Ärzte gegen Tierversuche kritisiert Koalitionsvertrag
- Pressemitteilung
Lässt sich Schwarz-Rot vor den Karren der Tierversuchslobbyisten spannen?
In der aktuell vorliegenden Koalitionsvereinbarung sucht man vergeblich nach einer fortschrittlichen Strategie weg vom altertümlichen Tierversuch hin zu einer innovativen Forschung. Stattdessen will die künftige Bundesregierung der Forschung mehr Freiheit geben und ein Tierversuchsgesetz auf den Weg bringen. Der bundesweite Verein Ärzte gegen Tierversuche (ÄgT) warnt vor einem Kniefall vor der Pro-Tierversuchslobby, die nur ihre eigenen Interessen vertritt.
Im Vorfeld der Bundestagswahl 2021 hatte ÄgT im Verbund mit 15 weiteren Tierschutzvereinen mit einer großangelegten Kampagne für einen konkreten Ausstiegsplan aus dem Tierversuch geworben. Als Resultat hatte die Ampel-Koalition eine „Reduktionsstrategie“ in der Koalitionsvereinbarung festgeschrieben. „Eine Reduktion ist natürlich viel weniger als ein Plan mit konkreten Meilensteinen, aber immerhin eine Strategie“, erklärt Dr. med. vet. Corina Gericke, Vizevorsitzende von ÄgT. Erst drei Jahre später, nämlich im September 2024, wurde dieser Punkt des Koalitionsvertrages angegangen mit zahlreichen Interessenvertretern aus Industrie, Forschung und NGOs, darunter ÄgT. Das so erarbeitete Papier scheint nun jedoch in der Schublade zu verschwinden.
Die neue schwarz-rote Regierung will von einem konkreten Plan zum Ausstieg aus dem Tierversuch offensichtlich nichts wissen. Stattdessen sind Forderungen der Pro-Tierversuchslobby in das Koalitionspapier eingeflossen. So heißt es auf Seite 81: „Wir geben der Forschung mehr Freiheit und entfesseln sie von kleinteiliger Förderbürokratie“. „Das Genehmigungsprocedere zu erleichtern, ist eine der Hauptforderungen der tierexperimentellen Forschung“, weiß Tierärztin Gericke. Dabei liegt die durchschnittliche Ablehnungsquote von Tierversuchsanträgen bundesweit schon jetzt bei unter 1 %. „Das heißt, dass so gut wie jeder noch so abstruse Versuchsaufbau genehmigt wird. Eine weitere Erleichterung wäre fatal und würde noch mehr Tierleid und Steuergeldverschwendung nach sich ziehen“, kommentiert Gericke.
Genauso kritisch zu sehen ist, dass Schwarz-Rot ein „eigenständiges Gesetz für wissenschaftliche Tierversuche“ schaffen will. Der Ärzteverein befürchtet, dass ein solches Gesetz Erleichterungen etwa für die Tötung sogenannter Überschusstiere bedeuten könnte. Dies sind Tiere, die gezüchtet und „ungenutzt“ getötet werden, weil sie zu alt sind, das falsche Geschlecht oder eine unerwünschte Genausprägung haben. Dies sind 1,3 Millionen von den insgesamt 3,5 Millionen für Tierversuche getöteten Tieren. Schon jetzt erfährt die rechtswidrige Tötung solcher Tiere keinerlei rechtliche Konsequenzen. „Diese Praxis könnte in einem eigenen Tierversuchsgesetz legalisiert werden“, fürchtet die Tierärztin.
Ärzte gegen Tierversuche appelliert an die künftige Bundesregierung, die ausgearbeitete Reduktionsstrategie weiterzuführen, die nicht wie angekündigt am 24.04.2025 veröffentlicht wurde. Da vom Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) als banaler Grund der Regierungswechsel angegeben wurde, ist die neue Regierung in der Verantwortung, die Reduktionsstrategie zu finalisieren und umzusetzen. Die von zahlreichen Stakeholdern hierfür ausgearbeiteten Maßnahmen liegen dem BMEL vor. Die Empfehlungen der Experten sind angelehnt an Ausstiegspläne anderer Länder.
„Während in den USA eine tierversuchsfreie Medikamententestung angestrebt wird und Länder wie Australien, Großbritannien und auf EU-Ebene Ausstiegspläne zumindest für Teilbereiche von Tierversuchen erarbeitet werden, darf die Regierung sich nicht zum Handlanger der Ewiggestrigen machen lassen,“ kommentiert Gericke.