Schluss mit der Affenqual in Bremen!
Die Genehmigung der Affenhirnforschung von Andreas Kreiter an der Bremer Universität endet am 30.11.2023. Die Bremer Gesundheitsbehörde hat die Neugenehmigung für diese Versuche abgelehnt. Ein Meilenstein! In Folge des von der Universität Bremen gestellten Eilantrags, entschied das Bremer Verwaltungsgericht am 17. April 2024, die Affenhirnversuche vorläufig weiter zuzulassen, allerdings mit Einschränkungen.
Unser Ärzteverein kritisiert diese Versuche seit vielen Jahren als besonders qualvoll und nutzlos für kranke Menschen. Neben der ethischen Nichtvertretbarkeit, sehen wir auch vor dem Hintergrund des aufgrund von EU-Recht geänderten Tierschutzgesetzes keine Grundlage für die erneute Genehmigung. Mit groß angelegten Plakataktionen in Bremen im September 2021, Juli 2022 und September 2023 prangerte unser Verein gemeinsam mit der Deutschen Juristischen Gesellschaft für Tierschutzrecht (DJGT) die Affenhirnversuche an und fordert deren Ende.
Im vergangenen Jahr hatte die Uni beim Bremer Verwaltungsgericht einen Eilantrag gestellt und damit die Fortführung der Versuche erwirkt. Die Genehmigungsbehörde wollte den Verlängerungsantrag für die Affenhirnforschung ablehnen, bevor es aber zu einem behördlichen Bescheid kam, stellte die Uni einen Eilantrag beim Bremer Verwaltungsgericht. Dieses auferlegte der Behörde zunächst, die Genehmigung bis zum 30.11.2022 zu erteilen. Die letzte Verlängerung lief nun Ende November 2023 aus.
Am 14.11.2023 hat die Bremer Gesundheitsbehörde tatsächlich den Neuantrag abgelehnt. Eine Woche später wurde bekannt, dass die Uni Bremen einen Eilantrag an das zuständige Gericht gestellt hat, um eine weitere Fortführung der Versuche zu erwirken. Am 17. April 2024 entschied das Bremer Verwaltungsgericht, die Affenhirnversuche vorläufig weiter zuzulassen. Dies allerdings mit der Einschränkung, dass neue Tiere keinen versuchsvorbereitenden chirurgischen Eingriffen unterzogen werden dürfen, womit der weitergehende Antrag abgelehnt wurde. Gerade angesichts der Tatsache, dass diese Versuche maßgeblich auf invasiven Messungen fußen, kann diese Maßgabe als Meilenstein gesehen werden. Das Gericht hat zudem diese Gestattung auf lediglich zwei Monate nach einer Entscheidung der Genehmigungsbehörde über den Widerspruch gegen die Ablehnung des Tierversuchsantrags des Affenhirnforschers begrenzt.
Zu den Gründen führt das Gericht an, dass die Fachgutachten keine wissenschaftlich fundierte Grundlage bieten würden und eine Abwägung zwischen der Belastung der Tiere und der Bedeutung des Forschungsvorhabens nicht abschließend möglich sei. Im Rahmen einer Folgenabwägung hat es daher im Wesentlichen die Argumente des Antragstellers berücksichtigt. Insgesamt kam das Gericht zu dem Ergebnis, dass der Schaden durch Beendigung der Versuche höher wiege als die Belastungen der Tiere, welche hier nur als maximal mittelgradig anerkannt werden. Das Gericht weist jedoch in seiner Entscheidung darauf hin, dass die Bewertung des Schweregrades in einem Hauptsacheverfahren möglicherweise anders ausfallen könnte.
Angesichts der Dokumentation über das schwerste Leid in der Affenhirnforschung bei gleichzeitig unerwiesenem Nutzen ist nicht auszuschließen, dass bei einer weiteren Überprüfung diese Forschung keinen Bestand haben wird.
