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...und andere Absurditäten

Mit unserer Datenbank Tierversuche ermöglichen wir einen Einblick hinter die Kulissen und stellen verständlich dar, was mit den Tieren in Tierversuchslaboren geschieht. Derzeit enthält die Datenbank Beschreibung von über 5.300 Versuchen, die von Experimentatoren in internationalen Fachzeitschriften veröffentlicht wurden:

www.datenbank-tierversuche.de

In diesem Beitrag stellen wir exemplarisch 10 dieser Versuche vor, die in den letzten Monaten in die Datenbank aufgenommen wurden. Sie vermitteln einen Eindruck von den ebenso grausamen wie unsinnigen Experimenten. Es ist dabei immer wieder erschütternd, mit welchen fadenscheinigen Gründen Tiere im Namen der Grundlagenforschung für Versuche herhalten müssen, die keinem Menschen jemals nützen werden. So erscheint es wenig wahrscheinlich, dass Erkenntnisse darüber, wie sich elektrische Fische vor ihren eigenen Entladungen schützen, genutzt werden können, damit das menschliche Herz immun gegen Elektroschocks wird. Aber auch für „das Tierwohl“ müssen Tiere leiden. Gentechnisch manipulierte Eber, die aussehen und schmecken wie Säue –  sodass ihnen die Kastration erspart bleiben kann - ob das die Forschung ist, die wir uns von unseren schlauesten Köpfen wünschen und gerne mit unseren Steuergeldern unterstützen?

Kann man Eber in Sauen verwandeln, um ihnen eine Kastration zu ersparen?

Am Friedrich-Loeffler-Institut in Mariensee wird das geschlechtsbestimmende Y-Chromosom von Schweinen gentechnisch verändert. So werden Embryonen erzeugt und in Leihmütter implantiert. Ein Teil der zur Welt kommenden Ferkel ist genetisch männlich, weist jedoch weibliche äußere Geschlechtsorgane und auch Eierstöcke auf. Von einem dieser Tiere werden Klone, also genetisch identische Kopien, erstellt. Bei den genetisch männlichen Tieren mit weiblichen Geschlechtsorganen wird beobachtet, dass sie nicht brünstig werden. Sie werden daraufhin mehrfach erfolglos einer Hormonbehandlung mit einem aus dem Blut schwangerer Stuten gewonnenen Hormon und einem menschlichen Sexualhormon unterzogen, um den Eisprung auszulösen. Die Arbeiten sollen dazu dienen, Schweine so zu manipulieren, dass ausschließlich Tiere mit „weiblichen“ Körpern zur Welt kommen. So soll männlichen Ferkeln eine Kastration erspart werden, welche durchgeführt wird, damit das Fleisch der Tiere nicht nach Eber riecht oder schmeckt.

Datenbank-ID: 5458

Hängen Ratten, die ein Lavendelblüten-Öl erhalten, haben stärker an ihrem Leben?

In Karlsruhe werden Ratten in einen Zylinder gegeben, der so hoch mit Wasser gefüllt ist, dass die Tiere nicht in ihm stehen können und so zum Schwimmen gezwungen werden. Zunächst versuchen die Ratten zu entkommen, dann hören die Fluchtversuche auf und die Tiere lassen sich an der Wasseroberfläche treiben. Gruppen von Ratten erhalten dann ein aus Lavendelblüten gewonnenes Präparat, ein Antidepressivum oder ein Placebo. Dann wird der Schwimmtest wiederholt. Tieren, die weniger lange versuchen, aus der ausweglosen Situation zu entkommen, werden Depressionen unterstellt. Diese Interpretation des Verhaltens ist jedoch umstritten: So könnten die Tiere auch realisiert haben, dass sie dem Wasserbehälter nicht entkommen können und deshalb ihre Kräfte sparen, indem sie sich treiben lassen. Mit depressiven Menschen haben zum Schwimmen gezwungene Ratten jedenfalls nichts gemein. Neben dem grausamen Schwimmtest erschüttert der Versuch auch noch in anderer Hinsicht: Das aus Lavendelblüten gewonnene ätherisches Öl hat in klinischen Studien bereits eine antidepressive Wirkung beim Menschen gezeigt. Hier wird lediglich versucht, den Effekt an Ratten nachzuvollziehen. Finanziert und durchgeführt wurde der Versuch von der Firma Dr. Willmar Schwabe, welche sich auf pflanzliche Arzneimittel spezialisiert hat und auf ihrer Homepage die Durchführung von Tierversuchen hinter Umschreibungen wie „Untersuchungen an etablierten toxikologischen Modellen“ zu verschleiern versucht.

