Berliner Landestierschutzbeauftragte fördert NAT-Datenbank
- Pressemitteilung
Sammlung tierversuchsfreier Technologien
Die Berliner Landestierschutzbeauftragte Dr. Kathrin Herrmann, ansässig in der Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung, bestätigt Berlins Absicht, zur „Hauptstadt der tierversuchsfreien Forschung“ zu werden und stellt Fördergelder für die derzeit weltweit einzigartige NAT-Datenbank (Non-Animal Technologies) des bundesweiten Vereins Ärzte gegen Tierversuche zur Verfügung. Damit sollen 630 hochaktuelle, humanbasierte Methoden aus 7 biomedizinischen Bereichen, die durch das EU-Referenzlabor EURL ECVAM recherchiert wurden, in die Datenbank eingetragen und damit effizient für etwa Behörden verfügbar gemacht werden. Dass die NAT-Datenbank öffentliche Fördergelder erhält, unterstreicht die Wichtigkeit und Dringlichkeit tierversuchsfreier Forschung.
Berlin ist in Deutschland nicht nur Bundeshauptstadt, sondern strebt auch an, „Hauptstadt der tierversuchsfreien Forschung“ zu werden. Das spiegelt sich auch in Zahlen wieder: Laut Recherchen von Ärzte gegen Tierversuche werden von den aktuell 29 Millionen Euro für die sogenannte bundesweite „3R-Forschung*“ 8,9 Millionen Euro und somit knapp 31 % in Berlin investiert.
Das Land Berlin folgt damit dem durch die EU vorgegebenen Weg, denn diese gibt in der EU-Tierversuchsrichtlinie als letztendliches Ziel vor, „Verfahren an lebenden Tieren zu wissenschaftlichen und pädagogischen Zwecken, vollständig zu ersetzen, sobald dies wissenschaftlich möglich ist.“
Letzteres ist der Fall, denn die tierversuchsfreie Forschung boomt geradezu - trotz katastrophaler Förderung in Deutschland: weniger als 1% der öffentlichen Fördergelder fließen in tierversuchsfreie Projekte, während zu mehr als 99% Tierversuche gefördert werden.
Die weltweit einzigartige Datenbank für tierversuchsfreie Forschung, NAT-Datenbank ist ein effizienter, extrem leicht nutzbarer Wissenspool für Wissenschaftler, Behörden, Politiker u.a. „Im Juli 2020 veröffentlicht war sie längst überfällig, denn es ist nicht mehr möglich, ohne eine solche Datenbank den Überblick zu behalten und darauf basierende Entscheidungen zu treffen“, erläutert Claus Kronaus, Geschäftsführer von Ärzte gegen Tierversuche.
Die NAT-Datenbank umfasst nach nicht mal einem Jahr ihrer Existenz derzeit bereits fast 600 Einträge; diese Zahl soll nun rasch wachsen. Die EU, konkret das sogenannte Referenzlabor EURL ECVAM, hat bereits drei umfassende Sammlungen tierversuchsfreier Methoden zu Brustkrebs (935 Methoden), Erkrankungen der Atemwege (692) und neurodegenerative Krankheiten wie Alzheimer (588) veröffentlicht; vier weitere Sammlungen sollen bis Ende 2021 folgen.
Die Berliner Landestierschutzbeauftragte fördert den Transfer von 630 dieser hochaktuellen, humanbasierten Methoden in die NAT-Datenbank durch die international tätige Beraterfirma FRESCI, somit im Durchschnitt 90 Methoden aus jeder der sieben Sammlungen. „Das ist ein immenses, lebensrettendes Wissen, was es zu nutzen gilt. Wir sind hocherfreut über diesen Meilenstein unserer Arbeit“, freut sich Kronaus.
Am Beispiel Brustkrebs soll die Wichtigkeit der Datenbank verdeutlicht werden. Brustkrebs ist die häufigste Krebserkrankung bei Frauen; in der EU erkrankt im Durchschnitt jede elfte Frau daran. Für die Methodensammlung hat EURL ECVAM 120.000 wissenschaftliche Arbeiten auf humanbasierte Modelle durchsucht und von diesen 935 Modelle als die repräsentativsten und vielversprechendsten identifiziert. Diese Modelle basieren hauptsächlich auf im Labor kultivierten menschlichen Zellen und Geweben, explantierten Zellen und Geweben von Patienten oder Computermodellierung und Simulation (“künstliche Intelligenz“).
„Brustkrebsforschung erfolgt derzeit immer noch meist an Nagetieren – eine Absurdität. Dabei gibt es eine Fülle fortschrittlicher, rein humanbasierter Methoden, die erfolgreich für verschiedene Krankheitsbilder eingesetzt werden. Das Wissen über sie ist jedoch in der wissenschaftlichen Literatur verstreut, was ihre Verbreitung und Wirkung begrenzt. Mit unserer NAT-Datenbank und dem von der Berliner Landestierschutzbeauftragten geförderten Projekt ihrer beschleunigten Befüllung wollen wir dieses Problem lösen“, so Kronaus abschließend.
Quellen und Anmerkungen
* 3R steht für „Replace, Reduce and Refine“, somit fließen 3R-Fördergelder nicht nur in tierversuchsfreie Methoden, sondern auch in Projekte, die weniger Schmerzen oder weniger Tiere pro Versuch zum Ziel haben. Ärzte gegen Tierversuche kritisieren die 3R, da der Tierversuch als Methode dabei nicht in Frage gestellt wird und das falsche System ‚Tierversuch‘ lediglich modifiziert werden soll. Leider ist es in Deutschland nicht möglich, an die exakte, deutlich niedrigere Fördersumme für rein tierversuchsfreie Forschung zu kommen, deshalb muss der deutlich höhere 3R-Betrag genommen werden.
Weitere Infos
Förderung von Tierversuchen und tierversuchsfreier Forschung >>
NAT-Datenbase www.nat-database.org