Wie bereits 2008 in Bremen, lehnten 2006 in München und 2007 in Berlin die Genehmigungsbehörden vergleichbare Hirnversuche an Affen ab, da sie das Leid der Tiere als zu hoch und den medizinischen Nutzen als nicht gegeben ansahen. Die in Berlin zuständige Behörde machte in ihrem Ablehnungsbescheid deutlich: „Um einem lebensbedrohlichen Leiden (Durst) zu entrinnen, fügt sich das Tier in ein anderes erhebliches Leiden (Kopffixierung im Primatenstuhl).“
In Bremen jedoch, zog Kreiter vor Gericht. Nach einem sechs Jahre dauernden Rechtsstreit, urteilte das Bundesverwaltungsgericht letztendlich, dass die Versuche fortgeführt werden dürfen. Ein fatales und nicht nachvollziehbares Urteil! Mit der aktuellen Ablehnung des Neuantrags besteht rechtlich eine gute Chance, die qualvollen Versuche endlich zu stoppen - wir werden alles daran setzen!
Affenhirnversuche sind nicht genehmigungsfähig
In mehreren Städten in Deutschland (neben Bremen, auch Frankfurt/M., Göttingen, Magdeburg, Marburg und Tübingen) wird seit Jahrzehnten Affenhirnforschung betrieben, vorgeblich, um das menschliche Gehirn zu erforschen. Ein Nachweis über den Nutzen hingegen fehlt. Es handelt sich um rein zweckfreie Grundlagenforschung. Vor dem Hintergrund der durch die EU erzwungenen Korrektur des Tierschutzgesetzes, das eine Abwägung zwischen ethischer Vertretbarkeit und hervorragender Bedeutung der Versuche verlangt, ist die Ablehnung des Versuchsantrags des Bremer Gesundheitsbehörde folgerichtig. Denn die Versuche gehen mit schwerem Leid für die Tiere einher, haben aber keinerlei Nutzen.
Auch die damalige Auffassung des Oberverwaltungsgerichts Bremen, das die Prüfbefugnis der Genehmigungsbehörde auf eine bloße Plausibilitätskontrolle reduziert hatte, ist vor den nun geltenden Vorgaben der EU-Tierversuchsrichtlinie nicht mehr haltbar. Die Europäische Kommission hatte dies in ihrem Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland aufs Schärfste kritisiert und entsprechende Nachbesserung im Tierschutzgesetz gefordert. Im Falle eines erneuten Rechtsstreits ist die Justiz gefragt, endlich das Tierschutzgesetz und Staatsziel Tierschutz zu berücksichtigen und der Ära der altertümlichen und qualvollen Hirnforschung an Affen ein Ende zu setzen.
Gemeinsam mit der Deutschen Juristischen Gesellschaft für Tierschutzrecht (DJGT) geben wir den Bremer Behörden juristische und fachliche Rückendeckung für die Ablehnung der Affenhirnversuche und den folgendne Rechtsstreit.
Tierversuchsfreie Hirnforschung
Die Affenhirnforschung ist nicht nur ethisch nicht zu akzeptieren, sondern darüber hinaus für den Erkenntnisgewinn über das menschliche Gehirn nicht zielführend. Dagegen sind innovative Methoden etwa mit menschlichen Mini-Gehirnen für die Erforschung und Behandlung neurologischer Krankheiten von großer Bedeutung. In der NAT-Datenbank zu tierversuchsfreien Methoden sind mehrere solcher Hirnmodelle angeführt.
Beispielsweise konnten allein in jüngerer Zeit Forscher an der Johns Hopkins University, Baltimore, USA, in Gehirn-Organoiden wesentliche Erkenntnisse hinsichtlich der Rolle der Interaktion von Genen und Umwelt bei Autismus gewinnen. An der Ruhr Universität Bochum haben Forscher an Hirn-Organoiden wichtige physiologische Vorgänge bei der Alzheimererkrankungen entdeckt. An der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf werden menschliche Gehirn-Organoide gezüchtet, die Augen entwickeln und sich als Modell zur Untersuchung der Augenentwicklung und Ursachen von Augenerkrankungen eignen.
19.04.2024
Dipl. Biol. Silke Strittmatter
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