Datenbank-ID: 5465

Hilft kühles Blut bei Schlaganfällen?

An der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg wird 20 Schafen unter Narkose ein Loch in den Schädel gebohrt und eine Hirnschlagader für 3 Stunden abgeklemmt. Dies soll einen Schlaganfall nachahmen. Bei einem Teil der Tiere wird ein gekühlter Katheter von der rechten Oberschenkelarterie aus bis zur Halsarterie geschoben. Dadurch soll die Körpertemperatur der Tiere gesenkt werden, was durch Messung der Nasentemperatur der Schafe geprüft wird. Die Tiere werden auf neurologische Schäden untersucht und 30 Tage nach dem „Schlaganfall“ getötet. So soll untersucht werden, ob eine innere Kühlung des Bluts zu einer Verminderung der Auswirkungen eines Schlaganfalls führt. Es ist nicht zu erwarten, dass das Abbinden eines Gefäßes im Gehirn von gesunden jungen Schafen einen Schlaganfall, der üblicherweise ältere Patienten mit Vorerkrankungen betrifft, nachahmen kann. Zudem merken selbst die Autoren an, dass sich die Anatomie des Gehirns von Schafen und Menschen erheblich unterscheidet und die Blutversorgung des Schafhirns anders aufgebaut ist. Wozu dann die Forschung am Schafhirn gut sein soll, bleibt unklar.

Datenbank-ID: 5372

Schwächt Schlafentzug das Immunsystem von Mäusen?

An der Medizinischen Fakultät der Eberhard-Karls-Universität Tübingen werden Mäuse für 6 Stunden durch „Handling“ wachgehalten. Dazu werden die Mäuse am Morgen - einer Zeit, zu der die nachtaktiven Tiere normalerweise schlafen gehen - immer wieder gestört, sobald sie sich in ihr Nest zurückziehen. Dann werden den Tieren rote Blutkörperchen von Schafen gespritzt, woraufhin ihr Immunsystem Antikörper gegen die fremden Zellen bildet. Sechs oder 10 Tage später werden die Tiere mit Kohlendioxid erstickt. Mit den Versuchen soll die Auswirkung eines Schlafentzuges auf die Immunantwort von Mäusen untersucht werden, was Rückschlüsse auf die Wirkung einer Impfung nach Schlafentzug beim Menschen ermöglichen soll. Es wurden bereits etliche vergleichbare Versuche zum Einfluss des Schlafs auf eine Impfung an menschlichen Freiwilligen durchgeführt, entsprechende Veröffentlichungen werden von den Autoren auch zitiert. Bei diesen älteren Studien wurde zumeist der Schlafentzug nach der Impfung untersucht. Um den Einfluss des Schlafens vor einer Impfung zu untersuchen wären sicherlich ebenfalls Studien mit freiwilligen menschlichen Teilnehmern möglich und vor allem zielführender gewesen.

Datenbank-ID: 5373

Wie lernen und vergessen ausgehungerte Tauben?

An der Fakultät für Psychologie der Ruhr-Universität Bochum müssen Tauben hungern, bis ihr Gewicht um 10 – 20% unter dem normalen Gewicht liegt. Den ausgehungerten Tieren werden dann in einer kleinen Box auf einem Bildschirm verschiedene Symbole gezeigt. Je nach gezeigtem Symbol müssen sie auf einen bestimmten Knopf picken. Tun sie dies, erhalten sie etwas Futter als „Belohnung“. Dann wird den Tieren unter Narkose ein Loch in den Schädel gebohrt und Elektroden werden in das Gehirn eingelassen. Die Elektroden werden mit Zahnzement und Schrauben am Schädel fixiert. In der Folge werden den Tauben neue Symbole gezeigt und sie müssen herausfinden, auf welchen Knopf sie picken müssen, um Futter zu erhalten. Drücken sie auf den falschen Knopf werden sie bestraft, indem das Licht ausgeschaltet wird. Nachdem die Tauben diesen Versuchsablauf beherrschen, werden die Versuchsbedingungen geändert. Zum Beispiel erfolgt auf eines der Muster nach dem Picken auf den korrekten Knopf keine Belohnung mehr, damit die Tiere das zuvor erlernte Verhalten wieder „verlernen“. Es soll untersucht werden, was in den Gehirnzellen von Tauben passiert, wenn sie Verhaltensweisen lernen, verlernen und erneut lernen. Was die Untersuchung an hungrigen Tauben, die aufgrund einer erwarteten, aber ausbleibenden „Belohnung“ – in Form von lebensnotwendigem Futter - enttäuscht sind tatsächlich über Lernprozesse aussagt und wem dies nützen soll, bleibt unklar.

