Der Hype um Kollagenpulver und wie Tiere dafür leiden
Tierleid im Becher – das würde niemand wollen! Nun, wollen vielleicht nicht, aber wie vielen ist nicht bewusst, dass es sich bei den klassischen Kollagen-Pulvern um Schlachtabfälle handelt? Im Trend sind gerade Kollagen-Pulver, die in Getränke wie Kaffee gerührt werden, mit dem Ziel, dass davon Falten reduziert und die Haut gestrafft wird. Vor allem Glow Coffee ist ein großer Hype, die Wahrheit dahinter ist aber ziemlich unappetitlich: tote Rinder, Schweine oder Fische sowie erhebliches Leid von „Versuchs“tieren für fragwürdige Schönheits-Belege werden hinter schöner Verpackung, Marketing mit strahlender Haut und begeisterten Berichten von Influencern versteckt. Abgesehen vom Tierleid stellen sich weitere Fragen: wirkt es überhaupt gegen Falten und: gibt es Alternativen?
Was ist Kollagen?
Kurz gesagt: eine Gruppe von Proteinen, also Eiweißen, die bei Tieren und Menschen vorkommen. Von der Gesamtproteinmasse des menschlichen Körpers entfallen ca. 30 % auf Kollagene. Diese sind wichtig für den Aufbau von Knochen, Knorpel, Haut, Zähnen und Blutgefäßen und auch bei der Wundheilung, wobei es 28 verschiedene Kollagen-Varianten gibt (1). Für die Haut sind vor allem Kollagen Typ 1 (ca. 80 %) und 3 (ca. 20 %) wichtig.
Die Kollagenfasern bestehen aus einem Geflecht von Aminosäuren, den kleinsten Bausteinen der Proteine. Die sind miteinander geknüpft, wobei drei dieser Ketten eine Kollagenfaser bilden, wie eine Art Seil. Durch Quervernetzungen, auch mit anderen Molekülen, ergibt sich ein stabiles Gebilde.
Bei den meisten Kollagen-Pulvern handelt es sich um hydrolysiertes Kollagen, d.h. dieses wurde chemisch so verändert, dass es in Getränken löslich ist. Zudem ist es farb- und geschmacksneutral, was seine Verwendung so bequem macht. Aber wie appetitlich ist Kollagen wirklich?
Woraus besteht Kollagen-Pulver?
Wie oben schon erwähnt: Tiere und Menschen bestehen zum Teil aus Kollagenen, Pflanzen dagegen haben keine Kollagene. Folgerichtig werden Kollagen-Pulver daher aus Tieren hergestellt, genauer aus Schlachtabfällen. Somit wird Haut, Knorpel, Gelenke und Gewebe von Schweinen und Rindern benutzt, um daraus Kollagen zu gewinnen, welches aufgereinigt und hydrolysiert wird, sodass es als farbloses, geschmacksneutrales Pulver in hübsche Dosen verpackt und teilweise sehr teuer verkauft wird. Andere Firmen bieten sogenannte Beauty-Drinks an, die unter anderem Kollagen enthalten und ebenfalls für straffe Haut sorgen sollen. Manchmal wird auch Elastin zugesetzt, welches dem Kollagen ähnlich ist und für die Elastizität von Gewebe sorgt. Es ist ebenfalls tierischen Ursprungs.
Darüber hinaus gibt es noch marines Kollagen. Was sich erstmal nach Meer und Strandurlaub anhört, ist in der Realität weit davon entfernt: marines Kollagen wird aus Abfällen der Fischindustrie hergestellt, also z.B. Fischflossen und -haut.
Eine vegetarische Kollagen-Variante wurde mittels einem patentiertem Verfahren aus der Eierschalenmembran hergestellt (2) und findet sich in einigen Präparaten, die mit vegetarischem Kollagen werben. Frei von Tierleid ist aber auch diese Kollagenart nicht.
Wie geht’s anders?
