Augsburg baut erstes Tierversuchslabor
Ärzte gegen Tierversuche protestieren und informieren
In den 38 Jahren seines Bestehens wurden am Klinikum Augsburg keinerlei Tierversuche durchgeführt, sondern klinische Forschung auf hohem Niveau betrieben. Nun will die Stadt mit Steuermitteln eine „Versuchstier“haltung für 23.400 Mäuse sowie Tierversuchslabore am neuen Medizin-Campus der Universitätsklinik Augsburg bauen, deren Kosten mit 35 Millionen Euro veranschlagt werden. Der bundesweite Verein Ärzte gegen Tierversuche fordert die Umwidmung der Gelder: sie sollen ausschließlich für innovative tierversuchsfreie Forschung verwendet werden. Heute startet eine entsprechende Online-Petition und ein erster Infostand in der City findet am Samstag, 21. März statt.
Geplant sind eine „Versuchstier“haltung auf einer Fläche von 1.640 qm und Tierversuchslabore auf 850 qm. Die Anlage ist für 7.800 Käfige für durchschnittlich je drei Mäuse ausgelegt, wobei oft sogar mehr Mäuse pro Käfig gehalten werden; das entspricht einer Haltungskapazität von mindestens 23.400 Mäusen. Ein Teil der Flächen kann auch für die Haltung von anderen Tierarten außer Primaten genutzt werden.
„Obwohl noch nicht einmal klar ist, welche Forscher an den Medizin-Campus kommen werden, wird ein Tierversuchslabor ‚ins Blaue‘ hinein geplant“, so Dr. med. Rosmarie Lautenbacher, Ärztin aus Augsburg und Mitglied des erweiterten Vorstands von Ärzte gegen Tierversuche. Es gibt sogar bereits Stellenausschreibungen für einen Tierarzt „mit Pioniergeist“ für den Aufbau der Tierhaltungsanlage. Dabei ist die Fertigstellung erst für 2027/2028 vorgesehen. „Hier wird die sogenannte Freiheit der Forschung haushoch über den Tierschutz gestellt – obwohl dieser genauso im Grundgesetz verankert ist.“
Laut Bayerischem Ministerium für Wissenschaft und Kunst sind Tierversuche im Kontext der großen Volkskrankheiten Krebs, Demenz, Diabetes, Herzinfarkt und Schlaganfall geplant. Doch gerade in diesen Bereichen hat sich trotz jahrzehntelanger Forschung und unzähliger Tierversuche die Situation für die Patienten kaum verändert. Es gibt z.B. mehr als 400 Medikamente und Therapien, die erfolgreich Alzheimer bei Mäusen heilen, bei Menschen haben sie aber alle versagt. Der Grund dafür liegt sowohl in den großen biologischen Unterschieden zwischen Mensch und Tier, als auch daran, dass im Tierversuch Tiere künstlich krankgemacht werden, um als „Tiermodell“ Symptome der Erkrankungen des Menschen nachzuahmen.
„Es ist erschütternd und absolut inakzeptabel, dass in unserer bislang tierversuchsfreien Stadt ein solcher Rückschritt vollzogen wird“, urteilt Dr. Lautenbacher. Anstatt auf Methoden aus dem vorletzten Jahrhundert zu setzen, sollten an der neuesten Medizinischen Fakultät Deutschlands auch die neuesten humanbasierten und -relevanten Methoden erforscht und etabliert werden.
In den vergangenen 10 Jahren hat die humanbasierte tierversuchsfreie Forschung eine spektakuläre Entwicklung gemacht. Dazu gehören z.B. aus menschlichen Zellen gezüchtete Mini-Organe wie Miniherz und Minihirn und sogenannte Multi-Organ-Chips als Hightech-Apparate oder komplexe Computersimulationen. Bereits heute haben viele innovative tierleidfreie Methoden ihre Überlegenheit gegenüber dem Tierversuch unter Beweis gestellt. Daher arbeiten Länder wie die Niederlande und USA gerade intensiv an Ausstiegskonzepten aus dem Tierversuch.
Der Ärzteverein fordert von der bayerischen Politik eine Umwidmung des 35 Mio. Euro teuren Neubaus: Auf dem neuen medizinischen Campus dürfen keine Tiere gequält, sondern es sollen ausschließlich innovative tierversuchsfreie Methoden entwickelt werden. „Damit ließe sich ein Meilenstein für Augsburg und zugleich für einen zukunftsträchtigen Forschungsstandort Deutschland setzen“, so Ärztin Lautenbacher abschließend.
Am Samstag, den 21. März organisiert die AG Augsburg der Ärzte gegen Tierversuche von 11-16 Uhr einen ersten Infostand auf dem Martin-Luther-Platz in Augsburg, um die Öffentlichkeit aufzuklären und Unterschriften zu sammeln.