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Pharmaprofit auf Kosten sogenannter Nutztiere

Am 17. September will der Stadtrat in Hannover den Bebauungsplan für das neue Forschungszentrum für »Nutz«tierimpfstoffe des Pharmariesen Boehringer Ingelheim endgültig beschließen. Baubeginn soll noch dieses Jahr sein. Die Ärzte gegen Tierversuche appellierten im Vorfeld an die Entscheidungsträger, diesem Projekt nicht zuzustimmen und stattdessen auf sinnvolle Forschung ohne Tierversuche zu setzen.

Jährlich sollen rund 2.000 Schweine und voraussichtlich auch Rinder in einem neuen Labor des Pharmakonzerns Boehringer Ingelheim mitten in einem Wohngebiet in Hannover für die Erforschung neuer Impfstoffe für sogenannte Nutztiere herhalten. Die Ärztevereinigung kritisiert, dass hiermit ausschließlich das Ziel verfolgt wird, hohe Gewinne durch neue Pharmaprodukte einzufahren und die Tiere künstlich an die ohnehin schon quälerischen Bedingungen in Massentierhaltungsanlagen anzupassen. Die Produktion von »Billigfleisch« soll damit noch lukrativer gemacht werden, so der Verein. »Es ist ein Armutszeugnis für unsere Politik und Gesellschaft, von fühlenden Lebewesen als »Nutz«tiere zu sprechen und deren Leid für Konsumzwecke billigend in Kauf zu nehmen«, moniert Diplom-Biologin Silke Bitz, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Ärzte gegen Tierversuche. „Dass nun wieder einmal ein Tierversuchslabor zum reinen Kommerz gebaut wird, zeigt zudem deutlich, wie weit wir noch von einer Wissenschaft entfernt sind, die auf ethischen und wissenschaftlich sinnvollen Werten basiert, und von einer Politik, die ihre Verpflichtung zum Schutz der Tiere überhaupt nicht ernst nimmt“, so Bitz weiter.

Die Ärztevereinigung warnt zudem vor der Gefahr für die Menschen. Wie vergangene Fälle, zum Beispiel bei der Maul- und Klauenseuche im Jahr 2007 in England, gezeigt haben, ist die Freisetzung von Krankheitserregern aus dem Labor nicht ausgeschlossen, verbunden mit einem nicht kalkulierbaren Risiko für Mensch und Umwelt. Hier hatte sich herausgestellt, dass das in infizierten Tieren gefundene Virus aus einem benachbarten Labor stammte. Die Lage des neuen Boehringer-Labors in einem Wohngebiet von Hannover beurteilt die Ärztevereinigung daher als prekär. Allerdings sei ein Tierversuchslabor grundsätzlich an keinem Standort zu dulden, da unvereinbar mit Ethik und guter Wissenschaft.

Mit Briefen an den Hannoveraner Oberbürgermeister Stephan Weil und den niedersächsischen Ministerpräsidenten Christian Wulff sowie Aktionen vor Ort, protestieren die Ärzte gegen Tierversuche und zahlreiche andere Tierrechtsgruppen sowie eine Bürgerinitiative seit Monaten massiv gegen den Neubau des Tierversuchslabors. Zeitweilig war das Baugelände von Tierrechtsaktivisten besetzt worden.

Tierversuche tragen nach Aussage der Ärzte gegen Tierversuche nachweislich weder zum medizinischen Fortschritt bei, noch werden Tierimpfstoffe zum Nutzen der Tiere selbst benötigt. Anstatt der rein profitorientierten Pharma- und „Nutz“tierlobby immer wieder Tür und Tor für weitere Aktivitäten auf Kosten der Tiere und der Menschen zu öffnen, fordert die Ärztevereinigung die Entscheidungsträger auf, diesem Geschäftsgebaren endlich die Stirn zu bieten und sich klar zu einer tierversuchsfreien Forschung zu bekennen. Zudem müsse die Intensivtierhaltung zum Wohle von Mensch und Tier abgeschafft werden. Diese sei gleichzeitig der mit Abstand effektivste Beitrag zum Klimaschutz.