Im Verkauf finden sich auch Produkte, die als „veganes Kollagen“ oder ähnliches bezeichnet werden. Pflanzen enthalten aber kein Kollagen – erstmal ein Widerspruch, aber beim genaueren Hinsehen ist es nicht mehr so unverständlich: Kollagene weisen einen besonders hohen Anteil der Aminosäuren Glycin und Prolin auf sowie weitere Aminosäuren wie Hydroxyprolin und Hydroxylysin (1). Diese Aminosäuren können biotechnologisch gewonnen werden – ohne, dass Tiere dafür leiden und sterben. Manche Firmen stellen also ein Gemisch aus verschiedenen Aminosäuren her, die in den Mengenverhältnissen idealerweise ungefähr dem von Kollagen entsprechen. Gute Idee, denn Proteine (und somit auch aufgenommenes Kollagen) werden im Darm in ihre kleinsten Bausteine, die Aminosäuren zerlegt. Diese werden dann dafür benutzt, um körpereigenes Kollagen aufzubauen.
Bei veganen Kollagen-Alternativen können die Aminosäuren dann direkt aufgenommen und verwertet werden – ohne den leidvollen Umweg über Schlachtabfälle.
Oft sind auch noch weitere Stoffe zugesetzt, die einen bereits belegten positiven Einfluss auf die Haut und/oder die Kollagenproduktion haben, wie Vitamin C, Zink oder Biotin.
Tierversuche für Kollagen?
Wie für leider alles gilt: Es gibt nichts, was nicht im Tierversuch getestet wurde. Somit wurden auch für Kollagenzubereitungen in der Vergangenheit jede Menge Tierversuche gemacht. Besonders perfide, da Kollagen als Lebensmittel schon lange auf dem Markt ist und daher die übliche Argumentation der Tierversuchsbefürworter, dass ja Tierversuche „vor allem“ für die angebliche Sicherheit der Menschen gemacht werden, ja nicht greift. Hier werden Tiere gequält, um die kosmetischen Vorzüge für Beauty-Produkte vermeindlich zu untermauern.
Viele dieser Studien benutzen Mäuse, die aufgrund einer Genmanipulation haarlos sind, sodass „bequem“ der Hautzustand untersucht werden kann. Manche extra für entsprechende Versuche genetisch veränderte Mäuse reagieren auch sehr empfindlich auf UV-Strahlung – dies wird sich zunutze gemacht, indem es die menschliche Hautalterung simulieren soll. Die Versuche laufen relativ ähnlich ab: Meist wird einmal täglich eine Kollagenzubereitung in verschiedenen Konzentrationen oder eine Placebo-Lösung per Schlundsonde über einen definierten Zeitraum verabreicht. In manchen Fällen werden die Mäuse zusätzlich täglich UV-Bestrahlung ausgesetzt. Der Hautzustand wird regelmäßig bestimmt. Am Ende jedoch steht der Tod.
Auf den ersten Blick finden viele der Experimente zu dem ästhetischen Einfluss von Kollagen auf die Haut in asiatischen Ländern statt (3–5). Doch Deutschland ist nicht frei davon: Das Collagen Research Institut (CRI) in Kiel ist ein Forschungsinstitut, welches sich auf Kollagene spezialisiert hat (6). Es werden viele Studien mit freiwilligen Probanden sowie Experimente mit Zellen durchgeführt – aber auch Tierversuche. Gar nicht so einfach, hierzu Informationen zu finden, denn offensichtlich sind die meisten Studien, die von dem Institut mit Tieren durchgeführt werden, nicht publiziert. Das kann vor allem daran liegen, dass Hersteller von (Kollagen-)Präparaten Studien in Auftrag geben, um ihr Produkt nach bestimmten Vorgaben im Tierversuch testen zu lassen. Fallen solche Studien unter eine Art Firmengeheimnis, unterliegen sie Ausnahmegenehmigungen, sodass die (Tierversuchs-) Ergebnisse nicht der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden müssen.
