Mäuse zusammengenäht
Ärzte gegen Tierversuche verurteilen „mittelalterliche Methoden“
An der Medizinischen Hochschule Hannover werden jeweils zwei Mäuse an der Seite zusammengenäht. Derartige Tierversuche wurden in Deutschland seit mindestens 20 Jahren nicht mehr genehmigt. Die Vereinigung Ärzte gegen Tierversuche kritisiert die Experimente als „Rückfall ins Mittelalter“.
So genannte Parabiose-Experimente, bei denen zwei Mäuse wie Siamesische Zwillinge miteinander verbunden werden, waren bis in die 60er Jahre üblich. Sie wurden vor allem zur Erforschung der Fettleibigkeit verwendet. Man fand eine Art Sättigungsfaktor, das Hormon Leptin. „Damit glaubte man den Schlüssel zur Behandlung der Adipositas in der Hand zu haben“, erklärt Dr. med. vet. Corina Gericke von Ärzte gegen Tierversuche. „Beim Menschen funktionierte der Schlankmacher jedoch nicht.“ Offensichtlich spielen beim Menschen psychosoziale, kulturelle und familiäre Faktoren die entscheidende Rolle.
Seit mindestens 20 Jahren sind solche Versuche nicht mehr genehmigt worden. „Nicht ohne Grund“, ist sich die Tierärztin sicher, „Tiere zusammenzunähen ist extrem grausam und damit ethisch nicht vertretbar. Man stelle sich den Schock vor, man wacht nach einer OP auf und ist mit einem Partner, den man sich nicht ausgesucht hat, unwiederbringlich zusammengeschweißt.
“In der Abteilung für Nephrologie der Medizinischen Hochschule Hannover sind Parabiose-Experimente im Rahmen der Stammzellforschung geplant. Zunächst wird jedoch die Belastung der Tiere getestet. In Vorexperimenten wurde festgestellt, dass sich die Abwehr der Tiere gegen den Zustand nach ein paar Tagen verringert. Hieraus wurde geschlossen, dass die Belastung für die Mäuse nicht besonders hoch sei.
„Dass solche Frankenstein-Experimente jetzt wieder ausgegraben werden, ist ein Rückfall ins tiefste Mittelalter“, so Gericke weiter, „Was bleibt den Mäusen denn anderes übrig, als sich mit der Situation irgendwie zu arrangieren. Dass sie „normal“ fressen, ist kein Zeichen, dass es ihnen gut geht.“ Laut Ärzte gegen Tierversuche handelt es sich um reine zweckfreie Grundlagenforschung. „Neue Therapien für den Menschen sind genauso wie damals bei der Adipositas-Forschung nicht zu erwarten“, ist Gericke überzeugt, „Menschen sind nun mal keine Mäuse und die Ergebnisse aus Tierversuchen deshalb nicht übertragbar.“