Sprache auswählen

To Homepage

Rattenbabys wurden unmittelbar vor der Geburt ertränkt. Hielt man sie 22 Minuten unter Wasser, starben alle, bei 21 Minuten 90% von ihnen. Schließlich wurde für die eigentlichen Versuche eine Zeit von 20 Minuten gewählt, weil so eine genügend große Anzahl von Tieren überlebte. Im Alter von zwei Jahren wurden die überlebenden Tiere Verhaltenstests unterzogen und anschließend getötet. In einem anderen Versuch wurden die Ratten im Alter von zwei Jahren getötet, um ihre Gehirne zu untersuchen.

Diese an der Universität Wien durchgeführten und von der Firma Red Bull finanziell unterstützten Tierversuche sind nicht nur besonders grausam, sie sind auch vollkommen unsinnig.

Im so genannten »Tiermodell« soll ein Atemstillstand unter der Geburt und dessen Folgen bedingt durch Sauerstoffmangel nachgeahmt werden. Doch die Ursachen der »perinatalen Asphyxie« beim Menschen sind vielfältig und vor allem ganz anders als im Tierversuch. Auch sind die Folgen längst bekannt.

Die Umstellung der Atemfunktion des neugeborenen Menschen verläuft während der Geburt normalerweise problemlos. Bedingt durch verschiedene Einflüsse und Risikofaktoren kann es zu Komplikationen kommen. Die Ursachen sind zum Beispiel: Plazentaablösung, Blutungen in der Schwangerschaft, Diabetes mellitus, Medikamenteneinnahme der Mutter (Alkohol, Anästhetika, Magnesium, Opioide), Wachstumsverzögerungen des Kindes, Frühgeburt, Mehrling, Nabelschnurprobleme, Zangengeburt, verlängerte Geburt, verlängerte Anästhesie u.a.. Die Beeinträchtigung der Sauerstoffversorgung des Gehirns und anderer Organe kann zu bleibenden Schäden führen. Schon 1853 beobachtete der Londoner Arzt John Snow (1813-1858), dass die Verwendung von Äther unter der Geburt das Kind schädigen kann. Auch neurologische und psychiatrische Langzeitschäden als Folge sind bekannt.

Um zu weiteren Erkenntnissen auf diesem Gebiet zu gelangen, wären Studien mit betroffenen Patienten sinnvoll, nicht aber mit halb ertränkten Ratten. Diese Tiere sind in vielfältiger Hinsicht widerstandsfähiger als Menschen. Wohl kaum ein Kind würde einen Sauerstoffmangel von 20 Minuten überleben. Ratten haben einen viel höheren Stoffwechsel als Menschen, sie haben einen schnelleren Puls, höhere Atemfrequenz und eine kürzere Lebensspanne. Außerdem sind die Ursachen für den Sauerstoffmangel bei der perinatalen Asphyxie des Menschen, wie erwähnt, ganz andere. Die Ergebnisse aus solchen Tierversuchen können also nicht auf den Menschen übertragen werden, die gewonnenen Erkenntnisse sind wertlos.

Versuchsbeschreibungen und Quellen

Versuch 1

Trächtige Ratten werden kurz vor der Niederkunft durch Genickbruch getötet. Die Gebärmutter wird herausgenommen. Bei einigen Tieren werden die Rattenjungen sofort aus der Gebärmutter herausgenommen und zur Aufzucht zu »Leihmüttern« gesetzt. Bei anderen Ratten soll eine mangelnde Sauerstoffversorgung unter der Geburt simuliert werden. Dazu wird die Gebärmutter mit den Jungen darin 20 Minuten lang unter Wasser gedrückt. Anschließend werden die Jungen herausgenommen und wiederbelebt. Auch sie werden von »Leihmüttern« aufgezogen. In vorhergehenden Versuchen wurde dieses »Modell« etabliert. Dabei stellte sich heraus, dass die Tiere mit Sauerstoffmangel einen lebenslangen Schaden davon tragen. Sie leiden an Bewusstseinstrübung und Verhaltensstörungen. In dieser Arbeit geht es nicht um die Symptome der Tiere, sondern um Veränderungen im Gehirn. Die Ratten werden im Alter von 24 Monaten durch Genickbruch getötet. Ihre Gehirne werden untersucht. Die Arbeit wurde durch die Firma Red Bull(!!), Salzburg, Österreich »großzügig« finanziell unterstützt!