Generell scheint hier ein Deckmantel bewusst ausgebreitet zu werden, da keine Website des Instituts zu finden ist und die bei PubMed (einem weltweiten Verzeichnis für Fachpublikationen) eingetragenen Studien alle mit menschlichen Probanden und/oder Zellen durchgeführt wurden. Dass aber die unveröffentlichte Tierversuchsstudie von 2011 aus einem EFSA-Dokument (European Food Safety Authority, Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit) keine Ausnahme ist, lässt sich indirekt aus einem Interview aus 2021 mit dem Direktor des Instituts erschließen, in denen „[…] erste präklinische Studien […]“ erwähnt werden (7).
Bei dem Dokument der EFSA handelt es sich um einen Antrag zu einem Kollagen-Produkt einer deutschen Firma: Hier wird eine Tierversuchsstudie angeführt (8). Gruppen von Mäusen, die durch genetische Manipulation haarlos sind, werden vier Wochen das Kollagen-Präparat oder ein Placebo verabreicht. Der Verabreichungsweg ist nicht genauer beschrieben, i.d.R. wird dies aber mittels Schlundsonde durchgeführt. Zudem werden die Mäuse UV-Strahlung ausgesetzt, um eine Hautalterung zu simulieren. Am Ende werden verschiedene Parameter wie Hautfeuchtigkeit und Hautelastizität bestimmt.
In einer weiteren Studie, die sich allerdings auf ein Kollagen-Präparat in Bezug auf Gelenkerhalt bezieht, ist eine ebenfalls nicht publizierte Studie aufgeführt, die mit Mäusen, die zuchtbedingt zu Osteoarthritis neigen, durchgeführt wurde (9). Hier wurden die täglichen Verabreichungen sogar über einen recht langen Zeitraum durchgeführt, über vier Monate. In einer älteren Publikation, die frei zugänglich ist, wird Mäusen über eine Schlundsonde radioaktive Gelatine gegeben. Die Mäuse werden zu unterschiedlichen Zeitpunkten (3 bis 192 Stunden nach Gabe) getötet (10). Auch diese Studie wird in einem EFSA-Dokument erwähnt.
Während die Tierversuchslobby regelmäßig bemüht ist, zu betonen, dass Tierversuche angeblich nur durchgeführt werden, wenn es gar nicht anders geht, sind diese Studien weitere von zahlreichen Belegen, dass dem nicht so ist: Die Tierversuchsergebnisse wurden bei der EFSA eingereicht, weil eine Firma ihr Kollagenpräparat mit bestimmten Claims, also gesundheitsbezogenen Aussagen, versehen will, um damit Werbung zu machen und somit den Absatz zu steigern. Zudem werden bei den Anträgen vor allem Humanstudien und auch In-vitro-Studien eingereicht. Wie so oft auch in diesem Fall die Frage, warum etwas an Tieren getestet wird, wenn es um die menschliche Reaktion geht – und sowieso schon Humanstudien existieren. Zu allem Überfluss kommt noch hinzu, dass die EFSA nach Sichtung die Studien (und explizit auch die Tierversuchsstudien) als nicht geeignet ansieht, um einen Claim zuzulassen. Konkret heißt es, dass „[…] der Effekt des Kollagen-Hydrolysats auf die Gelenke des Mausmodells nicht einen Effekt auf die Gelenke bei Menschen vorhersagen [kann].“ (9)
Trotz der nicht nur in diesem Bereich bekannten prospektiven Nichtübertragbarkeit von Tierversuchsergebnissen auf den Menschen kann die EFSA in bestimmten Fällen Tierversuche verlangen, wenn sie der Meinung ist, dass die von den Firmen eingereichten Daten für die Bestimmung der Sicherheit eines Produkts oder einer Substanz nicht ausreichen. Und: Selbst Produkte, die als vegan konzipiert und ausgelobt sind, sind nicht vor behördlichen Aufforderungen, diese an Tieren zu testen, gefeit. Hier kann eine Nachfrage beim Hersteller Licht ins Dunkle bringen, allerdings sind Rückmeldungen oft so formuliert, dass beim Verbraucher der Eindruck entsteht, dass gar keine Tierversuche gemacht wurden.
