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Menschliche Zellen statt Mäuse

Der bundesweite Verein Ärzte gegen Tierversuche vergibt zwei mit jeweils 10.000 Euro dotierte Wissenschaftspreise für die tierversuchsfreie Krebsforschung. Preisträger sind Forscher des Universitätsklinikums Kiel und des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) für die Entwicklung praxisbezogener, auf menschlichem Gewebe basierender Zellmodelle.

Prämiert wird Dr. med. Maret Bauer und ihr Forscherteam vom Universitätsklinikum Kiel und der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe für ihr dreidimensionales Modell aus menschlichem Tumorgewebe zur Erforschung der Mechanismen des Brustkrebses mit dem Ziel, patientenspezifische Therapien entwickeln zu können. Mittels Gen-Chip-Analyse soll untersucht werden, wie sich die Ausbreitung der Krebszellen verhindern lässt, wenn die Umgebung des Tumors verändert wird. Das Gewebe stammt aus medizinisch notwendigen Operationen von Brustkrebspatientinnen. Üblicherweise werden solche Untersuchungen an Mäusen durchgeführt. Das von Dr. Bauer entwickelte Zellkulturmodell hat im Gegensatz zum Tierversuch einen direkten klinischen Bezug, das heißt, die Ergebnisse sind auf die Situation beim Menschen übertragbar. Zudem ist die Methode zeitsparend und kostengünstig.

Dr. rer. nat Irinia Nazarenko und Dr.-Ing. Stefan Giselbrecht vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) werden für ihre Arbeit zur Entwicklung von Tochtergeschwulsten in andere Organe ausgezeichnet. Modernste Techniken kommen zum Einsatz, die Ingenieurwissenschaft mit Zellforschung kombinieren. Es werden menschliche Zellen organotypisch auf mikrostrukturierten Biochips in Bioreaktoren kultiviert, die als Knochenmark- und als Brustkrebsmodell dienen und die Abläufe bei der Metastasierung von Brustkrebs in Knochengewebe lebensecht darstellen. So können auch neue Therapie-Ansätze im Bereich der Tumor-Nanotechnologie entwickelt werden. Auf die sonst in diesem Forschungsbereich verwendeten Mäuse wird vollständig verzichtet.

Die Förderung tierversuchsfreier Krebsforschung wurde durch eine zweckgebundene Erbschaft ermöglicht. Kriterium für die Förderwürdigkeit eines Projektes ist die Forschung gänzlich ohne die Verwendung von Tieren oder tierischem Material. Der Preis war erstmals im Jahr 2006 für ein Modell zur computergestützten Krebsforschung vergeben worden.

»Es freut uns, Wissenschaftler zu fördern, deren Forschungsarbeiten auf den Menschen bezogene tumorspezifische Untersuchungen ermöglichen und die ohne jedes Tierleid auskommen«, so Dipl.-Biol. Silke Bitz von der Ärztevereinigung. Bei der Auswahl der Preisempfänger wurde darauf geachtet, dass auch die Nährmedien für Zellkulturen und Antikörper nicht vom Tier stammen, sondern synthetisch hergestellt wurden.

Der Ärzteverein warnt schon lange vor den fatalen Folgen der üblicherweise auf Tierversuchen basierenden Krebsforschung. Im Labor künstlich erzeugter Krebs sei zwar bei vielen Tierarten »heilbar«, dieser Forschungsansatz habe jedoch mit der vielschichtigen menschlichen Erkrankung nichts zu tun und sei daher zum Scheitern verurteilt und halte den medizinischen Fortschritt auf.

»Das Interesse an der tierversuchsfreien Krebsforschung und dem Förderpreis zeigen, dass einige Wissenschaftler Tierversuche nicht für den richtigen Weg halten, um Fortschritte in der Krebsforschung für Menschen zu erlangen«, erläutert Dipl.-Biol. Silke Bitz von der Ärztevereinigung abschließend.

Die Preisvergabe findet jeweils in den Instituten der Preisträger statt, Termine werden rechtzeitig bekannt gegeben.