Offener Brief an Bayerisches Staatsministerium
- Pressemitteilung
„Spitzenforschung geht nur ohne Tierversuche“
Nach der Übergabe von mehr als 40.000 Unterschriften gegen das neue Tierlabor am Medizincampus in Augsburg zeigt sich der bundesweite Verein Ärzte gegen Tierversuche (ÄgT) enttäuscht von der Antwort des Bayerischen Staatsministeriums. In einem offenen Brief antwortet der Verein auf die lapidaren Äußerungen.
40.320 Bürgerinnen und Bürger hatten sich mit ihrer Unterschrift gegen den Bau des ersten Tierversuchslabors in Augsburg ausgesprochen und fordern eine Umwidmung der für das Projekt bereitgestellten 35 Millionen Euro: für zeitgemäße, sinnvolle, menschenbasierte Forschung ohne Tierversuche.
Am 14. Juni 2023 erfolgte die Unterschriftenübergabe über die Landtagsabgeordneten Rosi Steinberger und Christian Hierneis an Staatminister Markus Blume.
Am 19. Juli 2023 erhielt der Ärzteverein die Antwort aus dem Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst. Es wird angeführt, dass die tierversuchsfreie Forschung noch nicht so weit sei, die Tierversuche zu ersetzen. Als Grund wird genannt, dass große Wissenschaftsorganisationen wie die Deutsche Forschungsgemeinschaft oder die Fraunhofer-Gesellschaft diese Auffassung teilen. Außerdem führt das Staatsministerium die verfassungsrechtlich verbürgte Forschungsfreiheit an. Tierversuche seien zudem streng geregelt. Außerdem wird die Sorge geäußert, dass es für die Studierenden am Medizincampus in Augsburg von Nachteil im akademischen Wettbewerb wäre, wenn auf Tierversuche in der Forschung verzichtet würde.
In einem offenen Brief vom 30. August 2023 widerlegt Dr. med. Rosmarie Lautenbacher im Namen des Vereins diese haltlosen Aussagen. Die genannten Wissenschaftsorganisationen führen selbst zahllose Tierversuche durch, sodass diese wohl kaum als Quelle für die Unsinnigkeit von Tierversuchen in Frage kommen. Außerdem sprechen sich immer mehr Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gegen Tierversuche aus. Auch aus der Pharmaindustrie kommen ganz klare Impulse gegen Tierversuche, wie unlängst von den Pharmakonzernen Merck und Roche. Ein zentraler Punkt: Der Tierversuch wurde nie validiert, so wie das nun von tierversuchsfreien Methoden gefordert wird. Ein weiterer Kernpunkt des Schreibens ist, dass nicht nur die Forschungsfreiheit, sondern auch der Tierschutz im Grundgesetz verankert ist und beide rechtlich als gleichwertig zu sehen sind. „Der Tierschutz wird jedoch regelmäßig beim Genehmigungsprozedere von Tierversuchen nachrangig behandelt“, erklärt Lautenbacher, Ärztin und Vorstandsmitglied von ÄgT. Sie moniert weiter, dass die anscheinende Unerlässlichkeit und ethische Vertretbarkeit von der Antrag stellenden Person selber eingeschätzt werden. „Das führt dazu, dass derzeit praktisch jeder Tierversuchsantrag genehmigt wird, und sei er auch noch so abwegig. Die Ablehnungsquote liegt bundesweit bei unter 1%.“
Auch ist interessant, dass Augsburg bisher tierversuchsfrei war. 2019, als der Lehrbetrieb aufgenommen wurde, wurde noch von einer innovativen medizinischen Ausbildung und von Spitzenforschung gesprochen. „Die Etablierung einer antiquierten, nie validierten, unzuverlässigen und zudem grausamen Forschungsmethode ist ein krasser Widerspruch zu dieser Vision,“ heißt es in dem offenen Brief. Dass die Fakultät noch nicht einmal gezielt versucht hat, Forschende mit tierfreien Ansätzen zu gewinnen, bezeichnet die Ärztin als fatales Versäumnis. Zumal sich die immensen Erfolge dieser global boomenden Technologien mit Sicherheit bis zur 2030 vorgesehenen Inbetriebnahme der Augsburger Tierversuchslabore noch weiter steigern werden.
„Welchen Return on Invest hinsichtlich des Bildungsniveaus der Studierenden als auch der verwendeten Steuergelder will die Augsburger Medizinische Fakultät präsentieren, wenn sie weiterhin die Realität eines notwendigen Paradigmenwechselns ignoriert?“, schließt der offene Brief.
Der Verein Ärzte gegen Tierversuche mit seiner AG Augsburg wird sich weiter dafür stark machen, dass Augsburg nicht zur Tierversuchsstadt wird.