Behördlich nachgeforderte Tierversuche sind nicht nur bei Lebensmitteln ein Problem, sondern insbesondere auch in der Kosmetik – ein Bereich, in dem Tierversuche eigentlich seit 2013 verboten sind. Dass diese EU-Gesetzgebung ständig hintergangen wird, mündete 2021 in einer Europäischen Bürgerinitiative, die verlangte, dass Kosmetik endlich vollständig tierversuchsfrei sein muss (11).
Bringt es, was es verspricht?
Kollagen sorgt für die Festigkeit des Gewebes und wird im Laufe des Lebens immer weiter abgebaut. Das macht sich bemerkbar durch schlaffere Haut und Falten – dem soll entgegengewirkt werden, indem der Stoff, der abgebaut wird, dem Körper extern zugeführt wird. Einfache Überlegung: Das, was zu wenig da ist, wird aufgefüllt. Ganz so einfach ist es aber nicht – auch wenn manche auf die Einnahme schwören.
Die Werbeaussagen der Anbieter sind mal mehr, mal weniger sensationell aufbereitet, aber natürlich immer enorm positiv, sodass viele Menschen zumindest über den Kauf nachdenken: Es werden weniger Falten, eine erhöhte Hautelastizität, eine strahlendere Haut (für den „glow“), Straffung und allgemeine Anti-Aging-Wirkung versprochen.
Beim Blick in Fachpublikationen mit freiwilligen Probanden zeigen sich einige positive Fazits: In einer doppelt verblindeten, placebo-kontrollierten Studie von 2013 wurde eine Verbesserung der Hautelastizität sowie der Hautfeuchtigkeit festgestellt (12). Eine weitere Studie zeigte zudem positive Auswirkungen auf Faltenreduktion und Hautstoffwechsel (13). Auch ein Review aus 2019 fasst zusammen, dass eine positive Auswirkung durchaus zu erwarten ist (14), betont aber auch, dass noch lange keine abschließende Beurteilung möglich ist und ist somit durchaus verhalten.
Auch ein neuere Analyse aus 2022, die verschiedene Publikationen zu diesem Thema bewertete, urteilt, dass einige Human-Studien zwar auf eine Verbesserung der Hautelastizität und Hautfeuchte deuten, die Werbeaussagen aber deutlich die wissenschaftlichen Belege übertreiben (15). Zudem wären die Teilnehmerzahl zu gering und die eingesetzten Kollagenzubereitungen zu unterschiedlich, um eine tatsächliche Bewertung abzugeben.
So sehen es auch Experten aus der Dermatologie: Die Studien unterscheiden sich sehr voneinander, was die Vergleichbarkeit erschwert und damit allgemeine Empfehlungen nicht ermöglicht. Sowohl die Laufzeit der Studien, die eingesetzten Kollagen-Zubereitungen als auch die Messmethoden werden kritisch gesehen (16).
Des Weiteren ist fraglich, inwiefern diese Veränderungen, die mit spezialisierten, hochauflösenden Technologien nachgewiesen werden, auch mit dem bloßen Auge wahrgenommen werden können.
Zudem: Viele Studien sind von den Herstellern beauftragt worden – dass hier eine völlige Neutralität und Objektivität gegeben ist, darf durchaus infrage gestellt werden. Schließlich ist es ein lukratives Geschäft: In den USA wird für den Kollagen-Markt ein Umsatzvolumen von 6,6 Milliarden US-Dollar im Jahr 2025 prophezeit (14). Die Kollagenzubereitungen sind von den Rohstoffen her sehr billig, werden aber teuer verkauft – eine Tagesportion kann bis zu 3,95 Euro kosten (17). Für dauerhafte Effekte empfehlen die Hersteller eine dauerhafte Einnahme - da kommt ordentlich Geld zusammen. Daher ist das Interesse hoch, dass die Messergebnisse marketinggerecht kommuniziert werden können und damit dann der Verkauf des Produkts steigt.
