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Tumor-on-Chip-Modell für die Entwicklung von Medikamenten gegen Bauchspeicheldrüsenkrebs

Das Biotech-Unternehmen Dynamic42 hat in Zusammenarbeit mit der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf ein neues Tumor-on-Chip-Modell entwickelt, das neue Wege bei der Entwicklung von Medikamenten gegen Bauchspeicheldrüsenkrebs ebnet. Diese innovative Technologie erlaubt eine realitätsnahe Nachbildung des Tumormikromilieus und ermöglicht gezielte Medikamententests ohne den Einsatz von Tierversuchen.

Das duktale Adenokarzinom des Pankreas (PDAC) ist die häufigste Form von Bauchspeicheldrüsenkrebs. Es ist eine aggressive Krebsart, die sich schnell ausbreiten und metastasieren kann.

Warum Tierversuche scheitern

Tierversuche sind ein gängiges Verfahren in der Krebsforschung. Dabei werden zum Beispiel menschliche Bauchspeicheldrüsen-Krebszellen in immungeschwächte Mäuse injiziert, um in den Tieren Tumore zu züchten. Das Problem: Die entstehenden Tumoren bestehen nicht nur aus menschlichen Krebszellen, sondern auch aus Mausgewebe, und auch die Umgebung, in der der Tumor wächst, stammt von der Maus. Dadurch kann die natürliche Mikroumgebung des Tumors – die sowohl das Wachstum des Tumors als auch den Erfolg von Therapien maßgeblich beeinflusst – nicht realitätsgetreu nachgebildet werden. Zudem fehlt in diesen Tierversuchen eine funktionsfähige Immunabwehr, was die Übertragbarkeit auf den menschlichen Organismus weiter einschränkt. Daher werden dringend Methoden benötigt, die ausschließlich auf menschlichen Zellen basieren und die komplexen Interaktionen zwischen dem Tumor, seiner Mikroumgebung und dem Immunsystem des Patienten authentisch abbilden.

Der Tumor-on-Chip

Das kürzlich in der Fachzeitschrift „Lab on a Chip“ vorgestellte Tumor-on-Chip-Modell basiert auf einer Mikrofluidik-Plattform, die winzige Kanäle und Kammern enthält. Diese Strukturen ahmen die Umgebung eines echten Tumors nach. Im Modell sind verschiedene menschliche Zelltypen integriert. Bauchspeicheldrüsen-Krebszellen und Bindegewebszellen bilden kleine Modelle des Tumors in Form von Sphäroiden nach. Endothelzellen, die im menschlichen Körper Blutgefäße auskleiden, grenzen auch im Tumor-on-Chip-Modell die Krebs-Sphäroide von dem in den Kanälen simulierten Blutfluss ab. Auch Immunzellen wurden integriert, um zu analysieren, wie das Immunsystem auf den Tumor reagiert.

Erster Medikamententest erfolgreich

Ein großer Vorteil des Tumor-on-Chip-Modells ist die Möglichkeit, Medikamente realitätsnah über das künstliche Gefäßsystem zu verabreichen. In einer Machbarkeitsstudie wurde ein von der US-amerikanischen Arzneimittelbehörde FDA zugelassenes Medikament zur Behandlung von Bauchspeicheldrüsenkrebs getestet. Die Ergebnisse zeigten, dass das Medikament die Lebensfähigkeit der Tumorzellen deutlich reduziert. Dies belegt das Potenzial des Chips für präklinische Tests und die Entwicklung personalisierter Krebstherapien.

Tumor-on-a-Chip
Menschliche Tumor-Organoide werden in einem mikrofluidischen System kultiviert. Quelle: Dynamic42, Pressemitteilung vom 06.03.2025

Immunzellen auf dem Chip

Auch aus Spenderblut gewonnene Immunzellen wurden in das Modell integriert, indem sie durch die das Blutgefäßsystem simulierenden Kanäle geleitet wurden. Die Krebs- und Immunzellen interagieren auf dem Chip in ähnlicher Weise wie im menschlichen Körper. So konnte etwa gezeigt werden, dass Immunzellen in den künstlichen Tumor einwandern und sich zu spezialisierten Zelltypen weiterentwickeln, die für Bauchspeicheldrüsenkrebs typisch sind.

Fazit

Die Bauchspeicheldrüsenforschung steht vor der Herausforderung, die Komplexität der menschlichen Erkrankung adäquat zu erfassen. Tierversuche sind dabei nicht zielführend. Mit dem Tumor-on-Chip-System steht der Wissenschaft dagegen eine hochmoderne Plattform zur Verfügung, die die Entwicklung neuer Therapien maßgeblich vorantreiben wird. Durch die realitätsnahe Wiedergabe des Tumormikromilieus lassen sich damit präzisere Vorhersagen über die Wirksamkeit neuer Medikamente treffen.

Die Firma Dynamic42 hat sich auf die Entwicklung menschlicher Organ-on-Chip-Modelle für die Medikamentenforschung spezialisiert und war auch bei unserem NATworks-Webinar vertreten, welches Firmen eine Plattform bietet, die dazu beitragen, Tierversuche zu ersetzen.

Dr. rer. nat. Johanna Walter

 

 

Quellen

  • Dynamic42, Pressemitteilung vom 06.03.2025
  • Deipenbrock A. et al. Modelling of the multicellular tumor microenvironment of pancreatic ductal adenocarcinoma (PDAC) on a fit-for-purpose biochip for preclinical drug discovery., Lab on a Chip 2025; DOI: 10.1039/d4lc01016g
  • Menschliche Tumor-Organoide werden in einem mikrofluidischen System kultiviert. Quelle: Dynamic42, Pressemitteilung vom 06.03.2025