Affenpockenvirus kann das Gehirn schädigen
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Menschliche Gehirn-Organoide entschlüsseln Mechanismen
Forschende der Universität Bern und ihrer Partnerinstitutionen haben gezeigt, wie das Affenpockenvirus (MPXV) nicht nur Haut und innere Organe, sondern auch das menschliche Gehirn angreifen und schädigen kann. In der kürzlich in Nature Communications veröffentlichten Studie konnten sie mit modernen In-vitro Methoden nachweisen, dass MPXV direkt Nervenzellen befällt, sich von Zelle zu Zelle ausbreitet und neuronale Schäden verursacht.
Mpox, früher bekannt als Affenpocken, ist eine durch MPXV verursachte virale Infektionskrankheit, die ursprünglich in Teilen Afrikas vorkam, seit 2022 jedoch weltweit aufgetreten ist. Die Erkrankung äußert sich typischerweise mit Fieber, Muskelschmerzen, Lymphknotenschwellung und charakteristischen Hautausschlägen. Während die meisten Verläufe mild sind, können auch schwere Komplikationen auftreten. So kann Mpox auch das zentrale Nervensystem betreffen und zu neurologischen Symptomen führen. Trotz Fällen von tödlich verlaufender Enzephalitis (Gehirnentzündung) sind die Mechanismen, die akute neurologische Manifestationen auslösen, nur unzureichend untersucht. Dies liegt unter anderem an einem Mangel an geeigneten Modellen für die menschliche Infektion.
Zur Untersuchung der zugrundeliegenden Mechanismen nutzte das Forscherteam humane neurale Organoide, also Miniatur-Gehirnstrukturen, die im Labor aus menschlichen Stammzellen gezüchtet wurden. So konnte die Infektion in einem menschennahen System analysiert werden. Dabei fanden sie heraus, dass MPXV Nervenzellen und deren Vorläufer infizieren und sich entlang von Zellfortsätzen ausbreiten kann.
In der Studie wurde beobachtet, dass sich das Virus bevorzugt durch direkte Zell-zu-Zell-Kontakte verbreitet und dabei auch Mechanismen nutzt, die bisher für MPXV noch nicht bekannt waren. Auffällig war die Bildung sogenannter „neuritischer Perlen“, eine Schädigung der Nervenzellfortsätze, die auch bei neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer vorkommt. Diese Schädigung führt letztlich zum Absterben der betroffenen Zellen.
Zudem zeigt die Studie, dass die antivirale Substanz Tecovirimat die Virusvermehrung in den Hirnorganoiden deutlich reduzieren kann. Zwar konnte das Medikament neuronale Schäden nicht vollständig verhindern, doch die Viruslast sank erheblich. So stellt der Wirkstoff eine vielversprechende Möglichkeit für die Behandlung schwerer neurologischer Mpox-Verläufe dar.
Die Ergebnisse liefern wichtige Erkenntnisse über die potenzielle Neurovirulenz von MPXV – insbesondere vor dem Hintergrund der globalen Ausbreitung seit 2022. Sie unterstreichen aber auch, wie wichtig menschliche Gehirnmodelle sind, um neue Behandlungen gegen Virusinfektionen besser und sicherer zu testen.
Quelle
Schultz-Pernice I. et al. Monkeypox virus spreads from cell-to-cell and leads to neuronal death in human neural organoids, Nature Communications 2025; 16: 5376