Stiftung Warentest hat eine Reihe dieser angeblichen Wundermittel genauer unter die Lupe genommen (17) und testete Beauty-Drinks mit Kollagen und Hyaluron. Das sehr eindeutige Urteil: „Der Nutzen […] ist nicht belegt.“
Da sehr vollmundigen Aussagen getroffen werden, wurden produktspezifische Studien angefordert – jedoch konnte kein einziger Hersteller welche nachweisen. Das lässt an der Wirksamkeit zweifeln, denn wenn die Produkte wirklich so fantastisch wirken würden wie behauptet, wäre die Finanzierung einer Studie ja ein geringes Übel. Die Hersteller tricksen zudem gerne: durch den Zusatz von verschiedenen Vitaminen und Spurenelementen, für die es eine Reihe erlaubter Claims gibt, können sie Aussagen wie „Trägt zur Erhaltung normaler Haut bei“ (Biotin) oder „Vitamin E trägt dazu bei, die Zellen vor oxidativem Stress zu schützen“ auf ihre Verpackung drucken, wenn sie diese Stoffe zusetzen (18). Das hat dann mit dem Kollagen nichts zu tun, erweckt aber beim Verbraucher den Eindruck, dass das Kollagen dafür verantwortlich ist. Regelmäßig urteilen Gerichte, dass viele in Bezug auf Kollagen getätigte Werbeaussagen unzulässig sind – auf vielen Verpackungen prangern jedoch weiterhin Aussagen, die vor Gericht keinen Bestand hätten.
Auch die EFSA (Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit) erkennt diese Werbeaussagen ebenfalls nicht an, da sie die wissenschaftlichen Beweise als mangelhaft einstuft (19).
Was kann man für schöne Haut tun?
Es gibt eine ganze Reihe von Faktoren, die den Zustand unserer Haut beeinflussen und die Haut schneller altern lassen können. Hier hilft nicht einfach „das eine“ Produkt und alles ist glowy und straff. Und: Wenn die Basis nicht stimmt, kann ein Pulver, auch wenn es vegan ist, nicht viel helfen.
UV-Strahlung ist die Nummer eins der Hautalterung. Vernünftiger Sonnenschutz, vor allem an exponierten Stellen wie dem Gesicht, ist Pflicht – nicht nur, weil Sonne die Haut schneller altern lässt, sondern weil UV-Strahlung Hautkrebs begünstigt. Zwei gute Gründe also fürs Cremen. Wenn man dann noch drauf achtet, dass das Produkt vegan und cruelty free ist, hat man sogar drei gute Gründe 😊
Hautpflege mit Produkten, die aus natürlichen, pflanzlichen Rohstoffen bestehen, können den Hautzustand positiv beeinflussen. Inzwischen gibt es eine riesige Auswahl an cruelty free Kosmetik.
Übrigens: Auch Kosmetikprodukte können Kollagen enthalten – oft wird dies auch stolz ausgelobt. Hier gilt das gleiche wie bei den Pulvern zum Einnehmen: Die Basis sind Schlachtabfälle. Es gibt zudem marines Kollagen, welches aus Quallen gewonnen wird.
Die gute Nachricht ist aber, dass immer mehr Firmen auf „veganes Kollagen“ setzen. Auch hier werden die Haupt-Aminosäuren des Kollagens eingesetzt. Garantiert frei von Tierleid ist aber selbst vegane Kosmetik nicht, denn deren Inhaltsstoffe können an Tieren getestet worden sein. Hier muss genau hingeschaut werden.
Kosmetik ohne Tierversuche
Für mehr Wissen geht’s hier zum Artikel Kosmetik ohne Tierversuche.
