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EU stellt trotz gravierender Tierschutzmängel Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland ein

Deutschland hat die EU-Tierversuchsrichtlinie auch mit den letzten Gesetzänderungen nicht richtlinienkonform umgesetzt. Die EU wird dem jedoch nicht weiter nachgehen – Leidtragende sind die Tiere in den Laboren und kranke Menschen, denen mit humanbasierter Forschung mögliche Heilungschancen vorenthalten werden.

Seit 2018 führte die EU-Kommission gegen die Bundesrepublik Deutschland ein offizielles Vertragsverletzungsverfahren. Die Richtlinie 2010/63/EU (EU-Tierversuchsrichtlinie) war zu spät und in zahlreichen Punkten unzureichend durch die Bundesregierung in deutsches Recht umgesetzt worden. Es wurden mehr als 30 teilweise gravierende Fehler zu Lasten der Tiere durch juristische Gutachten festgestellt. Diese Mängel waren der EU seit 2013 wiederholt von Tierschutzorganisationen mitgeteilt worden, die daraufhin Ermittlungen einleitete.

Die schwerwiegendsten Fehler betreffen unter anderem das Genehmigungsverfahren für Tierversuchsvorhaben. Nach Vorgaben der Richtlinie müssen alle Tierversuche genehmigt werden (Genehmigungspflicht). Trotz den entgegenstehenden Vorschriften der EU-Richtlinie hatte Deutschland für einige Tierversuche eine reine Anzeigepflicht bei der Behörde vorgegeben. Blieb daraufhin eine Reaktion der Behörde aus, durfte der Versuch durchgeführt werden, obwohl auch hier eine umfassende Projektbewertung erfolgen müsste. Das im letzten Jahr eingeführte sogenannte vereinfachte Genehmigungsverfahren, das die Anzeigepflicht ersetzen soll, gibt dieser nach Ansicht der Vereine nur einen anderen Namen und täuscht eine inhaltliche Anpassung an das EU-Recht vor. Die maßgeblichen Kriterien der Unerlässlichkeit und ethischen Vertretbarkeit sind unter den nun gegebenen Bedingungen weiter kaum durchsetzbar. Auch Bestimmungen zu schwerst belastenden Tierversuchen finden sich nicht einmal annähernd im deutschen Recht wieder.

„Dass die Bundesregierung mit ihrer laschen Rechtsumsetzung durchkommt und die EU-Kommission nichts weiter unternimmt, ist schockierend und vollkommen unverständlich“, resümiert Silke Strittmatter von Ärzte gegen Tierversuche e.V.

„Dem deutschen Gesetzgeber verbleibt zwar weiterhin die Möglichkeit der Anpassung an das Unionsrecht. Da jedoch bereits im letzten Jahr diese Chance nicht ausreichend genutzt wurde, gehen wir nun – nach der Einstellung des Verfahrens der EU – nicht mehr davon aus, dass es absehbar zu einer weiteren Änderung deutschen Tierversuchsrechts kommen wird. Es verbleiben erhebliche Verstöße gegen die EU-Richtlinie in den deutschen Gesetzen“, stellt Dr. Christoph Maisack, erster Vorsitzender der DJGT e. V., nachdrücklich fest, der auch ein umfassendes Gutachten zu der mangelhaften Umsetzung lieferte.