Affentötung im Zoo Nürnberg
- News
Köpfe sollen für „wissenschaftliche Zwecke“ verwendet werden
Am 29. Juli wurden im Nürnberger Zoo zwölf Paviane getötet. Die Köpfe der Tiere sollen für Forschungszwecke verwendet werden. Der bundesweite Verein Ärzte gegen Tierversuche kritisiert, dass der Fall ähnlich gelagert ist wie bei sogenannten „Überschusstieren“. Diese Tiere – hauptsächlich Mäuse – werden für Tierversuche gezüchtet, dann aber getötet, weil sie nicht „gebraucht“ werden.
Bei den getöteten Tieren handelte es sich um Guinea-Paviane – eine Art, die in der Wildnis aufgrund von Lebensraumverlust, Jagd und illegalem Handel als gefährdet gilt und auf der Roten Liste der Internationalen Union für die Erhaltung der Natur (IUCN) steht (1). Als Grund für die Tötung nannte der Zoo, dass die Gruppe mit 43 Tieren zu groß für das Gehege geworden sei, das nur für 23 Tiere ausgelegt ist. Da im Zoo weiterhin Paviane gezüchtet werden sollen – vorgeblich, um zum Erhalt der Art beizutragen –, kündigte Zoodirektor Dag Enke an, dass auch in Zukunft Tiere getötet werden, um die Gruppengröße zu begrenzen. „…Wir reden über potenziell unendlich viele Tiere, die abgegeben oder die getötet werden müssten“, so Enke in einem Interview (2,3).
Tierschützer halten dagegen, dass es für die Paviane wegen fehlenden Lebensraums keine Auswilderungschance gebe und bezweifeln daher den Sinn der Zucht für den Arterhalt (4). Die Deutsche Juristische Gesellschaft für Tierschutzrecht gibt an, dass ein selbst herbeigeführter Zuchtüberschuss kein Grund für die Tötung der Tiere sei, und hält die Tötung für eine Straftat (5). Andere Zoos verzichten laut einer Sprecherin des Berliner Zoos auf Tötungen durch Zuchtmanagement (2).
Die Paviane wurden in Narkose per Kugelschuss getötet – angeblich, weil dies die „humanste“ Methode sei (6). Die Wahl der Tötungsmethode dürfte jedoch mit der späteren „Verwertung“ der Körper zusammenhängen: Die toten Paviane wurden an Raubtiere im Zoo verfüttert. Zuvor wurden Gewebeproben entnommen, darunter, laut dem stellvertretenden Leiter des Tiergartens, auch die Köpfe der Tiere, da Schädel und Gehirn für wissenschaftliche Zwecke verwendet werden sollen (7,8).
Die Forschungsprojekte, in denen die Gewebe verwendet werden sollen, wurden nicht genannt, ebenso wenig der Zweck der Forschung. Aufgrund von Speziesunterschieden zwischen Mensch und Affe wäre ein Einsatz in der biomedizinischen Forschung ohnehin nicht zielführend. Bei gezielter Erforschung von Affen könnten solche Gewebe auch von verstorbenen oder aus medizinischen Gründen getöteten Tieren gewonnen werden (9).
Die Tötung der „überschüssigen“ Paviane und die als zusätzliche Rechtfertigung dienende „Verwertung“ der Körper der Tiere durch Verfütterung und wissenschaftliche Nutzung erinnert an den Umgang mit sogenannten Überschusstieren. Diese für Tierversuche gezüchteten, aber nicht verwendeten Tiere werden aus wirtschaftlichen Gründen getötet, da eine weitere Haltung oder eine Erweiterung der Haltungsanlagen zu teuer sind (10). Im Jahr 2023 waren es über 1,3 Millionen Tiere, die als „Überschuss“ des Tierversuchssystems getötet wurden (11). Da das Tierschutzgesetz einen „vernünftigen Grund“ für die Tötung von Wirbeltieren fordert, wird versucht, die Nutzung der Körper für die Forschung oder Verfütterung als Rechtfertigung anzuführen.
Über die Tötung und Verfütterung überzähliger Wildtiere in Zoos, inklusive Affen, wurde kürzlich ein Beitrag in einer wissenschaftlichen Zeitschrift veröffentlicht (12). Unter den Autoren sind neben dem Nürnberger Zoodirektor auch Mitarbeitende des Zoos Karlsruhe und des Zoologischen Gartens Halle. Dies lässt vermuten, dass die Tötung von Affen nicht nur in Nürnberg kein Einzelfall bleiben wird, sondern auch von weiteren Zoos bereits geplant ist.
Während die Tötung der zwölf Paviane in Nürnberg breite Proteste auslöste, wurden in Deutschland 2023 insgesamt 1.676 Affen in Tierversuchen eingesetzt. Davon litten und starben 1.493 Tiere für regulatorische Zwecke, wie Giftigkeitsprüfungen (11,13). Dabei gibt es gerade im Bereich der Giftigkeitstestungen hochentwickelte tierversuchsfreie Methoden, die den Tests an unseren nächsten Verwandten weit überlegen sind (14).
Quellen
- Wagner F. Zoo Nürnberg plant Tötung Dutzender Paviane – aus Platzmangel: Proteste eskalieren. Schwäbische Post, 12.07.2025
- Pavian-Tötungen in Nürnberger Tierpark: Zoo Berlin setzt auf Verhütung statt Tötung. Tagesschau, 31.07.2025
- Salg D. Zoo-Chef will Paviane töten: So verteidigt er seine Pläne. t-online, 15.02.2024
- Zodrow L. Zoos wollen mehr Tiere töten. Pro Wildlife, 20.01.2025
- Zur gestern stattgefundenen gewaltsamen Tötung von 12 gesunden Pavianen im Tiergarten der Stadt Nürnberg. DJGT, Pressemitteilung, 30.07.2025
- Salg D. und Fuchs O. Paviane getötet: So rechtfertigt der Tiergarten seine Entscheidung. t-online, 30.07.2025
- Getötete Paviane an Raubtiere im Zoo verfüttert. ZDFheute, 04.08.2025
- Getötete Paviane werden ohne Köpfe und Hände verfüttert. t-online, 04.08.2025
- Atlas des Schimpansen-Gehirns veröffentlicht. Ärzte gegen Tierversuche, News, 14.06.2024
- 4 Millionen Tiere als „Überschuss“ in Tierversuchslaboren getötet. Ärzte gegen Tierversuche, Stellungnahme, 02.08.2021
- Tierversuchsstatistik. Ärzte gegen Tierversuche, 16.12.2024
- Clauss M. et al. Zoos must embrace animal death for education and conservation, PNAS 2024, 122(1): e2414565121
- Verwendung von Versuchstieren im Berichtsjahr 2023. Bf3R
- Präzisere Vorhersagen für sichere Medikamente. Ärzte gegen Tierversuche, Pressemitteilung, 13.03.2025