Baden-Württemberg beschönigt Ausmaß der Tierversuche
Uni Hohenheim baut neue Labore
Die bundesweiten Vereine Ärzte gegen Tierversuche (ÄgT) und Bund gegen Missbrauch der Tiere (bmt) bezeichnen es als Augenwischerei, dass der für den Tierschutz zuständige baden-württembergische Minister Alexander Bonde die Tierversuchszahlen im Land schönredet, während in Hohenheim aus Steuermitteln neue Tierversuchslabore geplant sind, worüber die Öffentlichkeit nichts erfahren soll.
Vollmundig verkündete der für den Tierschutz zuständige Minister für ländlichen Raum und Verbraucherschutz, Alexander Bonde, kürzlich auf einer Landespressekonferenz, die Zahl der Tierversuche in Baden-Württemberg habe sich verringert. Zu dem aktuellen Vorhaben, die tierexperimentelle Forschung mit Laborneubauten an der Universität Hohenheim auszubauen, schweigt er sich indes aus. Vor über sechs Wochen hatten die Ärzte gegen Tierversuche und der Bund gegen Missbrauch der Tiere ihn mit der Bitte um Auskunft angeschrieben. Die Anfrage wurde jedoch lapidar mit dem Verweis der Weiterleitung an das der Tierversuchslobby zugeneigte grüne Wissenschaftsministerium abgehandelt. Eine Antwort erhielten die Vereine bis dato nicht. Dem Ärzteverein waren anonym Dokumente zugeleitet worden, die konkrete Pläne enthalten, in Hohenheim unter der Bezeichnung „Neuordnung Tierwissenschaften“ Tierversuchslabore zu errichten. Es sollen Haltungskapazitäten für über 1.000 Mäuse, 150 Geflügeltiere, bis zu 115 Schweine, 18 Schafe und 6 Rinder geschaffen werden, die unter anderem für Infektionsversuche herhalten sollen.
„Dass es mit der Ernsthaftigkeit der im Koalitionsvertrag der grün-roten Landesregierung geplanten Reduzierung der Tierversuche nicht weit her ist, zeigt auch die Ausweitung der besonders leidvollen Hirnversuche an Primaten“, kritisiert Karsten Plücker, Vorsitzender des bmt. An mehreren Tübinger Instituten werden Affen durch Durst gezwungen, jeden Tag stundenlang mit angeschraubtem Kopf Aufgaben am Bildschirm zu erfüllen. „Über ein Bohrloch im Schädel werden Messelektroden in das Gehirn eingeführt, um zu untersuchen, wie ein Affe zählt oder auf Gesichter reagiert. Einen medizinischen Nutzen gibt es nachweislich nicht, die Experimente dienen rein der Befriedung der Forscherneugier“, erläutert Dipl.-Biol. Silke Bitz, Sprecherin des Ärztevereins. Erst vor wenigen Tagen hatte eine auf Stern TV ausgestrahlte verdeckte Recherche am Tübinger Max-Planck-Institut gezeigt, mit welch kruden Methoden Primaten zu unvorstellbar qualvollen Hirnexperimenten gezwungen werden.
Baden-Württemberg steht gemeinsam mit Nordrhein-Westfalen im Bundesländervergleich an der Spitze, wenn es um grausame und rückschrittliche Forschung geht. Von den bundesweit offiziell jährlich 3,1 Millionen für Tierversuche getöteten Tieren hat allein Baden-Württemberg rund eine halbe Million zu verantworten. Die Ärzte gegen Tierversuche und der Bund gegen Missbrauch der Tiere kritisieren die Landesregierung für ihre Schönfärberei und fordern von ihr, endlich aus der unethischen und altertümlichen Tierversuchsforschung auszusteigen und modernen Methoden wie Computersimulationen, komplexen Zellkulturmodellen und Patientenstudien den Vorrang zu geben, um zu klinisch relevanten Erkenntnissen zu gelangen.