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Das Kuratorium des Institute of Science and Technology Austria (I.S.T. Austria) in Klosterneuburg bei Wien hat den umstrittenen Hirnforscher Prof. Tobias Bonhoeffer eingeladen, als erster Präsident von I.S.T. Austria, das Spitzenforschungsinstitut für Grundlagenforschung in Österreich aufzubauen.

Bonhoeffer war jahrelang Leiter des Max-Planck-Instituts für Neurobiologie in Martinsried bei München. Seit mindestens 1996 führte er mehr oder weniger gleich geartete Tierversuche an Katzen, Frettchen und Mäusen durch. Die Experimente sind ethisch nicht zu rechtfertigen und wissenschaftlich unsinnig. 

Ethisch nicht zu rechtfertigen

Operationen, bei denen den Tieren zum Beispiel Löcher in den Schädel gebohrt werden, um das Hirngewebe zu filmen, werden zwar in Narkose durchgeführt, davor und danach müssen die Tiere allerdings die Manipulationen bei vollem Bewusstsein erleiden. So wurden Katzen mehrfach verwendet, denen ein Metallzylinder über einem Bohrloch im Schädel zementiert wurde. Teilweise wurden Katzen Augenmuskeln durchtrennt, um bei ihnen Schielen hervorzurufen. Andere Kätzchen wurden in vollständiger Dunkelheit aufgezogen. Katzen und Mäusen wurde jeweils ein Auge zugenäht. Am Ende der Stellungnahme befinden sich Versuchsbeschreibungen, die den Veröffentlichungen von Bonhoeffer entnommen wurden.

Dass die Versuche von der zuständigen Genehmigungsbehörde genehmigt wurden, sagt nichts über die ethische Vertretbarkeit aus. Zwar sind auch Vertreter von Tierschutzverbänden in der beratenden Kommission, diese sind jedoch immer in der Minderheit. Die Mehrheit der Kommissionsmitglieder stammt aus einem tierexperimentellen Umfeld. Eine objektive Beurteilung kann von diesem Personenkreis nicht erwartet werden. Selbst bei einem ablehnenden Votum der Kommission muss sich die Genehmigungsbehörde nicht daran halten. Genehmigungsanträge werden nur sehr selten abgelehnt, weil die Behörden langwierige Gerichtsprozesse fürchten. Im Gegensatz zur Tierschutzseite können Experimentatoren nämlich gegen einen ablehnenden Bescheid klagen. Letztendlich stellt die Genehmigungspraxis in Deutschland nur eine bürokratische Hürde dar, die nicht geeignet ist, selbst qualvollste und sinnloseste Tierversuche zu verhindern.

Wissenschaftlich unsinnig

Ziel der Tierversuche von Bonhoeffer ist die Erforschung der Funktionen des Nervensystems und die Kartierung des (Katzen-, Mäuse- und Frettchen-) Gehirns. Dabei handelt es sich um reine Grundlagenforschung ohne jeglichen klinischen Bezug und ohne praktische Anwendung. Es geht dabei nicht um die Entwicklung von Medikamenten oder neue Therapieansätze, sondern ausschließlich um die Befriedigung wissenschaftlicher Neugier, um wissenschaftliches Renommee durch Veröffentlichungen in Fachzeitschriften und um das Einstreichen von Forschungsgeldern.

Behauptungen, die Tierversuche dienten der Erforschung der Ursachen von neurologischen Erkrankungen wie Multipler Sklerose, Epilepsie oder Querschnittslähmung, sind nur vorgeschoben. Tatsächlich sagen Versuche an Katzen, Frettchen und Mäusen nur etwas über die Vorgänge im Gehirn bei diesen Tierarten aus.

Tierversuchsergebnisse auf die Situation beim Menschen zu übertragen ist unwissenschaftlich, ja fahrlässig. Natürlich gibt es auch Ähnlichkeiten zwischen Mensch und Tier. Aber Ähnlichkeiten sind für eine verlässliche Aussage nicht genug. Sogar einzelne Menschen reagieren unterschiedlich auf Umweltsituationen, auf Behandlungsmethoden oder Medikamente. Die Tendenz geht heute zu einer personalisierten Medizin, die Alter, Geschlecht, ethnische Zugehörigkeit und individuelle Merkmale berücksichtigt. Die heutige Medizin entwickelt sich zu einer exakten Wissenschaft, in der bloße Ähnlichkeiten nicht ausreichend sind.

Mögliche abstrakte Erkenntnisse dürfen keine Rechtfertigung dafür sein, Tieren Leiden und Schäden zuzufügen.

