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Natürlich sind alle Tierversuche schlimm und alle Tierlabore haben diesen Negativpreis verdient! Das „Herz aus Stein“ steht für eine herzlose Forschung, bei der fühlende Tiere zu bloßen Messinstrumenten degradiert werden. Mit der Abstimmung wollen wir einige besonders absurde und grausame Tierversuche ans Licht der Öffentlichkeit bringen.

Übergabe des "Herz aus Stein" an die Universität Ulm

Unser Negativpreis „Herz aus Stein 2018“ ging an das Institut für Anästhesiologische Pathophysiologie und Verfahrensentwicklung der Universität Ulm. Dort mussten Mäuse 3 Wochen lang an 5 Tagen die Woche den Rauch von bis zu 8 Zigaretten einatmen. Anschließend wurde bei ihnen – nun narkotisiert – ein Blutungsschock und eine Lungenquetschung ausgelöst, mit dem banalen Ergebnis, dass sich Rauchen negativ bei schweren Traumata auswirkt.

Pressemitteilung vom 2. April 2018 >>

Das Abstimmung

Die Auswahl von 5 Kandidaten beruht auf Einträgen in unserer Tierversuchs-Datenbank. Alle Versuche wurden 2018 in Fachzeitschriften veröffentlicht. Bei den Kandidaten handelt es sich um Institute, nicht Personen.

Bei der Online-Abstimmung vom 22.2. - 3.3.2019 wurden insgesamt 5.345 Stimmen abgegeben, die sich folgendermaßen aufteilen:

  1. Ulm (Trauma bei rauchenden Mäusen) - 2.294 (42,9%)
  2. Heidelberg (Krebstod von Mäusen) - 1.571 (29,4%)
  3. Hamburg (Stress und Asthma bei Mäusen) - 589 Stimmern (11,0%)
  4. Aachen (Hungerversuche an Ratten) - 553 Stimmen (10,3%)
  5. Erlangen (Rattenschnurhaarforschung) - 338 Stimmen (6,3%)

Das waren die Kandidaten

  Ort Ganz kurz Kurzbeschreibung Hintergrund

1

Neuroanatomie, Uniklinik RWTH Aachen, Wendlinweg 2, 52074 Aachen

Magersucht/
Hungerversuche bei Ratten

Junge Ratten werden nur so wenig gefüttert, dass sie nach 4 Wochen nur noch die Hälfte ihres Normalgewichts wiegen. mehr

In der Studie soll ein Hungermodell bei Ratten etabliert werden, das Magersucht bei Teenagern nachbildet.

2

Institut für experimentelle und klinische Pharmakologie und Toxikologie, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Krankenhausstr. 12, 91054 Erlangen

Gehirnaktivität bei Ratten, deren Schnurrhaare bewegt werden

Magnetresonanz-Aufnahmen des Gehirns von Ratten, deren Schnurrhaare mit einem Kamm bewegt werden. mehr

Erprobung einer neuen Analyse zur Messung der Gehirnaktivität mittels Magnetresonanz bei Ratten, deren Schnurrhaare stimuliert werden.

3

Klinik für Geburtshilfe und Pränatalmedizin, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Martinistraße 52, 20246 Hamburg

Stress bei der Mutter erhöht das Asthmarisiko bei Kindern

Schwangere Mäuse werden 24 Stunden einem 88dB lauten Ton ausgesetzt, der zur Nagerabwehr genutzt wird und Stress bei den Mäusen verursacht. mehr

Stress während der Schwangerschaft steht im Verdacht, negative Auswirkungen auf das Kind als Folge zu haben, u.a. ein erhöhtes Asthmarisiko. Dies wird hier an Mäusen untersucht.

4

Abteilung Tumorvirologie, Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ), Im Neuenheimer Feld 242, 69120 Heidelberg

Qualvoller Tod von Mäusen durch Knochenkrebs

Nacktmäusen werden Knochenkrebszellen (Ewing-Sarkom) unter die Haut gespritzt. Innerhalb von 36-50 Tagen nach der Tumorimplantation sterben alle Tiere oder sie werden getötet. mehr

An Nacktmäusen, denen menschliche Knochentumore (Ewing Sarkom) implantiert werden, soll die therapeutische Wirksamkeit einer Virus-Behandlung untersucht werden.

5

Institut für Anästhesiologische Pathophysiologie und Verfahrensentwicklung, Uni Ulm, Helmholtzstr. 8/1, 89081 Ulm

Rauchen ist nicht gut bei schweren Traumata

Mäusen, die zum Rauchen gezwungen werden, wird so viel Blut abgenommen, dass sie einen Blutungsschock erleiden. Durch eine auf ihren Brustkorb gerichtete explosionsartige Luftwelle wird eine Lungenquetschung ausgelöst. Die wenigen Tiere, die die Prozedur überleben, werden durch Ausbluten getötet. mehr

Ergebnis der Studie: Rauchen wirkt sich negativ bei schweren Lungenquetschungen aus.

