Sprache auswählen

To Homepage

Bluteiweiße zeigen biologische Folgen sozialer Isolation

Eine aktuelle Studie, veröffentlicht in der Online-Zeitschrift Nature Human Behaviour, zeigt, wie die gesundheitlichen Folgen von Isolation und Einsamkeit beim Menschen durch die Analyse von menschlichen Bluteiweißen erforscht werden können. Solche Untersuchungen ergeben – im Gegensatz zu den üblichen Tierversuchen – sinnvolle, für den Menschen relevante Ergebnisse.

Forschende der Fudan-Universität in Shanghai, China, und der Universität Cambridge, Großbritannien, haben das Eiweißprofil des Blutes – das sogenannte Plasmaproteom – untersucht. Die Studie basierte auf Daten von über 42.000 Teilnehmern der UK Biobank und liefert neue Einblicke in die biologischen Mechanismen, die mit Einsamkeit in Verbindung stehen.

Durch die Analyse von mehr als 2.900 Bluteiweißen konnten fünf Eiweiße identifiziert werden, die bei Menschen mit Einsamkeit verstärkt vorkommen. Diese spielen eine zentrale Rolle in Entzündungsprozessen und der Immunabwehr (1). Besonders alarmierend ist, dass mehr als die Hälfte dieser Eiweiße mit einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, Schlaganfall und einer verkürzten Lebenserwartung in Verbindung stehen (1).

Bisher wurde Einsamkeit vor allem als psychische Belastung wahrgenommen. Die neuen Erkenntnisse verdeutlichen jedoch, dass soziale Isolation tiefgreifende biologische Auswirkungen hat. Chronische Einsamkeit kann Entzündungsprozesse im Körper verstärken und das Immunsystem negativ beeinflussen, wodurch das Risiko für schwerwiegende Erkrankungen steigt (1). Die Studie unterstreicht die Wichtigkeit, Einsamkeit als ernstzunehmendes Gesundheitsrisiko anzuerkennen und gezielte Maßnahmen zur Prävention und Intervention zu entwickeln.

Einsamkeit und soziale Isolation werden häufig in Tierversuchen untersucht, bei denen z.B. Ratten oder Mäuse in Isolation gehalten wurden. So wurden beispielsweise Mäuse in einer Studie für 30 Wochen in Isolation gehalten und zeigten anschließend Verhaltensveränderungen, wie z.B. das Zögern beim Betreten offener Gänge in einem Labyrinth oder eine vermehrte Aktivität der nachtaktiven Tiere bei Tag. Dieses Verhalten wurde dann als angstbedingte Reaktion interpretiert (2).

Laut Ärzte gegen Tierversuche unterstreicht die Studie, dass solche Experimente ungeeignet sind, um vielschichtige soziale Phänomene wie menschliche Einsamkeit zu erforschen. Das komplexe emotionale und kognitive Erleben des Menschen lasse sich in solchen Modellen nicht adäquat abbilden. Auch das menschliche Immunsystem, das in der aktuellen Studie als stark durch Einsamkeit beeinflusst identifiziert wurde, unterscheidet sich erheblich von dem der Tiere. Diese Unterschiede heben die Bedeutung menschlicher Daten für das Verständnis der biologischen Zusammenhänge von Einsamkeit weiter hervor. Nur durch humanrelevante Forschung lassen sich nach Ansicht des Ärztevereins präzise und verlässliche Ergebnisse erzielen, die gezielte und wirksame Ansätze zur Gesundheitsförderung ermöglichen.

Quellen

(1) Shen C et al. Plasma proteomic signatures of social isolation and loneliness associated with morbidity and mortality. Nature Human Behaviour 2025; doi:10.1038/s41562-024-02078-1

(2) Benfato ID et al. Effects of long-term social isolation on central, behavioural and metabolic parameters in middle-aged mice. Behavioural Brain Research 2022; 417:113630