Eine ausgewogene, vielfältige und pflanzenbetonte Ernährung mit viel frischem Obst und Gemüse sowie Hülsenfrüchten und Nüssen sorgt für eine optimale Versorgung mit allen Nährstoffen – auch die, die für schöne Haut, Haare und Nägel wichtig sind. Der Körper baut Kollagen selber auf, wenn also auf eine ausreichende Versorgung mit den Bausteinen, sprich Aminosäuren bzw. Proteinen, geachtet wird, kann gar kein Defizit entstehen und die Haut ist optimal versorgt. Vitamin C und weitere Faktoren spielen wichtige Rollen bei der Kollagensynthese. Und nicht vergessen: ausreichend Trinken! Am besten stilles Wasser.
Auch der Lebensstil entscheidet, ob die Haut strahlt oder eher müde vor sich hinwelkt. Wer Zigaretten und Alkohol konsumiert und sich wenig bewegt, riskiert nicht nur verschiedenste Zivilisationskrankheiten und Abhängigkeiten, sondern auch ein ungesundes, fahles und schneller alterndes Erscheinungsbild. Nikotin verringert den Sauerstoffgehalt im Blut und verschlechtert die Durchblutung. Alkohol ist ein Zellgift und (zu viel) Sitzen ist das neue Rauchen, wie manche Ärzte bereits halb scherzhaft sagen. Also, nicht nur der Haut, sondern dem ganzen Körper und der allgemeinen Lebensqualität zuliebe: Nicht rauchen, wenig bzw. am besten gar keinen Alkohol trinken und Sport sind hier wichtige Bausteine. Und last but not least: Ein ausreichender, erholsamer Schlaf ist ebenfalls entscheidend. Das weiß jeder, der schon mal nach einer durchwachten Nacht morgens etwas länger gebraucht hat, um sich zu entfalten.
Und unterm Strich?
Eindeutig ist die Lage nicht – wie so oft. Kollagenprodukte sind sehr unterschiedlich: Neben den reinen Pulvern gibt es noch verschiedene Darreichungsformen wie Ampullen und Drinks. Hier ist nicht nur das Tierleid zu beachten, sondern auch etwaige Zusatzstoffe: Viele Drinks haben eine lange Zutatenliste und manche dieser Stoffe sind nicht unbedingt von Vorteil für den Körper – zumal die Präparate laut Herstellern für den Dauergebrauch gedacht sind.
Die Berichte von Influencern und Verbrauchern sind oft zu schön, um wahr zu sein – hier muss allerdings beachtet werden, dass es sich um individuelle und rein subjektive Bewertungen handelt, die nicht unabhängig geprüft oder gemessen werden. Oft handelt es sich auch um eine „bezahlte Werbepartnerschaft“, sprich: Die Firmen zahlen den Influencern teilweise viel Geld, damit diese das Produkt anpreisen.
Wissenschaftliche Studien versuchen dagegen, objektive, messbare Daten des Hautzustands nach Kollagen-Einnahme zu erhalten. Einige Studien zeigen auch positive Effekte, allerdings bewerten Verbraucherzentralen, einige Dermatologen und auch die EU die wissenschaftlichen Belege als überwiegend mangelhaft.
Statt teuren Kollagendrinks sollte man das Geld lieber in frisches Obst, Gemüse und pflanzliche Proteinquellen investieren sowie vernünftigen Sonnenschutz. Ein darüber hinaus gesunder Lebenswandel mit Bewegung, Nikotin- und Alkoholverzicht sorgt für eine gute Durchblutung und damit gute Versorgung des Körpers, sodass dieser mit den zugeführten Nährstoffen den körpereigenen Kollagenaufbau durchführen kann.
Wenn man aber solche Zusätze eigentlich nicht braucht, stellt sich trotzdem natürlich die Frage, wie es kommt, dass viele Menschen so sehr auf Kollagen schwören. Zum einen kann es sein, dass einige Menschen an einer Unterversorgung von bestimmten Aminosäuren leiden. Wird dieser Mangel ausgeglichen, kann es in einigen Fällen dazu kommen, dass sich der Hautzustand tatsächlich etwas verbessert.
