Fundamentale Unterschiede zwischen Mensch- und Affen-Gehirn erneut belegt
Affen ungeeignet für die Hirnforschung
Eine aktuelle wissenschaftliche Publikation belegt einmal mehr, was der Verein Ärzte gegen Tierversuche seit Langem kritisiert: Affen sind nicht geeignet für die Erforschung des menschlichen Gehirns. Die In-vitro-Studie zeigt anhand von im Labor gezüchteten Mini-Gehirnen, dass grundlegende neurologische Entwicklungsprozesse bei Affen und Menschen stark unterschiedlich sind. Ein weiterer Beweis dafür, dass für die biomedizinische Forschung der Zukunft moderne humanbasierte Methoden eingesetzt werden müssen, die heute bereits zur Verfügung stehen.
Der Verein Ärzte gegen Tierversuche kritisiert seit Langem die mangelnde Übertragbarkeit von Tierversuchsergebnissen auf den Menschen. Auch im Bereich der Hirnforschung gibt es dramatische Unterschiede zwischen Mensch und Tier, die nun durch eine weitere wissenschaftliche Publikation belegt wurden. Forscher aus Leipzig, Dresden, Basel und Zürich haben aus induzierten pluripotenten Stammzellen Mini-Gehirne (sog. Gehirn-Organoide) von Menschen, Schimpansen und Makakenaffen im Labor gezüchtet und detailliert miteinander verglichen. „Gerade bei Affen wird häufig argumentiert, dass sie im Bereich der Hirnforschung das beste „Modell“ für den Menschen seien, da sie diesem angeblich so stark ähneln“, sagt Dr. Tamara Zietek, Biochemikerin und Wissenschaftskoordinatorin bei Ärzte gegen Tierversuche. „Die genetische Ähnlichkeit von Affen und Menschen wird fälschlicherweise oft als Rechtfertigung für Tierversuche herangezogen. Entscheidend für die biologischen Vorgänge in einem Organismus sind jedoch nicht die Gene selbst, sondern hauptsächlich deren Regulation, also wie und wann die Gene abgelesen werden. Diese Prozesse sind bei jeder Tierart unterschiedlich, weshalb sich eben ein Affe stark von einem Menschen unterscheidet.“
Und genau das belegt die kürzlich in der Fachzeitschrift Nature erschienene Studie: Fundamentale Prozesse bei der Gehirnentwicklung und der Regulation von Genen sind bei Mensch und Affe völlig verschieden. Für diese Erkenntnisse musste kein Affe sterben oder Schmerzen erleiden, denn die Zellen für die Züchtung der Affen-Gehirn-Organoide erhielten die Forscher im Rahmen routinemäßiger Gesundheitschecks von Schimpansen und Makaken des Leipziger Zoos und eines Gnadenhofs. Es wird lediglich eine kleine Haut- oder Haarwurzelprobe benötigt, aus der die Zellen in sogenannte induzierte pluripotente Stammzellen zurückprogrammiert und daraus dann die Mini-Organe gezüchtet werden. Der Verein Ärzte gegen Tierversuche steht der Zoohaltung ablehnend gegenüber, daher wäre, neben Gnadenhöfen, ein weiterer sinnvoller Ansatz, die Proben zur Züchtung tierischer Organoide beispielsweise bei Routine-Untersuchungen in Wildtier-Auffangstationen zu gewinnen.
Die Proben könnten auch Haustieren entnommen werden - mit Einverständnis der Besitzer im Rahmen tierärztlicher Untersuchungen. „Gerade bei der Entwicklung von Medikamenten für Tiere wird häufig behauptet, dass an lebenden Tieren getestet werden müsse. Das stimmt so nicht. Ein vielversprechendes In-vitro-Modell für diese Zwecke wären z.B. Multi-Organ-Chips mit tierischen Mini-Organen“, sagt Dr. Zietek.
Diese Chips werden heute schon weltweit für die Entwicklung und Sicherheitsprüfung menschlicher Medikamente erprobt. Zur Erforschung des menschlichen Gehirns eignen sich menschliche Gehirn-Organoide oder ähnliche humane In-vitro-Systeme, ebenso bildgebende Verfahren und Computersimulationen. „Bei den grundlegenden Unterschieden der Gehirne von Menschen und Affen, die auch in der Studie gezeigt werden, wundert es nicht, dass nach jahrzehntelanger Forschung an diversen „Tiermodellen“ neurologische Erkrankungen wie Alzheimer oder Parkinson weder aufgeklärt sind, noch erfolgreich therapiert werden können“, so Dr. Zietek. Für diese Forschungen werden hauptsächlich gentechnisch veränderte Mäuse und Ratten eingesetzt, und wenn sich schon ein Affengehirn so stark vom menschlichen unterscheidet, dann sind die Gehirne von Nagern erst recht nicht als Forschungsmodell geeignet.