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Roche nutzt tierversuchsfreie Methoden für die Verbesserung der Medikamentenentwicklung

Immunzellen sind nicht nur im Blut zu finden, sondern auch in Geweben. So gibt es auch im Darm sogenannte Gedächtnis-T-Zellen, die im Falle einer Infektion schnell reagieren können. Manchmal ist die Reaktion der Immunzellen jedoch unerwünscht, wie im Falle von Nebenwirkungen gegen Medikamente. Bisher ließen sich solche Effekte mit Organoiden nicht untersuchen, da diesen die Immunzellen fehlten. Nun entwickelten Wissenschaftler des Roche Institute of Human Biologie (IHB) und der R&D Abteilung der Pharmafirma ein neuartiges Organoid-Modell des menschlichen Darms, welches auch Immunzellen beinhaltet.

In der kürzlich in der renommierten Fachzeitschrift Nature veröffentlichten Studie verwendeten die Forscher Darmgewebe von Patienten, denen bei einer medizinisch notwendigen Operation ein Teil des Darms entfernt werden musste. Aus dem Darmgewebe isolierten die Forscher Gedächtnis-T-Zellen und züchteten aus den Schleimhautzellen Darm-Organoide, also kleine dreidimensionale Zell-Konstrukte. Dann führten sie die Immunzellen und die Organoide zusammen und beobachteten, wie sich die T-Zellen dort auf und in den Organoiden verteilten – vergleichbar mit der Situation im menschlichen Darm (1).

Die Forscher zeigten, wie sich die Darm-Organoide dazu einsetzen lassen, vom Immunsystem ausgehende Nebenwirkungen von Medikamenten zu verstehen. Dazu wurde unter anderem Solitomab eingesetzt, ein Antikörper, der zur Krebstherapie entwickelt wurde. Der Antikörper führte jedoch in klinischen Studien zu schweren Nebenwirkungen – unter anderem Darmentzündungen . Der Mechanismus mit dem Solitomab zur Darmentzündung führt, war bisher unklar und konnte nun mit Hilfe der neuartigen Organoide untersucht werden.

Die durch das Medikament verursachte Darmentzündung konnte im Organoid-Modell mit therapeutischen Antikörpern, die auch bei Autoimmunerkrankungen Verwendung finden, reduziert werden. Auch ein Wirkstoff, der die Beweglichkeit der T-Zellen verringert, konnte die Entzündung lindern. Somit konnten die Organoide helfen, den Mechanismus der medikamenteninduzierten Darmentzündung aufzuklären und Behandlungsansätze für ihre Therapie zu finden. Ein Einsatz der Organoide vor den klinischen Studien am Menschen hätte es ermöglicht, die Nebenwirkungen frühzeitig zu finden und zu vermeiden.

Es wird erwartet, dass sich die Darm-Organoide auch für die Untersuchung von Infektionen, Darmkrebs und Autoimmunerkrankungen einsetzen lassen. Zudem planen die Forscher vom IHB, das Konzept auf weitere Organe auszuweiten und beispielsweise Lungen-Organoide mit Immunzellen zu versehen (2).

Die Ergebnisse belegen das Potenzial von Organoiden, mit denen nicht nur die Wirkung, sondern auch die Nebenwirkungen von Medikamenten frühzeitig erkannt und verstanden werden können – und das direkt an menschlichem Material. Dadurch kann der Erfolg künftiger Medikamente gesteigert werden. Dies ist auch das erklärte Ziel des IHB, welches die Entwicklung von Medikamenten verbessern und effizienter gestalten möchte. Hierzu setzt das IHB keine Tierversuche ein, sondern moderne humanbasierte Modelle wie menschliche Organoide oder innovative Computer-Modelle (3).