Auch der Placebo-Effekt kann eine Rolle spielen: Allein der Glaube daran, dass der Hautzustand sich zum Positiven verändern wird, lässt die Personen eine subjektive (und vielleicht auch objektive) Verbesserung erkennen. Zudem verhalten sich Personen auch unterbewusst oft so, dass sie durch ein leicht geändertes Verhalten zu einer Verbesserung des Zustands beitragen – dies aber auf das Produkt zurückführen, was sie teuer erworben haben.
Fazit
Belegt ist die Wirksamkeit von Kollagen und die Kollagenbildung anregenden Produkte nicht. Belegt dagegen ist, dass die die Aufnahme von bestimmten Nährstoffen, ein gesunder Lebensstil und Sonnenschutz den Hautzustand positiv beeinflussen können und dies auch völlig ausreichend ist, um die Haut optimal zu versorgen. Wer trotzdem mit solchen Präparaten ergänzen möchte, kann es mal ausprobieren – aber bitte darauf achten, dass diese ohne unnötige Zusatzstoffe auskommen und frei von Tierleid sind.
17.04.2024
Dipl.-Biol. Julia Radzwill
Quellen
- DocCheck Flexikon: Kollagen.
- Eggnovo S.L. Ovoderm: Skin supplements
- Cao C. et al. Oral Intake of Chicken Bone Collagen Peptides Anti-Skin Aging in Mice by Regulating Collagen Degradation and Synthesis, Inhibiting Inflammation and Activating Lysosomes. Nutrients 2022; 14(8):1622
- Hwang S.B. et al. Hair-Growth-Promoting Effects of the Fish Collagen Peptide in Human Dermal Papilla Cells and C57BL/6 Mice Modulating Wnt/β-Catenin and BMP Signaling Pathways. International Journal of Molecular Sciences 2022; 23(19):11904
- Shibuya S. et al. Collagen peptide and vitamin C additively attenuate age-related skin atrophy in Sod1-deficient mice. Bioscience, Biotechnology, and Biochemistry 2014; 78(7):1212–1220
- North Data GmbH. CRI Collagen Research Institute GmbH, Kiel
- Gelita. GELITA entwickelt Kollagenpeptide für Immungesundheit, 5.8.2021 (abgerufen am 12.04.2024)
- EFSA Panel on Dietetic Products, Nutrition and Allergies (NDA). Scientific Opinion on the substantiation of a health claim related to VeriSol®P and a change in skin elasticity leading to an improvement in skin function pursuant to Article 13(5) of Regulation (EC) No 1924/2006. EFSA Journal 2013; 11(6):3257
- EFSA Panel on Dietetic Products, Nutrition and Allergies (NDA). Scientific Opinion on the substantiation of a health claim related to collagen hydrolysate and maintenance of joints pursuant to Article 13(5) of Regulation (EC) No 1924/2006. EFSA Journal 2011; 9(7):2291
- Oesser S. et al. Oral Administration of 14C Labeled Gelatin Hydrolysate Leads to an Accumulation of Radioactivity in Cartilage of Mice (C57/BL). The Journal of Nutrition 1999; 129(10):1891–1895
- Ärzte gegen Tierversuche e.V. Europäische Bürgerinitiative „Save Cruelty Free Cosmetics“, 31.8.2021 (abgerufen am 12.04.2024)
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- Rustad A.M. et al. Myths and media in oral collagen supplementation for the skin, nails, and hair: A review. Journal of Cosmetic Dermatology 2022; 21(2):438–443
- ZDFheute Kollagen-Pulver: Was ist dran an Wirkung für die Haut?, 9.1.2023 (abgerufen am 12.04.2024)
- Stiftung Warentest Hyaluron und Kollagen Drinks im Test, 19.10.2022 (abgerufen am 12.04.2024)
- EU-Kommission EU-Verordnung Nr. 432/2012 zu gesundheitsbezogenen Angaben über Lebensmittel
- Verbraucherzentrale Klartext Nahrungsergänzung: Kollagendrinks für die Schönheit – Beauty aus der Büchse?, 3.7.2023