Exzellenzforschung heißt Wissenschaft ohne Tierversuche

Es steht zu befürchten, dass jemand, dessen wissenschaftliche Laufbahn auf Tierexperimenten basiert, diese auch in einer neuen Position weiterführen und bei der Anwerbung von Wissenschaftlern dem tierexperimentellen Bereich den Vorzug geben wird. Dies wäre ganz klar der falsche Weg.

Das I.S.T.A. bescheinigt sich selbst Grundlagenforschung »höchster Qualität« auf »Forschungsgebieten, in denen es weltweit eine führende Rolle übernehmen kann«.  (https://ista.ac.at/home, 23.06.2008)

Aus wissenschaftlicher, wirtschaftlicher und ethischer Sicht gibt es gute Gründe hier Weichen zu setzen. Die tierexperimentell ausgerichtete Wissenschaft ist ein Auslaufmodell. Sie ist geprägt von unendlichem Tierleid und einer unzuverlässigen Aussagekraft für den Menschen. Die Zukunft gehört der modernen, innovativen Forschung ohne Tierversuche. Sinnvolle Erkenntnisse im Bereich der neurologischen Forschung lassen sich beispielsweise mit Hilfe moderner bildgebender Verfahren bei Probanden und Patienten gewinnen. Auch mit Zellkulturen und komplexen Computermodellen können wertvolle Ergebnisse erzielt werden.

Das I.S.T.A. könnte auf dem Gebiet von leistungsfähigen, ethisch unbedenklichen Forschungsmethoden in der Welt eine Spitzenfunktion anstreben und Österreich als Forschungsstandort für dieses zukunftsträchtige, aber bislang noch unterrepräsentierte Feld attraktiv machen.

Beispiele für Tierversuche, an denen Prof. Tobias Bonhoeffer beteiligt war

Dokument 1

Versuchsbeschreibung:
Wenige Wochen alte Kätzchen werden anästhesiert, ihr Kopf wird durch eine stereotaktische Halteapparatur fixiert. Für die Messungen wird die Kopfhaut eingeschnitten, zurückgeklappt und der Schädelknochen zirkulär (12 mm) aufgefräst. Eine Kammer aus Titan wird mit Zahnzement auf dem Schädel befestigt, mit Silikonöl gefüllt und mit einer Folie abgedichtet. Die Tiere werden mit Kontaktlinsen versehen, um die Augen auf einen Monitor zu fokussieren, auf dem visuelle Stimuli dargeboten werden. Dabei wird die Hirnrinde mit Licht einer definierten Wellenlänge beleuchtet und mit Messgeräten untersucht. Die Kammer auf der freigelegten Hirnrinde wird wieder mit Silikonöl gefüllt und mit einer Folie abgedeckt. Nach dem Erwachen aus der Narkose werden die Kätzchen zu ihren Muttertieren und Geschwistern gesetzt. Nach dem letzten von bis zu fünf Experimenten werden die Tiere durch ein Gift getötet.

Bei sieben Kätzchen wird 21 bzw. 29 Tage nach Geburt - anschließend an die ersten Versuche - ein bestimmter Augenmuskel durchgeschnitten, um ein Auswärtsschielen des linken Auges hervorzurufen. Bei fünf Kätzchen wird kurz nach der Geburt ein Augenlid zugenäht, dann werden im Alter von wenigen Wochen die obigen Experimente durchgeführt. Anschließend wird das vernähte Auge geöffnet und das andere Auge zugenäht.

Vier neugeborene Kätzchen werden zusammen mit ihren Müttern in einer Dunkelkammer aufgezogen. Auch bei diesen Tieren wird ein Auge zugenäht. Die Kätzchen werden mehrere Stunden pro Tag in einen Glaszylinder (65 cm Durchmesser, 2 m Höhe) gebracht, der gleichmäßig mit schwarz-weißen Streifen bemalt ist. Nachdem die Tiere insgesamt 70-100 Stunden Licht ausgesetzt wurden, wird das vernähte Auge geöffnet und das andere Auge zugenäht. Anschließend werden die Tiere wieder zwei Wochen lang über mehrere Stunden am Tag in den Streifenzylinder gesetzt, bevor die oben erwähnten Messungen und Experimente durchgeführt werden.