Die Details

Kandidat 1

Neuroanatomie, Uniklinik RWTH Aachen

Institut: Neuroanatomie, Uniklinik RWTH Aachen, Wendlinweg 2, 52074 Aachen 

Tiere: 71 Ratten 

Hintergrund: In der Studie soll ein Hungermodell bei Ratten etabliert werden, das Magersucht bei Teenagern nachbildet. 

Versuch: Die weiblichen 4 und 8 Wochen alten Ratten werden bei Charles River Laboratories, Sulzfeld, gekauft. Die Wahl der Tiere soll weibliche Teenager in zwei verschiedenen Altersstufen, bei denen Magersucht (Anorexia nervosa) vor allem vorkommt, widerspiegeln. Im Einzelkäfig der Ratten steht ein Laufrad zur Verfügung. Daher wird das Hungern der Tiere als ABA (Aktivität-basierenden Anorexie) bezeichnet.  

Im ersten Experiment wird bei 4 Wochen alten Ratten das Futter um 40% reduziert, bis die Tiere nach 7 Tagen nur noch 25% ihres Ursprungsgewichts wiegen (akutes Hungern). Eine Gruppe wird normal gefüttert. Dann werden die Tiere auf nicht genannte Weise getötet. 

Im zweiten Experiment bei 2 Gruppen mit 4 Wochen alten Ratten wird nach der akuten Phase und einer Gewichtsreduktion von 20% bzw. 25% dieses Gewicht weitere 2 Wochen lang gehalten, indem die Tiere täglich gewogen werden und die Futtermenge angepasst wird (chronisches Hungern). Eine Kontrollgruppe wird normal gefüttert. Schließlich werden alle Tiere auf nicht genannte Weise getötet. In einer dritten Versuchsreihe wird das vorgenannte Experiment mit Ratten durchgeführt, die zu Beginn 8 Wochen alt sind.  

Die chronisch gehungerten 4 Wochen alten Ratten wiegen zu Beginn der Hungerperiode etwa 140 g und am Ende etwas über 100g. Als Heranwachsende nehmen die Kontrolltiere natürlicherweise zu und bringen zum Zeitpunkt ihrer Tötung etwa 210 g auf die Waage, während die gehungerten Ratten nur die Hälfte ihres Normalgewichts wiegen. Die 8 Wochen alten Kontrolltiere der dritten Versuchsreihe wiegen anfangs 200g und am Ende um 290g, die gehungerten Ratten etwa 150g.  

Die Autoren kündigen weitere Versuche mit längeren Hungerzeiten und mit Mäusen an.   

Quelle: Linda Frintrop et al.: Establishment of a chronic activity-based anorexia rat model. Journal of Neuroscience Methods 2018; 293(1): 191-198  

Kandidat 2

Institut für experimentelle und klinische Pharmakologie und Toxikologie, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

Institut: Institut für experimentelle und klinische Pharmakologie und Toxikologie, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Medizinische Fakultät, Krankenhausstr. 12, 91054 Erlangen

Tiere: 25 Ratten

Hintergrund: Erprobung einer neuen Analyse zur Messung des Ruhezustandes der Gehirnaktivität mittels Magnetresonanz bei Ratten, deren Schnurrhaare stimuliert werden.

Versuch: Die Ratten werden in zwei Gruppen aufgeteilt, einer experimentellen Gruppe mit 13 Tieren (Gruppe 1) und einer Kontrollgruppe mit 12 Tieren (Gruppe 2). Unter Narkose werden den Tieren der Gruppe 1 die Schnurrhaare, bis auf diejenigen einer bestimmten Region, abgeschnitten. Danach werden alle Ratten auf einem Plexiglasgestell fixiert, an dem eine Maske mit Zahnbeißstange montiert ist. Dort kann „der Rattenkopf ohne die Notwendigkeit von Ohrschrauben befestigt werden“. Die Maske besitzt seitliche Öffnungen, damit die Schnurrhaare sich frei bewegen können. Anschließend werden die Tiere in ein Bildgebungsgerät (fMRT) gelegt. Für die Zeit der Magnet-Resonanz-Messung wird das Narkosegas reduziert. Dann werden bei den Ratten der experimentellen Gruppe die verbleibenden Schnurrhaare mittels eines Kamms stimuliert und die fMRT-Aufnahmen werden wiederholt. Das weitere Schicksal der Ratten wird nicht erwähnt.

