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Verbände wollen das mit einer Million Unterschriften verhindern

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Tierversuche für Kosmetika sind in der EU eigentlich verboten, dennoch werden sie immer noch durchgeführt. Grund sind widersprüchliche Auslegungen von EU-Gesetzen. Ein Zusammenschluss aus fünf europäischen Tierschutz-Dachverbänden fordert die Einhaltung des Verbots sowie einen Fahrplan zum Ausstieg aus dem Tierversuch generell. Das Bündnis, dem auch der bundesweite Verein Ärzte gegen Tierversuche angehört, will in einer letzte Woche gestarteten Europäischen Bürgerinitiative eine Million Unterschriften sammeln, um Brüssel zum Handeln zu bringen.

Tierversuche für Kosmetikprodukte wurden 2009 in der EU verboten. Ein Handelsverbot tiergetesteter Kosmetika folgte im Jahr 2013. Tierversuchsgegnerorganisationen haben über zwei Jahrzehnte hart dafür gekämpft. Doch trotz dieser Verbote sind Cremes, Lippenstift und Shampoo nicht tierversuchsfrei, selbst solche nicht, die mit Siegeln gekennzeichnet sind. Grund ist, dass die Europäische Chemikalienagentur ECHA neue Tierversuche für Inhaltsstoffe verlangt, auch für solche, die ausschließlich in Kosmetika verwendet werden und bei denen seit langem bekannt ist, dass sie sicher in der Anwendung sind.

So wollte das deutsche Unternehmen Symrise im Rahmen der EU-Chemikalien-Verordnung REACH zwei Substanzen registrieren, die in Sonnencremes eingesetzt werden. Unter REACH müssen Zigtausende Chemikalien, die zum Teil schon Jahrzehnte im Einsatz sind, mit umfangreichen Datensätzen bei der ECHA registriert werden. Die Behörde prüft dann, ob noch Informationen nachgereicht werden müssen. Im Fall von Symrise verlangte die Agentur von der Firma Tierversuchsreihen an weit über 2.000 Tieren. Der Hersteller legte Einspruch ein – ohne Erfolg, die Behörde beharrte auf den Tierversuchen.

In einer aktuellen Studie hat das Team um Thomas Hartung, Professor für Toxikologie an der Johns Hopkins Universität Baltimore, die Problematik untersucht und herausgefunden, dass von 419 Stoffen, die in der EU als ausschließlich für Kosmetika registriert sind, 63 an Tieren getestet wurden – selbst nach Inkrafttreten der Kosmetik-Richtlinie, die Tierversuche für Schönheitsmittel verbietet.

„Unter dem Deckmantel des Arbeitsschutzes macht die EU ihr eigenes, hart erkämpftes Tierversuchsverbot für Kosmetika zunichte. Das ist absolut inakzeptabel“, empört sich Dr. med. vet. Corina Gericke, Vizevorsitzende von Ärzte gegen Tierversuche. Der Verein hat zusammen mit seinen Dachverbänden, der Europäischen Koalition zur Beendigung von Tierversuchen und Eurogroup for Animals sowie PETA International, Humane Society International und Cruelty Free Europe eine Europäische Bürgerinitiative gestartet. Mit diesem Instrument gibt die EU Bürgern die Möglichkeit, direkt Einfluss auf Gesetze zu nehmen. Innerhalb eines Jahres müssen eine Million verifizierte Unterschriften gesammelt werden, davon aus mindestens 7 Ländern eine bestimmte Mindestanzahl. Wird dieses Ziel erreicht, dann muss sich die EU-Kommission mit dem Anliegen auseinandersetzen.

Die Verbände fordern damit die Einhaltung des Verbots von Tierversuchen für Kosmetika, die Umgestaltung des EU-Chemikalienrechts, sodass es ohne Tierversuche auskommt sowie einen Fahrplan für die schrittweise Abschaffung aller Tierversuche in Europa.

Erst im Juni hatte die EU-Kommission zugestimmt, die Forderungen der Bürgerinitiative „End the Cage Age“ zu erfüllen, und die Käfighaltung von Sauen, Kälbern, Kaninchen, Hühnern, Enten und Gänsen zu beenden. Die Bewegung hatte 1,4 Millionen Unterschiften gesammelt. „Mit der neuen Initiative ‚Save Cruelty Free Cosmetics – Für ein Europa ohne Tierversuche‘ wollen wir das auch schaffen!“, so Tierärztin Gericke. „Die Bürger wollen das Leid der Tiere in den Laboren nicht länger hinnehmen. Die EU muss endlich handeln.“

Quelle

Knight J et al: Continuing animal tests on cosmetics ingredients for REACH in the EU. ALTEX 2021; 38(4): 653–668