Hintergrund: Untersuchung der Faktoren, welche die Entwicklung der Sehfähigkeit beeinflussen

Tiere: 16 Katzen (16-29 Tage alt)

Titel: Intrinsic and environmental factors in the development of functional maps in cat visual cortex

Autoren: Frank Sengpiel (1)* , Imke Gödecke (1) , Petra Strawinski (1) , Mark Hübener (1) , Siegrid Löwel (2,3) , Tobias Bonhoeffer (1)

Institute: (1)* Max-Planck-Institut für Neurobiologie, 82152 München-Martinsried, (2) Max-Planck-Institut für Hirnforschung, Frankfurt, (3) Leibniz-Institut für Neurobiologie, Magdeburg

Zeitschrift: Neuropharmacology 1998: 37; 607-621

Dokument 2

Versuchsbeschreibung:

Vom Zeitpunkt der Geburt an werden kleine Kätzchen und ihre Mütter in einem dunklen Raum gehalten. Nach etwa zwei Wochen werden die Kätzchen in einen Zylinder (2 m hoch, 65 cm im Durchmesser) gesetzt, der innen mit weißen und schwarzen Streifen versehen ist. Die Tiere verbringen drei bis vier Stunden am Tag in dem Zylinder, die restliche Zeit in dem dunklen Raum ohne Licht. Zwei der Kätzchen müssen in den Zylindern brillenartige Gebilde tragen. Die eigentlichen Experimente beginnen im Alter von 37 bis 54 Tagen, wenn die Kätzchen insgesamt zwischen 75 und 120 Stunden in dem Zylinder verbracht haben.

Den Kätzchen werden unter Narkose verschiedene Lichtreize präsentiert. Die Schädeldecke wird geöffnet und die Oberfläche des Gehirns freigelegt. Auf die freigelegte Stelle wird eine Kamera gerichtet. Bei einem Tier werden 18 Messelektroden ins Gehirn eingebracht und die Nervenzellaktivität gemessen. Das weitere Schicksal der Tiere wird nicht beschrieben. Sie werden offensichtlich am Ende der Experimente getötet. Weitere 7 Kätzchen werden zur Kontrolle ohne die oben beschriebene Aufzucht im Dunkeln für entsprechende Experimente eingesetzt.

Hintergrund: Untersuchung von Nervenzellen in der Hirnrinde von jungen Kätzchen, die nur der Dunkelheit und einem Streifenmuster als optischem Reiz ausgesetzt waren.

Tiere: 13 junge Katzen (sowie deren Katzenmütter)

Titel: Influence of experience on orientation maps in cat visual cortex

Autoren: Frank Sengpiel*, Petra Stawinski, Tobias Bonhoeffer

Institut: Max-Planck-Institut für Neurobiologie, 82152 München-Martinsried

Quelle: Nature Neuroscience 1999: 8, 727-732

Dokument 3

Versuchsbeschreibung:
Der Schädel der Frettchen wird über der Sehrinde eröffnet und mit Agar und einem Glasplättchen abgedeckt. Vor den Augen der Tiere laufen auf einem Monitor visuelle Reize ab, gleichzeitig werden Messungen am Gehirn vorgenommen. Die Schädeldecke wird wieder verschlossen und die Tiere erwachen aus der Narkose.

Tiere: 11 Frettchen

Titel: Overrepresentation of horizontal and vertical orientation preferences in developing ferret area 17

Autoren: Barbara Chapman*, Tobias Bonhoeffer

Institut: Max-Planck-Institut für Neurobiologie, Martinsried

Quelle: Proceedings of the National Academy of Science of the USA 1998: 95, 2609-2614

Dokument 4

Versuchsbeschreibung:
Den Mäusen wird entweder als Jungtieren oder als erwachsenen Tieren für 3 bis 10 Tage ein Auge zugenäht. Nach Öffnung des Auges wird der Kopf der Tiere unter Narkose in einem stereotaktischen Apparat fixiert. Die Kopfhaut wird aufgeschnitten. Über dem Schädel wird eine spezielle Kamera angebracht, mit der Veränderungen im Gehirn beobachtet werden, während vor den Augen der Tiere auf einem Monitor Muster ablaufen. Nach dem Experiment wird die Kopfhaut wieder vernäht, die Tiere werden offensichtlich mehrfach verwendet. Bei anderen Mäusen werden Elektroden in die Hirnrinde eingeführt. Es werden Hirnströme gemessen, während vor den Augen Lichtblitze präsentiert werden.

Hintergrund: Veränderungen im Gehirn nachdem die Augen zugenäht wurden.

Tiere: Mäuse (unbekannte Anzahl)

Titel: Prior experience enhances plasticity in adult visual cortex

Autoren: Sonja B. Hofer, Thomas D. Mrsic-Flogel, Tobias Bonhoeffer, Mark Hübener

Institut: Max-Planck-Institut für Neurobiologie, 82152 Martinsried

Quelle: nature neuroscience 2006, 9(1) 127- 132

23.06.2008
Dr. med. vet. Corina Gericke