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Ärzte gegen Tierversuche verleihen Negativpreis für schlimmsten Tierversuch 2018

Von 5 zur Auswahl stehenden Tierversuchen fiel die Online-Abstimmung* auf die Zigarettenrauchversuche an der Universität Ulm als schlimmsten Tierversuch 2018. So verliehen heute Vertreter der bundesweiten Vereinigung Ärzte gegen Tierversuche ihren Negativpreis „Herz aus Stein 2018“ dem Institut für Anästhesiologische Pathophysiologie und Verfahrensentwicklung der Universität Ulm.

Am dem Institut der Universität Ulm mussten Mäuse 3 Wochen lang an 5 Tagen die Woche den Rauch von bis zu 8 Zigaretten einatmen. Anschließend wurde bei ihnen – nun narkotisiert – ein Blutungsschock und eine Lungenquetschung ausgelöst, mit dem banalen Ergebnis, dass sich Rauchen negativ bei schweren Traumata auswirkt.

„Für uns lassen sich diese Versuche weder ethisch rechtfertigen, noch mit Sinnhaftigkeit. Letzteres allein schon nicht, da sich Mäuse in Anatomie, Physiologie und Immunologie so stark vom Menschen unterscheiden, dass ihre Reaktion auf Zigarettenrauch völlig anders ausfällt“, so Dr. med. vet. Gaby Neumann, wissenschaftliche Mitarbeiterin bei Ärzte gegen Tierversuche. „Es ist völlig absurd anzunehmen, man könne eine chronische Lungenerkrankung wie COPD, die beim Menschen nach jahrelangem Nikotinkonsum auftritt und mit zahlreichen Begleiterkrankungen einhergeht, durch 3-Wochen zwangsweises Passivrauchen bei der Maus darstellen.“ Auch die simulierten Traumata sind nach Aussage der Tierärztin bar jeder Realität: „Welcher Unfall beim Menschen läuft schon standardisiert ab?“ Den Tieren wurde (unter Narkose) so viel Blut abgelassen, dass sie einen Blutungsschock erlitten. Durch eine auf den Brustkorb gerichtete explosionsartige Luftwelle wurde die Lunge standardisiert gequetscht. Bis zu 50% der Tiere starben innerhalb von 4 Stunden vor allem an Nierenversagen. Die Überlebenden wurden getötet.

Beim heutigen Übergabe-Termin lehnte das Institut die Annahme des „Herz aus Stein“ ab. Die zur Übergabe angekündigte zweiköpfige Delegation der Ärzte gegen Tierversuche traf auf eine Hundertschaft in weiße Kittel gekleidete Menschen seitens der Uni. „Diese Reaktion zeigt, dass wir offensichtlich Finger in Wunden gelegt haben“, kommentiert Dr. Neumann.

Mit dem „Herz aus Stein“ will Ärzte gegen Tierversuche exemplarisch einige besonders absurde und grausame Tierversuche der Öffentlichkeit nahebringen und eine herzlose Forschung anprangern, bei der fühlende Tiere zu bloßen Messinstrumenten degradiert werden. Die Versuchsbeschreibungen sind der öffentlichen Datenbank des Vereins entnommen, in der zurzeit 4.850 Beschreibungen von in Fachzeitschriften veröffentlichten Tierversuchen aus Deutschland inklusive Originalquellen dokumentiert sind. Der Preis wird an Institute vergeben, nicht an Personen.

Als Gegenpol zum Negativpreis „Herz aus Stein“ lobt der Ärzteverein den mit 20.000 € dotierten „Herbert-Stiller-Preis“ für humanrelevante Forschung aus. Damit will er innovative tierversuchsfreie Forschungsansätze fördern, denn diese werden staatlicherseits nur mit einem Bruchteil der Fördergelder für Tierversuche unterstützt. „Aus Proben von COPD-Patienten können heutzutage komplexe 3D-Modelle des Lungengewebes hergestellt werden, um an ihnen Forschung zu Ursache und Therapie dieser weit verbreiteten Erkrankung zu betreiben. Diese tierversuchsfreie Hightech-Methode liefert wirklich relevante Ergebnisse für Menschen“, schließt Neumann. „Außerdem sind im Fall der COPD-Forschung vor allem Bevölkerungsstudien mit dem Ziel präventiver Maßnahmen sinnvoll.“

*Die Abstimmung über 5 Kandidaten lief 10 Tage, zählte 5.345 Stimmen, von denen 2.294 (43%) auf die Ulmer Rauchversuche mit schweren Traumata entfielen.

Originalarbeit: Clair Hartmann et al.: In-depth characterization of the effects of cigarette smoke exposure on the acute trauma response and hemorrhage in mice. Shock 2018. Doi:10.1097/SHK.0000000000001115

Fotos zur kosten- und quellenfreien Nutzung


Dr. med. Rosmarie Lautenbacher und Dr. med. vet. Gaby Neumann bei der Preis„verleihung“