothetis vom Max-Planck-Institut für Biologische Kybernetik geschaltet. Seine Versuche, die in SternTV ausgestrahlten Undercover-Aufnahmen aus seinem Labor als Fälschungen darzustellen, gingen nach hinten los, denn SternTV wiederlegte alle seine Behauptungen in der Sendung vom 14. Dezember. So hatte Logothetis behauptet, das massive angstvolle Abwehrverhalten eines Affen, der mit Stange und Halsband aus einem Käfig gezerrt wird, seien auf die Anwesenheit des Undercover-Ermittler zurückzuführen gewesen. Tatsächlich stammte diese Aufnahme aber gar nicht von dem Filmer, sondern aus der MPI-eigenen Dokumentation.
Auch die in den Medien verbreitete Ankündigung, das MPI würde die Affenhirnforschung Ende 2016 auslaufen lassen, erweist sich als dreiste Lüge. Nach Recherchen von SternTV wurde ein neuer Versuch beantragt und zwei weitere verlängert. „Das zeigt ein weiteres Mal, dass man Tierexperimentatoren keinen Glauben schenken darf“, kommentiert Tierärztin Gericke.
Die Veranstaltung mit Dr. Jane Goodall wurde ausgerichtet von Ärzte gegen Tierversuche e.V. und erfolgte in Kooperation mit dem Jane Goodall Institut Deutschland und den Vereinen One Voice und Cruelty Free International.