Trotz EU-Kosmetikverbot: Zehntausende Mäuse leiden jährlich für Botox-Tests
- Pressemitteilung
Irland als Schwerpunkt der Botox-Tierversuche
Ein aktueller Bericht des österreichischen Vereins Tierschutz Austria deckt gravierende Missstände bei Tierversuchen für Botox-Produkte in Europa auf. Zehntausende Mäuse müssen leiden und sterben, obwohl Kosmetik-Tierversuche verboten sind und es längst tierversuchsfreie Tests gibt. Zudem werden die zu Tode gequälten Mäuse nicht einmal vollständig in den offiziellen Statistiken erfasst. Der bundesweite Verein Ärzte gegen Tierversuche fordert zusammen mit Tierschutz Austria von Politik und Behörden, diese besonders qualvollen Versuche endlich zu verbieten.
Ärzte gegen Tierversuche kämpft seit 2007 gegen den sogenannten LD50-Test, bei dem jede Produktionseinheiten (Chargen) des Nervengifts Botulinumtoxin – kurz: Botox – an Mäusen getestet wird. Den Mäusen werden verschiedene Konzentrationen der Substanz in die Bauchhöhle injiziert, um die Dosis zu ermitteln, bei der 50 % der Tiere sterben. Die Mäuse leiden unter Lähmungen und Atemnot und sterben schließlich durch Ersticken. Dabei existieren bereits seit 2011 anerkannte tierversuchsfreie Testmethoden wie zellbasierte Tests. Deren Anwendung ist jedoch gesetzlich nicht verpflichtend.
Nun hat der Wiener Tierschutzverein (Tierschutz Austria) in einem neuen Report aktuelle Zahlen und Fakten vorgelegt. Der Verein hat herausgefunden, dass Irland sich als europäischer Hotspot für Botox-Tierversuche etabliert hat. Allein im Jahr 2022 entfielen rund 75 % der dortigen regulatorischen Tierversuche – etwa 36.000 Mäuse – auf Botox. Für das Jahr 2024 wurden in Irland über 100.000 Mäuse für solche Tests genehmigt, mit steigender Tendenz.
Ein wesentliches Problem ist zudem die mangelnde Transparenz im europäischen Berichtssystem. Während neue Tierversuchsprojekte in der öffentlichen ALURES-Datenbank veröffentlicht werden müssen, gilt dies nicht für Projektverlängerungen. Diese Ausnahme wird laut Tierschutz Austria massiv genutzt: In Irland wurden bestehende Botox-Projekte verlängert, wodurch zehntausende weitere Tiere zu Tode gequält wurden, ohne dass sie in der Statistik auftauchten.
„In Deutschland wurden laut der offiziellen Datenbank Animaltestinfo.de zuletzt im Jahr 2021 Versuche an 22.500 Mäusen im Rahmen der Botox-Chargentestungen genehmigt“, weiß Dr. med. vet. Corina Gericke, Vizevorsitzende von Ärzte gegen Tierversuche. Danach sind in dieser Quelle keine weiteren Botox-Tierversuche erfasst. „Es ist nicht auszuschließen, dass auch bei uns die Projektverlängerung genutzt wird, um die Zahl der verwendeten Tiere in diesen Versuchen möglichst gering erscheinen zu lassen.“
Brisant: Trotz des EU-weiten Verbots von Tierversuchen für kosmetische Zwecke werden jährlich zehntausende Mäuse verwendet – selbst dann, wenn Botox ausschließlich zu ästhetischen Zwecken eingesetzt wird. Grund dafür ist eine Gesetzeslücke: Da injizierbare Produkte wie Botox als Arzneimittel gelten, sind sie vom Kosmetik-Tierversuchsverbot ausgenommen.
Der Bericht offenbart, dass ästhetische Botox-Anwendungen von weniger als einer Million im Jahr 2000 auf fast 90 Millionen im Jahr 2023 stiegen. In Europa wird ein weiteres jährliches Marktwachstum von knapp 5 % bis 2030 erwartet.
Ärzte gegen Tierversuche kritisiert, dass jeder einzelne Hersteller eigene tierversuchsfreie Zelltests entwickeln und dann aufwendig validieren lassen muss. Das bedeutet auch, diese Tests müssen mit Tierversuchsdaten verglichen werden, während der Tierversuch als Standard einfach akzeptiert wird.
Der Ärzteverein hatte im Rahmen seiner langjährigen Kampagne zusammen mit seinen Partnern von der Europäischen Koalition zur Beendigung von Tierversuchen (ECEAE) 2023 über 165.000 Unterschriften an die Europäische Arzneimittelagentur in Amsterdam übergeben.
„Wir fordern von Politik und Behörden, Botox-Tierversuche endlich zu verbieten und die verpflichtende Anwendung tierversuchsfreier Methoden gesetzlich zu verankern“, so Gericke. Tierschutz Austria hat eine Petition gegen Botox-Tierversuche gestartet und ruft zur Unterstützung auf.