Forschungsförderung in Deutschland: Tierversuchsfreie Methoden bleiben auf der Strecke
- Pressemitteilung
Ärzte gegen Tierversuche kritisiert fehlende Transparenz und Strategie bei Vergabe öffentlicher Gelder
Der bundesweite Verein Ärzte gegen Tierversuche legt eine neue Analyse zur Finanzierung von Forschung in Deutschland vor. Das Ergebnis zeigt: Tierversuchsfreie Methoden erhalten kaum gezielte Förderung, während die Verwendung öffentlicher Gelder weitgehend intransparent bleibt. Grundlage ist eine umfassende Anfrage bei allen Landesregierungen und der Bundesregierung, auf die elf Antworten eingingen.
Viele Bundesländer vergeben Forschungsgelder über sogenannte Globalbudgets an Hochschulen und Institute, die diese eigenständig verteilen. Damit bleibt offen, welche Summen in tierversuchsfreie Projekte fließen. Eine Unterscheidung zwischen Tierversuchen und tierversuchsfreier Forschung findet kaum statt. Bayern kündigte an, auch künftig keine entsprechenden Daten zu erheben. Sachsen-Anhalt wollte zwar Zahlen liefern, scheiterte aber an unvollständigen Angaben der Hochschulen.
Einige Länder benennen Programme, die sogenannte Alternativen fördern. Darunter versteht man Forschungssysteme, die nicht unbedingt tierversuchsfrei sind, sondern auch solche, bei denen die Tierzahl verringert wird oder die Tiere weniger Schmerzen erleiden. So wird in Berlin der Bau der Einrichtung „Der simulierte Mensch“ mit rund 34 Millionen Euro unterstützt, Brandenburg verweist auf den Einsatz von Dummies, Zellkulturen und Computermodellen, und Hamburg hat eine 3R-Professur eingerichtet. Bremen nennt Robotik-Systeme als mögliche tierversuchsfreie Verfahren, fördert aber keine eigenen Projekte. Insgesamt bleiben dies Einzelfälle, die keinen systematischen Wandel erkennen lassen.
Die Antworten auf die Frage nach politischen Maßnahmen fielen insgesamt ebenfalls ernüchternd aus. Berlin betrachtet die strenge Prüfung von tierversuchsfreien Methoden durch Behörden bereits als Förderung und Hamburg vergibt Forschungspreise. Hessen verweist auf sein 3R-Zentrum, das jedoch stärker auf die Reduktion und „Verbesserung“ von Tierversuchen als auf deren Ersatz ausgerichtet ist. Viele andere Länder äußerten sich nicht.
Die Auswertung zeigt zudem, dass es keine einheitliche Strategie für die Länder gibt, die eine gezielte Förderung tierversuchsfreier Forschung ermöglichen würde. Eine systematische Einbindung in die Forschungsförderung fehlt. So bleibt auch völlig unklar – auch wenn dies gerne behauptet wird – ob sich die Förderung von tierversuchsfreien Methoden in den letzten Jahren verbessert hat. Dabei wäre es kein großer Aufwand, entsprechende Angaben bei den Antragstellern abzufragen. Förderanträge enthalten in der Regel detaillierte Beschreibungen aller Ausgaben, sodass leicht erfasst werden könnte, ob ein Projekt Tierversuche beinhaltet oder nicht. Auch bei gemischten Vorhaben wäre es möglich, zu unterscheiden, welche Teile mit oder ohne Tierversuche durchgeführt werden.
Auch auf Bundesebene bleibt die Unterstützung gering. Zwischen 2020 und 2024 standen jährlich fünf Millionen Euro für sogenannte Alternativen bereit. Im Verhältnis zu den insgesamt 129,7 Milliarden Euro, die allein 2023 in Forschung und Entwicklung in allen Bereichen flossen, ist dieser Anteil minimal. Da keine systematische Erfassung erfolgt, kann die Bundesregierung nicht beziffern, wie viele Mittel tatsächlich in tierversuchsfreie Methoden fließen.
Während Länder wie die Niederlande und Australien gezielt in tierversuchsfreie Forschung investieren und konkrete Reduktionsziele verfolgen, setzen die USA mit neuen Initiativen auf einen deutlichen Abbau von Tierversuchen in der Medikamentenentwicklung. Deutschland hingegen fehlt eine zentrale Strategie, um den Ausstieg einzuleiten.
ÄgT fordert deshalb eine nationale Strategie, die tierversuchsfreie Methoden gezielt fördert, die Vergabe von Geldern transparent macht und verbindliche Schritte für den Ausstieg aus Tierversuchen einleitet. „Deutschland droht international abgehängt zu werden, wenn jetzt keine politischen Weichen gestellt werden“, sagt Nele Berndt von Ärzte gegen Tierversuche. „Wir brauchen dringend eine Forschungsförderung, die transparent ist und moderne, humanrelevante Wissenschaft stärkt. Tierversuche müssen auch im Interesse der Patienten endlich abgeschafft werden.“