Australien setzt auf eine Zukunft ohne Tierversuche
Vollständiger Ersatz in der Medizin innerhalb von 15 Jahren angestrebt
Ein wegweisender Bericht der australischen staatlichen Forschungsorganisation beleuchtet das Potenzial tierversuchsfreier Modelle, Tierversuche in der medizinischen Produktentwicklung innerhalb der nächsten 15 Jahre zu ergänzen oder vollständig zu ersetzen.
Unter dem Titel „Non-animal models: A strategy for maturing Australia's medical product development capabilities“ (dt.: „Modelle ohne Tierversuche: Eine Strategie zur Weiterentwicklung der australischen Kapazitäten zur Entwicklung medizinischer Produkte) steht die Nutzung innovativer, tierversuchsfreier Methoden im Fokus. Australien sieht hier eine strategische Chance, da die humanbasierten Methoden die Leistung herkömmlicher Tierversuche übertreffen und innerhalb der nächsten 15 Jahre ein signifikanter Anstieg der Nutzung tierversuchsfreier Methoden in allen Phasen der medizinischen Produktentwicklung zu erwarten ist. Australien strebt daher an, eine führende Rolle in diesem wachsenden Forschungsfeld einzunehmen und seine Wettbewerbsfähigkeit auf globaler Ebene zu sichern.
Um diese Transformation erfolgreich zu gestalten, erarbeitete die Forschungsinstanz CSIRO (Commonwealth Scientific and Industrial Research Organisation), eine Körperschaft der australischen Regierung, gemeinsam mit 66 Stakeholdern aus Wissenschaft, Industrie und Politik eine detaillierte Strategie. Der 55-seitige Bericht, bereits 2023 veröffentlicht, zeigt konkrete Wege auf, wie tierversuchsfreie Modelle in der medizinischen Forschung etabliert werden können. Diese reichen von hochentwickelten Computermodellen bis hin zu dreidimensionalen Zellkulturen wie Organoiden und Organ-on-Chip-Technologien.
Der CSIRO-Bericht hebt vier Hauptbereiche hervor, in denen tierversuchsfreie Methoden besonders gut angewendet werden können:
- Komplexe In-vitro-Modelle für die Arzneimittelforschung wie den Einsatz von fortgeschrittenen Zellkulturen, um die Entdeckung neuer Medikamente zu beschleunigen.
- Organspezifische Modelle für die präklinische Entwicklung - Verwendung von Modellen, die spezifische menschliche Organe in Mini-Form (Organoide) nachbilden, um die präklinische Testung zu verbessern.
- Personalisierten Modelle: Anpassungen von Modellen an individuelle Patienten, um personalisierte Medizin zu fördern.
- Stärkung der inländischen Produktion von Komponenten, die für die tierversuchsfreien Methoden benötigt werden.
Laut Prognosen des Berichts könnte eine Industrie für tierversuchsfreie Methoden in Australien bis 2040 über 1,5 Milliarden AUD (ca. 860 Mio. Euro) an Einnahmen generieren und mehr als 5.000 Arbeitsplätze schaffen. Der Hauptantrieb ist hierbei weniger der Tierschutz, sondern vielmehr die Sorge, international den Anschluss zu verlieren.
Bereits 2024 wurden erste Maßnahmen umgesetzt, darunter die Gründung des Non-Animal Technology Network (NAT-NET) sowie die Annahme internationaler Richtlinien zur Förderung tierversuchsfreier Methoden.
Durch die Umsetzung dieser Strategie will Australien nicht nur seine Forschungslandschaft modernisieren, sondern auch wirtschaftliche Vorteile nutzen und eine Vorbildrolle in der globalen Bewegung hin zu ethischeren und effizienteren Forschungsmethoden einnehmen. Greg Williams, Leiter der Abteilung für Gesundheit und Biosicherheit bei CSIRO, fasst es treffend zusammen: „Es gibt so viel zu gewinnen!“.
Quellen
AFSA. Non-Animal Technologies in Australia: 2024 Breakthroughs and Progress. 23.01.2025