Quelle: Silke Kreitz et al.: A new analysis of resting state connectivity and graph theory reveals distinctive short term modulations due to whisker stimulation in rats. Frontiers of Neuroscience 2018; 12 (334), doi:10.3389/fnis.2018.00334 

Kandidat 3

Institut: Klinik für Geburtshilfe und Pränatalmedizin, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Martinistraße 52, 20246 Hamburg 

Tiere: Mäuse (Anzahl unbekannt) 

Hintergrund: Stress während der Schwangerschaft steht bei Menschen im Verdacht, negative Auswirkungen auf das Kind als Folge zu haben. Durch Beeinflussung der fetalen Lungenreifung bei Stress der Mutter wird ein erhöhtes Asthmarisiko des Kindes vermutet. Dies wird hier an Mäusen untersucht. 

Versuch: Weibliche Mäuse werden mit Männchen zusammengebracht und, wenn sie schwanger sind in zwei Gruppen aufgeteilt. Eine Gruppe wird an unterschiedlichen Schwangerschaftstagen für jeweils 24 Stunden einem 88dB lauten Ton mit 15 Sekunden-Interval ausgesetzt, der zur Nagerabwehr genutzt wird und Stress bei den Mäusen verursacht. Das Gerät wird direkt im Mäusekäfig platziert. Die Kontrollgruppe wird keinem Ton ausgesetzt. Ein Teil der Tiere wird am 18. Tag der Schwangerschaft durch Enthauptung unter CO2–Narkose getötet, die Feten werden entnommen, tiefgefroren und untersucht.

Bei anderen Mäusen, die den Stressoren ausgesetzt wurden oder nicht, soll Asthma beim Nachwuchs simuliert werden. Dazu wird eine allergische Entzündung in den Luftwegen der Mütter und Väter hervorgerufen, indem ein Eiweißstoff erst dreimal in Abständen in die Bauchhöhle injiziert wird und dann dreimal den Tieren in die Nase gesprüht wird. Kontrollgruppen erhalten statt des Eiweißstoffs eine Trägersubstanz. Der Nachwuchs wird auf Asthma-Symptome untersucht.

In einem weiteren Versuchsteil wird ein Lungenfunktionstest an den Mäusen durchgeführt. Narkotisierten Mäusen wird ein Medikament als Aerosol verabreicht, das einen Asthmaanfall provozieren soll. Abschließend werden die Mäuse unter Narkose einer Lungenspülung unterzogen und auf nicht genannte Weise getötet. 

Quelle: Dimitra E. Zazara et al.: Prenatal stress challenge impairs fetal lung development and asthma severity sex-specifically in mice. Journal of Reproductive Immunology 2018: 125; 100-105 

Kandidat 4

Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ) Heidelberg

Institut: Tumorvirologie, Infektion, Entzündung und Krebs, Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ), Im Neuenheimer Feld 242, 69120 Heidelberg 

Tiere: mindestens 75 Mäuse 

Hintergrund: An Mäusen, denen menschliche Knochentumore (Ewing Sarkom) implantiert werden, soll die therapeutische Wirksamkeit einer Virus-Behandlung untersucht werden. Es gibt bereits Patientenstudien und Untersuchungen mit Zellkulturen, die eine Wirksamkeit der Viren zeigen. 

Versuch: Es handelt sich um Nacktmäuse, die aufgrund einer genetischen Veränderung eingepflanzte fremde Zellen nicht abstoßen. Den Mäusen werden menschliche Zellen eines Ewing-Sarkoms unter die Haut gespritzt. Das Ewing-Sarkom ist ein bösartiger Tumor, der meist Knochen befällt und sehr schmerzhaft ist. Nach sieben Tagen ist bei allen Tieren ein Tumor angewachsen. 15 Mäusen wird eine Lösung mit dem H-1P Virus in den Tumor gespritzt, 15 weitere Mäuse werden analog mit einer Kontrolllösung behandelt. H-1PV ist ein Nagetier-Parvovirus, der menschliche Krebszellen in der Kulturschale zerstört. Klinische Studien mit Krebspatienten laufen bereits in den USA. Nach der Behandlung werden die Mäuse alle zwei bis drei Tage untersucht und die Größe der Tumoren bestimmt. Nach 11 Tagen ist die Größe der Tumoren innerhalb der Gruppen sehr unterschiedlich, so dass kein signifikanter Unterschied zwischen den beiden Gruppen festgestellt werden kann.  

