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Ärzte gegen Tierversuche kritisieren Verschleierung durch das BMEL

Im Jahr 2018 mussten in deutschen Laboren 2.825.066 Tiere leiden und allergrößtenteils sterben. Das sind 17.768 Tiere mehr als im Vorjahr. Das Bundeslandwirtschaftsministerium gibt in seiner aktuellen Veröffentlichung jedoch „nur“ 2,09 Millionen Tiere an und rechnet 686.352 (24%) der zu wissenschaftlichen Zwecken getöteten Tiere sowie rund 40.480 wiederverwendete Tiere raus. So wird die Zahl künstlich niedrig gehalten und der tatsächliche Anstieg verschleiert, kritisiert der bundesweite Verein Ärzte gegen Tierversuche (ÄgT).

Die gestern veröffentlichte Statistik des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) bezieht sich wie im Vorjahr auf die in Tierversuchen verwendeten Tiere. Bis 2016 wurden jedoch auch Tiere mitgezählt, die etwa zur Organentnahme getötet wurden (Kategorie „zu wissenschaftlichen Zwecken getötet“). „Die tatsächliche Gesamtzahl 2018 wird so verschleiert“, kritisiert Dr. med. vet. Corina Gericke, stellvertretende Vorsitzende von Ärzte gegen Tierversuche. Und weiter: „Die Unterscheidung zwischen ‚in Tierversuchen verwendeten‘ und ‚zu wissenschaftlichen Zwecken getöteten‘ Tieren darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die ‚verwendeten‘ Tiere im Verlauf des Versuchs sterben oder ebenfalls getötet werden.“

40.480 Tiere wurden aus den Vorjahren erneut verwendet. Aber auch für sie steht am Ende der Tod. Dieses trifft vor allem auf größere Tiere wie Hunde, Katzen, Affen und Pferde zu, während Nagetiere und Fische fast alle gleich während des ersten Versuchs sterben oder getötet werden. Den größten Teil machen nach wie vor Mäuse aus, nämlich über 2,1 Millionen (74%), gefolgt von Ratten (298.615 = 10%) und Fischen (227.434 = 8%). Bei Hunden ist ein erschreckender Anstieg von 3.334 auf 3.993 Tiere gegenüber 2017 zu verzeichnen. 2018 wurden insgesamt 3.324 Affen (hauptsächlich Langschwanzmakaken) verwendet, etwas weniger als im Vorjahr (3.525 Tiere). „95 % der Langschwanzmakaken stammen von außerhalb der EU und werden unter unsäglichen Bedingungen in Ländern wie Mauritius und China für die Tierversuchsindustrie gezüchtet“, weiß Gericke. Affen dieser Art litten vor allem in gesetzlich vorgeschriebenen Giftigkeitsprüfungen (2.605 von 2.875 = 91%) wie sie bei den Auftragslaboren LPT in Hamburg und Covance in Münster durchgeführt werden.

Bei der Aufteilung nach Zwecken werden in der offiziellen Statistik ebenfalls nur die eigentlichen Tierversuche angegeben, nicht aber die „zu wissenschaftlichen Zwecken getöteten Tiere“. Den größten Teil beanspruchte wie auch in den Vorjahren die Grundlagenforschung (43%), wobei es einen leichten Rückgang gegenüber 2017 gibt. Die gesetzlich vorgeschriebenen Tierversuche lagen bei 22% und die angewandte Forschung bei 15%, der Rest sind Erhaltung von Kolonien gentechnisch veränderter Tiere, Ausbildung und weitere kleinere Bereiche.

Die Gesamtzahl der genmanipulierten (transgenen) Tiere wird in der offiziellen Statistik mit 973.394 angegeben, wobei ebenfalls die „zu wissenschaftlichen Zwecken getöteten Tiere“ nicht in der Statistik auftauchen, die gerade hier einen großen Teil ausmachen.

Als besonders alarmierend sieht der Ärzteverein den Anstieg bei den schwer belastenden Tierversuchen von 115.107 auf 124.702 Tiere (6% der Gesamtzahl). Darunter fallen zum Beispiel die berüchtigten Botox-Tierversuche, die immer noch für jede Produktionseinheit des Nervengifts durchgeführt werden, andere Vergiftungen oder der Tod durch Krebs oder Transplantatabstoßung. Ärzte gegen Tierversuche hatte mit der Überreichung von rund 72.000 Unterschriften 2018 eine Anhörung im Petitionsausschuss des Bundestags erwirkt, mit dem Ziel, wenigstens diesen besonders grausamen Tierversuchen einen gesetzlichen Riegel vorzuschieben. Das von einem juristischen Gutachten untermauerte und durch EU-Recht ermöglichte Anliegen wurde jedoch kürzlich abgeschmettert.

„Dass trotz eines Booms an modernen tierversuchsfreien Verfahren mit 3D-Mini-Organen und Multi-Organ-Chips Tierversuche weiterhin auf hohem Niveau liegen und sogar zugenommen haben, ist schockierend und ein Armutszeugnis für die Bundesregierung und den Forschungsstandort Deutschland“, erklärt Tierärztin Gericke. Der Verein fordert einen konkreten Ausstiegsplan wie ihn die Niederlande bereits 2016 vorgelegt haben.