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Pressemitteilung

Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen führen Negativ-Rangliste an

Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen belegen die ersten drei Plätze auf der Negativ-Rangliste zu Tierversuchen im Bundesländervergleich 2021, die Ärzte gegen Tierversuche (ÄgT) seit 2010 führt. Da erstmals auch sogenannte Überschusstiere* in der Statistik erfasst werden, ist die Gesamttierzahl deutlich höher als in den vergangenen Jahren. Aber auch ohne Berücksichtigung der Zahl der als „Überschuss“ getöteten Tiere ist kein Rückgang der Tierversuchszahlen erkennbar.

Platz eins der Negativ-Rangliste zu Tierversuchen im Bundesländervergleich hat aktuell Bayern mit 891.280 Tieren und damit 17,62 % der deutschlandweiten Gesamtzahl von 5.058.242 Tieren eingenommen. Auf dem zweiten Platz liegt Baden-Württemberg mit einem Anteil von 856.584 Tieren (16,93 %), gefolgt von Nordrhein-Westfalen mit 845.194 Tieren (16,71 %). Berlin belegt mit 496.144 Tieren (9,81 %) Rang vier der Negativ-Statistik, gefolgt von Hessen mit 454.052 Tieren (8,98 %) und Niedersachsen mit 384.468 Tieren (7,6 %).

Bundesweit wurden 1.859.475 in Tierversuchen verwendet und weitere 644.207 Tiere zu „wissenschaftlichen Zwecken“ getötet, etwa der Entnahme von Organen. Zusammen sind dies 2.503.682 Tiere, eine Zahl, die mit den Vorjahren vergleichbar ist. Hinzu kommen die nun erstmals erfassten 2.554.560 Tiere, die mangels Verwendungszwecks als „Überschuss“ getötet wurden. Die Gesamtzahl liegt also bei 5.058.242 Mäusen, Fischen, Ratten, Kaninchen, Schweinen, Affen, Hunden und anderen Tieren, die in deutschen Laboren leiden und sterben mussten.

Die Aufschlüsselung nach Schwergrad und Verwendungszweck erfolgt nur für die in Tierversuchen verwendeten Tiere. So wurden 79.451 Tiere (4,3 %) Versuchen mit dem Schweregrad „schwer“ zugeordnet. Im Bereich der gesetzlich vorgeschriebenen Tierversuche und Routineproduktion (z.B. Antikörperproduktion) fielen 11,3 % auf diese Kategorie. Insgesamt waren 952.837 der Tiere (51,24 %) gemessen an den 1.859.475 in Tierversuchen eingesetzten Tieren gentechnisch verändert. Betroffen sind hauptsächlich Mäuse und Fische. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) erteilte auch in diesem Jahr auf Anfrage der ÄgT keine Auskunft über den Anteil der Versuche mit Schweregrad „schwer“ in den einzelnen Bundesländern und stellte keine nach Bundesländern aufgeschlüsselte Information über die Anzahl der genmanipulierten Tiere zur Verfügung.

Von den in Deutschland 1.037.931 (55,8 %) in der Grundlagenforschung eingesetzten Tieren hat mit 214.098 Tieren (79,4 %) Nordrhein-Westfahlen den größten Anteil, gefolgt von Bayern mit 173.586 Tieren (55,8 %), Baden-Württemberg mit 159.609 Tieren (50,4 %) und Niedersachsen mit 100.564 Tieren (72,5 %). Prozentual gesehen stechen Thüringen mit 83 % und Sachsen mit 77,5 % Anteil an der Grundlagenforschung im Verhältnis zu eher niedrigeren Tierversuchszahlen hervor.

Bei den sogenannten Überschusstieren haben Baden-Württemberg mit 462.824 Tieren (54 %), Nordrhein-Westfalen mit 437.861 Tieren (51,81 %) und Bayern mit 461.225 Tieren (51,75) die höchsten Tierzahlen im Ländervergleich. Im Verhältnis zur jeweiligen Tierzahl sticht Berlin mit 67,69 % (335.819 Tiere) Anteil an sog. Überschusstieren hervor, im Saarland sind es 67,18 % (45.979 „Überschusstiere“), in Sachsen-Anhalt 62,42 % (59.762 „Überschusstiere“). Bei den Affen hat Nordrhein-Westfalen mit 1.673 von bundesweit 1.915 Tieren den größten Anteil, was insbesondere auf Covance, den größten Affenverbraucher Deutschlands mit einer Filiale in Münster, zurückzuführen ist. Obwohl an der Universität Bremen seit 1997 Affenhirnversuche stattfinden, sind in der Statistik für dieses Bundesland wie bereits im Jahr zuvor keine Affen gelistet, was nach Aussage von ÄgT nicht nachvollziehbar ist.

„Tierversuche sind nach wie vor trotz gravierender wissenschaftlicher Mängel ein manifestes System. Von den Ländern und vor allem von der jetzigen Bundesregierung mit grün geführtem Landwirtschaftsministerium erwarten wir mehr als nur Lippenbekenntnisse zur Reduktion von Tierversuchen“, kommentiert Dipl.-Biol. Silke Strittmatter, wissenschaftliche Mitarbeiterin von Ärzte gegen Tierversuche. „Bislang sind noch nicht einmal die minimalen Vorgaben der EU-Tierversuchsrichtlinie korrekt umgesetzt, die zumindest eine Verbesserung für den Tierschutz bedeuten würden.“ Darüber hinaus drängt der Ärzteverein auf die Konkretisierung eines Ausstiegsplans, wie er in einigen anderen Ländern wie den Niederlanden und Schweden bereits von politscher Seite initiiert wurde.

* sog. Überschusstiere sind Tiere, die in den Laboren getötet werden, weil sie zu alt sind, nicht das „richtige“ Geschlecht oder die gewünschten Gene für das jeweilige Versuchsprojekt haben. Da die Labore keine Verwendung für die Tiere haben und aus Kapazitätsgründen nicht für den lebenslänglichen Unterhalt aufkommen wollen, werden sie als Überschuss entsorgt.