Innerhalb von 36 Tagen nach der Tumorimplantation sterben alle Tiere, bis auf eine Maus, die vier Monate lang „in guter Verfassung“ (Zitat) und Tumor-frei überlebt. Wie sich der Zustand der Maus im weiteren Verlauf entwickelt und was mit ihr geschieht, wird nicht erwähnt. Da in den durchgeführten Versuchen der gewünschte Effekt des Virus auf den Tumor ausbleibt, werden weitere Mäuse getestet. Zwei Gruppen werden wie oben behandelt (Injektion mit Kontrolllösung und einmalige Injektion des Virus), und es wird noch eine dritte Gruppe hinzugefügt, bei der den Tieren jeden Tag das Virus in den Tumor gespritzt wird, solange sie leben. Diesmal erliegen dem Krebsleiden innerhalb von 36 Tagen (Kontrollgruppe) oder 50 Tagen alle Mäuse bis auf zwei.

Die Arbeit wurde vom Deutschen Krebsforschungszentrum finanziert. 

Quelle: Jeannine Lacroix et al.: Preclinical testing of an oncolytic parvovirus in Ewing Sarcoma: protoparvovirus H-1 induces apoptosis and lytic infection in vitro but fails to improve survival in vivo. Viruses 2018; 10(6), doi:10.3390/v10060302 

Weitere Infos: Strafanzeige wegen illegaler Tierversuche in Heidelberg >> 

Kandidat 5

Institut für Anästhesiologische Pathophysiologie und Verfahrensentwicklung, Universität Ulm

Institut: Institut für Anästhesiologische Pathophysiologie und Verfahrensentwicklung, Helmholtzstr. 8/1, Universität Ulm, 89081 Ulm 

Quelle: Clair Hartmann at al.: In-depth characterization of the effects of cigarette smoke exposure on the acute trauma response and hemorrhage in mice. Shock 2018. Doi:10.1097/SHK.0000000000001115 

Tiere: Mindestens 42 Mäuse 

Hintergrund: Anhand von Mäusen wird herausgefunden, dass sich Zigarettenrauchen negativ bei schweren Traumata auswirkt. 

Versuch: Die männlichen Mäuse werden in vier Gruppen aufgeteilt. Ein Teil der Mäuse wird 3 Wochen an 5 Tagen die Woche Zigarettenrauch ausgesetzt. Dazu wird eine Maus in eine Box gesetzt und der Rauch einer Roth-Händle-Zigarette ohne Filter eingeleitet. Am ersten Tag werden 4 Zigaretten, am zweiten 6 und ab dem 3. Tag je 8 Zigaretten täglich verraucht. Die Verrauchung geschieht durch einen semi-automatischen Rauchgenerator und dauert pro Zigarette 15 Minuten. Nach einer Woche Erholungszeit werden die Mäuse narkotisiert. Eine einzelne explosionsartige Luftwelle wird auf den Brustkorb des Tieres gerichtet, wodurch es zu einer Quetschung der Lunge kommt. Unmittelbar danach wird die Luftröhre eingeschnitten, ein Schlauch wird zur künstlichen Beatmung eingeführt, Katheter werden in Halsvene, -arterie, Hinterbeinarterie und Harnblase eingeführt.

Nun wird ein Blutungsschock ausgelöst, indem den Tieren Blut abgesaugt wird bis zu einem bestimmten niedrigen Blutdruck. Dann wird das Blut zusammen mit Medikamenten wieder in die Blutbahn zurückgeleitet. Vier Stunden lang werden unter weiterer Narkose verschiedene Messgrößen wie Blutdruck, Lungenfunktion, Körpertemperatur, Blutgasgehalt usw. bestimmt. Diese Prozedur wird an einer Gruppe von 10 Mäusen durchgeführt. Eine Gruppe erhält Rauch und Blutung, eine Blutung und Lungenquetschung, eine nur Blutung und eine Kontrollgruppe von zwei Mäusen wird gar nicht behandelt. Insgesamt 11 Mäuse sterben während der Versuche aufgrund von Blutungen in den Brustkorb oder den Herzbeutel, unkontrollierbaren Blutungen oder technischen Problemen. Diese Tiere werden nicht in die Auswertung einbezogen. Bei den Mäusen der ersten Gruppe (Rauch + Lungenquetschung + Blutung) sterben 50% innerhalb des Beobachtungszeitraums von 4 Stunden vor allem durch Nierenversagen, bei den Mäusen der zweiten Gruppe (Rauch + Blutung) sterben 40%. Die Tiere der beiden Gruppen, die keinem Rauch ausgesetzt waren, überleben fast alle. Schließlich werden alle überlebenden Mäuse durch Ausbluten getötet.

Weitere Infos: Stellungnahme: Tiere werden zum Rauchen gezwungen - immer noch! >>