Fachleute aus Amerika setzen auf Paradigmenwechsel in der Arzneimittelentwicklung
- Pressemitteilung
Weg von „Tierdaten“, hin zu „Tests auf menschlicher Basis“
In Deutschland hält man am veralteten und schlechten System Tierversuche fest. In Amerika fordern dagegen private und öffentliche Interessenvertreter aus Forschung, Pharmaindustrie und anderen Organisationen einen stärkeren Fokus auf tierversuchsfreie In-vitro- und In-silico-Methoden in der Medikamentenentwicklung.
Wird ein neues Medikament entwickelt, sind dafür nicht nur in Deutschland, sondern weltweit in der vorklinischen Phase häufig Tierversuche vorgeschrieben. Allerdings fallen 95 % der Medikamente, die sich in den Versuchen an Tieren als wirksam und sicher erwiesen haben, in den anschließenden Tests an Menschen durch. Denn entweder zeigen sie gar nicht die gewünschte Wirkung oder es kommt zu teilweise hochgradigen Nebenwirkungen. Deshalb steigen die Kosten in der Arzneientwicklung immer mehr an. In Amerika geht man von 2,6 Milliarden Dollar pro neu auf den Markt gebrachten Wirkstoff aus.
Dort haben sich deshalb private und öffentliche Interessenvertreter aus der Medikamentenentwicklung als Initiative zusammengeschlossen, um den Schwerpunkt von präklinischen Tests für Medikamente auf human-basierte Tests zu fordern. Bisher sind vor der Testung am Menschen im Gesetzestext „Tierdaten“, also Ergebnisse aus Tierversuchen, verlangt. Der Begriff „Tierdaten“ muss laut der Initiative in „nicht-klinische Daten“ geändert werden. In einem aktuell in dem Fachjournal Drug Discovery Today erschienenen Artikel fordern die Stakeholder u.a. eine verstärkte Förderung für die Entwicklung von human-basierten Tests und Leitlinien zur Gewinnung und Nutzung von menschlichem Gewebe, damit dieses der Forschung besser zur Verfügung steht.
„Der Status Quo der Arzneimitteltest ist in Bezug auf Zeit, Kosten und verlorene Leben tragisch verschwenderisch“, sagt Elizabeth Baker, Pharmazeutische Direktorin des US-Amerikanischen Physicians Committee for Responsible Medicine (PCRM). „Dieses Paper enthält durchdachte Empfehlungen, die das Potenzial haben, die Arzneimittelentwicklung erheblich zu verbessern und Leben zu retten.“
Diese Empfehlungen sind zwar bisher nur Forderungen. Da dahinter aber nicht nur Tierschützer stehen, sondern auch Vertreter aus Wissenschaft und Industrie, kann man sie als Vorstufe für eine Veränderung der Arzneimittelforschung in die richtige Richtung sehen. Die Niederlande haben bereits gezeigt, welches Potenzial dahinter steckt, wenn Interessenvertreter aus Wissenschaft, Industrie und Politik an einem Strang ziehen und ein Ausstiegskonzept aus dem Tierversuch auf den Weg gebracht.
„Wir sollten uns ein Beispiel an Amerika nehmen“ fordert Dr. Gaby Neumann, wissenschaftliche Mitarbeiterin bei Ärzte gegen Tierversuche. „Dort hat man die großen Vorteile humanbasierter Methoden für den Menschen erkannt. Leider setzt Deutschland weiter auf den Tierversuch und gefährdet damit die Gesundheit vieler Patienten. Und dass zu Zeiten von hochinnovativen Methoden, die den Menschen und nicht das Tier im Fokus haben.“
Weitere Informationen und Original-Artikel:
Baker EJ et al: Advancing nonclinical innovation and safety in pharmaceutical testing. Drug Discovery Today 2018