Moderne Forschung ohne Tierversuche
Ärzteverein begrüßt aktuell vorgestellte Neuentwicklungen
Die bundesweite Vereinigung Ärzte gegen Tierversuche zeigt sich erfreut über aktuelle Neuentwicklungen tierversuchfreier Testverfahren, die sich direkt an der Situation des Menschen orientieren. Nach Ansicht des Vereins ist aus ethischen Gründen und mangels Übertragbarkeit der Ergebnisse auf den Menschen ein Paradigmenwechsel weg vom grausamen System Tierversuch notwendig.
Auf einem Fachkongress in Linz, Österreich, an dem der Ärzteverein teilnahm, wurden zahlreiche moderne Forschungsmethoden ohne die Verwendung von Tieren vorgestellt. So wurde an der Universität Newcastle, England, ein Modell zur Erforschung der Epilepsie entwickelt, das die direkte Untersuchung mittels EEG in Kombination mit Untersuchungen an Hirngewebe betroffener Patienten, das bei medizinisch notwendigen Operationen anfällt, kombiniert. Die üblicherweise in diesem Bereich durchgeführten Tierversuche, in denen Symptome der Epilepsie beispielsweise an Ratten künstlich erzeugt werden, haben dagegen nach Aussage der Ärztevereinigung mit der menschlichen Erkrankung nichts gemein und können daher keine relevanten Erkenntnisse liefern.
Forscher aus München haben aus menschlichen Zellen ein Modell der Hornhaut entwickelt, die wie im echten Auge aufgebaut ist und an der sich Substanzen testen lassen. Im Vergleich zum Tierversuch zeigte dieses Modell eine geringere Variation. Tübinger Wissenschaftler haben eine 'Leber auf einem Chip' entwickelt, die die Struktur des menschlichen Organs lebensecht darstellt. So kann die Kommunikation zwischen den unterschiedlichen Zelltypen erforscht werden, was wertvolle Rückschlüsse über chronische Lebergiftigkeit erlaubt. An der Universität Bern haben Wissenschaftler mit Hilfe von menschlichen Zellen ein Modell der Lunge entwickelt, um Behandlungsstrategien für schwerwiegende Erkrankungen wie bösartige Tumore zu entwickeln.
Der Verein begrüßt es, dass immer mehr Wissenschaftler die Vorzüge der tierversuchsfreien Forschung wie Zellsysteme, Biochips oder Computersimulationen erkennen und innovative Forschung betreiben. »Tierversuche haben keine zuverlässige Aussagekraft für den Menschen. Die Reaktion auf ein und dieselbe Substanz kann von Tier zu Tier und von Tier zu Mensch vollkommen gegensätzlich sein«, erläutert Dipl.-Biol. Silke Bitz, Sprecherin der Ärztevereinigung. Untersuchungen, die auf dem Kongress angeführt wurden, bestätigen dies. So liegt die Übereinstimmung bei Tests auf krebserregende Wirkung zwischen Ratte und Mensch nur bei 69%, Maus und Ratte zeigen sogar nur in 57% eine vergleichbare Reaktion.
Der ‚Europäische Kongress für Alternativen zum Tierversuch’ in Linz fand zum 17. Mal statt. Moderne und ethische Forschung funktioniert nach Aussage der Experten des Vereins Ärzte gegen Tierversuche nur ohne Tierversuche. Sie fordern daher ein Ende aller Tierversuche, um den Weg frei zu machen für eine tierversuchsfreie Medizin und Wissenschaft, die nicht nur Tiere vor einem qualvollen Tod im Labor bewahrt, sondern auch die Basis bietet für den best möglichen Schutz des Menschen vor unerwünschten Nebenwirkungen und zur Entwicklung von patientenspezifischen Therapiemöglichkeiten.