Titel: Life-long effects of perinatal asphyxia on stress-induced proteins and dynamin 1 in rat brain

Autoren: Erwin Kitzmüller (1), Kurt Krapfenbauer (2), Harald Hoeger (3), Rachel Weitzdoerfer (1), Gert Lubec (4), Barbara Lubec (1)

Institute: (1) Kinderklinik, Abteilung für Neonatologie, Universität Wien, 1090 Wien, Österreich, (2) F. Hoffmann-La Roche, Basel, Schweiz, (3) Institut für Labortiergenetik, Universität Wien, (4) Kinderklinik, Abteilung für Grundlagenforschung, Universität Wien

Quelle: Neurochemical Research 2004: 29(9), 1767-1777

Versuch 2

Trächtige Ratten werden kurz vor der Niederkunft durch Genickbruch getötet. Die Gebärmutter wird herausgenommen. Bei einigen Tieren werden die Rattenjungen sofort aus der Gebärmutter herausgenommen und zur Aufzucht zu »Leihmüttern« gesetzt. Bei anderen Ratten soll eine mangelnde Sauerstoffversorgung unter der Geburt simuliert werden. Dazu wird die Gebärmutter mit den Jungen darin 20 Minuten lang unter Wasser gedrückt. Anschließend werden die Jungen herausgenommen und wiederbelebt. Auch sie werden von »Leihmüttern« aufgezogen. In vorhergehenden Versuchen wurde getestet, wie lange die Rattenbabys unter Wasser gehalten werden können, damit noch genügend Tiere überleben. Bei 21 Minuten sterben 90% der Tiere, bei 22 Minuten alle. Im Alter von zwei Jahren werden verschiedene Verhaltenstests durchgeführt:

  1. Eine Ratte wird in ein »offenes Feld«, eine Art große Box, gesetzt. Ihr Verhalten wird beobachtet.
  2. Eine Ratte wird in die Mitte eines »Irrgartens« gesetzt, der aus vier Armen besteht. Am Ende eines Arms befindet sich eine kleine Box. Es wird beobachtet wie lange die Ratte braucht, bis sie die schützende Box aufsucht.
  3. Eine Ratte wird mit einer anderen, ihr unbekannten Ratte zusammengesetzt. Das Sozialverhalten wird beobachtet.

Es stellt sich heraus, dass die mangelhaft mit Sauerstoff versorgten Ratten ängstlicher und sozialer sind als die anderen Tiere. Außerdem werden bei einigen Ratten Untersuchungen des Gehirns mit bildgebenden Verfahren (Magnetresonanz-Imaging) vorgenommen. Das weitere Schicksal der Tiere wird nicht erwähnt.

Die Arbeit wurde durch die Firma Red Bull(!!), Salzburg, Österreich »großzügig« finanziell unterstützt!

Titel: Long-term influence of perinatal asphyxia on the social behavior in aging rats

Autoren: Rachel Weitzdoerfer (1), Nicole Gerstl (1), Daniela Pollak (2), Harald Hoeger (3), Wolfgang Dreher (4) Gert Lubec (2)*

Institute: (1) Abteilung für Neonatologie, Allgemeines Krankenhaus, Universität Wien, 1090 Wien, Österreich, (2) Kinderklinik, Allgemeines Krankenhaus Wien, (3) Institut für Tierzucht, Himberg, Österreich, (4) Fachbereich 2 (Biologie/Chemie), Universität Bremen

Quelle: Gerontologie 2004: 50, 200-205

15.03.2005
Dr. med. vet. Corina Gericke