Ärzteverein fordert Ausstieg aus dem Tierversuche
Aktionen zum Internationalen Tag zur Abschaffung der Tierversuche
Jedes Jahr müssen rund 2,8 Millionen Mäuse, Ratten, Kaninchen, Fische und andere Tiere allein in deutschen Laboren im Namen der Forschung leiden und sterben. Dabei stellen immer mehr wissenschaftliche Studien den Tierversuch als Methode in Frage. Auch in der Bevölkerung spricht sich laut einer repräsentativen Forsa-Umfrage eine Mehrheit von 52 % gegen Tierversuche aus. Zum Internationalen Tag zur Abschaffung der Tierversuche (24.4.) fordert der bundesweite Verein Ärzte gegen Tierversuche von der neuen Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner, einen Ausstiegsplan vorzulegen, wie ihn die Niederlande bereits haben. 69 % der bei der Erhebung Befragten sind für ein solches Konzept.
Eine große Mehrheit von 71 % ist zudem für ein Verbot zumindest der schlimmsten Tierversuche. So werden Ratten und Mäuse zur vorgeblichen Depressionsforschung so lange zum Schwimmen gezwungen, bis sie vor Erschöpfung und Verzweiflung aufgeben und aufhören zu schwimmen. Oder ihnen werden über den Käfigboden Elektroschocks verabreicht, denen sie nicht entkommen können, bis sie nicht mehr hochspringen und den Schmerz über sich ergehen lassen. Schon die Namen dieser Versuchsmethoden - „Verzweiflungstest“ und „Erlernte Hilflosigkeit“ - lassen erahnen, was die Tiere erleiden müssen. Nach den Vorgaben der EU-Tierversuchsrichtlinie könnten solche Praktiken verboten werden. „Deutschland hat jedoch bei der Umsetzung dieser Richtlinie in nationales Recht verfassungswidrigerweise ein Schlupfloch genutzt, um auch die schwerstbelastenden Tierversuche weiter zu erlauben“, erklärt Dr. med. vet. Corina Gericke, Vorstandsmitglied des Ärztevereins.
Der Verein Ärzte gegen Tierversuche kämpft zusammen mit seinen Kampagnen-Partnern TASSO e.V. und Bund gegen Missbrauch der Tiere e.V. dafür, dass zumindest diesen besonders leidvollen Versuchen ein Ende gesetzt wird. Fast 115.000 Tiere sind davon betroffen.
Der Ärzteverein kritisiert Tierversuche nicht nur aus ethischen Gründen, sondern vor allem auch wegen der fehlenden Übertragbarkeit der Ergebnisse auf den Menschen. Wissenschaftliche Studien bescheinigen Tierversuchen insbesondere in der Grundlagenforschung eine äußerst schlechte „Erfolgsquote“ von weit unter einem Prozent. „Das kann man doch nicht Wissenschaft nennen, die Zukunftsfähigkeit beansprucht!“, moniert Tierärztin Gericke. „So kann es nicht weitergehen! Wir brauchen eine klare Zielvorgabe der Politik, ein konkretes Ausstiegskonzept, wie es die Niederlande bereits vormachen.“ Unser Nachbarland will bis 2025 führend auf dem Gebiet der tierversuchsfreien Methoden werden und bis dahin zumindest Teilbereiche der Tierversuche abgeschafft haben. Der Verein nimmt Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner in die Verantwortung, hier Weichen für eine zukunftsfähige Forschung und Wissenschaft ohne Tierversuche zu stellen.
Mit einem Aktionstag am 28. April 2018 will der Verein seiner Forderung Nachdruck verleihen. In 21 Städten werden von den lokalen ÄgT-Arbeitsgruppen und befreundeten Vereine eindrucksvolle Aktionen wie der stille Protest „Silent Line“ organisiert.
In der Woche um den 24. April wird weltweit auf das Leid der Tiere in den Laboren aufmerksam gemacht. Der Gedenk- und Aktionstag wurde 1979 in Großbritannien ins Leben gerufen.
Quellen
Chalmers, Iain et al.: Research: increasing value, reducing waste 1: How to increase value and reduce waste when research priorities are set. The Lancet 2014: 383 (9912); 156–165
Greek, Rey, Andre Menache: Systematic Reviews of Animal Models: Methodology versus Epistemology. International Journal of Medical Sciences 2013: 10; 206-221
Lindl, Toni et al.: Tierversuche in der biomedizinischen Forschung. ALTEX 2005: 22; 143-151