Datenbank-ID: 5412

Wie beeinflusst Zigarettenrauch bei Mäusen das Gewicht der Nachkommen?

Am Forschungszentrum Borstel müssen Mäuse 6 Wochen lang für eine Stunde am Tag Zigarettenrauch einatmen. Dazu werden die zu Beginn der Versuche 3 Wochen alten Mäuse in einer Kammer gehalten, in die an 5 Tagen in der Woche einmal pro Tag für eine Stunde Zigarettenrauch eingebracht wird. Anschließend werden die Tiere mit Mäusen gepaart, die keinem Zigarettenrauch ausgesetzt waren. Das Körpergewicht der Nachkommen wird gemessen und über 21 Lebenstage verfolgt. Mit dem Versuch soll die Frage geklärt werden, wie das Rauchen die Spermaqualität beeinflusst und ob dies zu einer Veränderung des Gewichts der Nachkommen führt. Für den Menschen ist dies bereits in epidemiologischen Studien untersucht worden. Dennoch sehen die Autoren hier weiteren Forschungsbedarf und bezeichnen die veröffentlichte Arbeit lediglich als Vorversuche, denen weitere Studien mit dem von ihnen entwickelten „Maus-Modell“ folgen sollen.

Datenbank-ID: 5423

Was passiert, wenn Ratten Broccoli essen?

Am Deutschen Institut für Ernährungsforschung (DIfE) Potsdam-Rehbrücke werden Gruppen von Ratten 5 Wochen lang mit großen Mengen rohem oder gekochten Broccoli oder rohem Blumenkohl gefüttert. Damit kontrolliert werden kann, wieviel Kohl jedes Tier gegessen hat, werden die Ratten einzeln gehalten, was für die hochsozialen Tiere, die in der Natur in großen Gruppen zusammenleben, eine Qual ist. Anschließend werden die Ratten enthauptet und es werden Blut, verschiedene Gewebe und Abstriche vom Darm entnommen und untersucht. In den durch das Institut Danone geförderten Versuche soll untersucht werden, ob der Verzehr von Kohl bei Ratten das Erbgut schädigt.

Datenbank-ID: 5466

Infizieren sich Enten beim Baden mit Vogelgrippe?

Am Friedrich-Loeffler-Institut in Greifswald - Insel Riems werden 80 Stockenten in Gruppen von 4 bis 10 Tieren in 11 Quadratmeter „großen“ Ställen gehalten. Ein Teil der Ställe hat ein kleines Wasserbecken, in dem die Tiere schwimmen können. Den anderen Tieren wird dieses arttypische Verhalten verwehrt; sie imitieren das für sie wichtige Verhalten, indem sie es mit Ersatzbewegungen nachahmen. Einzelne Tiere werden mit Vogelgrippe infiziert, entweder indem die Viren in den Schnabel, die Nase und die Augen geträufelt, dem Trinkwasser zugesetzt oder auf dem Gefieder einzelner Enten verteilt werden. Dann wird beobachtet, wie sich die Infektion in den Entengruppen ausbreitet. Von den Tieren werden täglich Abstriche aus dem Mund und der Kloake genommen, zudem werden den Tieren mehrfach Flugfedern ausgerissen. Ein Teil der Enten entwickelt schwere neurologische Symptome wie Orientierungslosigkeit, Schiefhalten des Kopfes, unkontrollierte Bewegungen (Ataxie) und Bewusstseinsstörungen. Eines dieser Tiere stirbt 6 Tage nach der Infektion in der Nacht, weitere Tiere werden wegen der Schwere ihrer Symptome auf nicht genannte Art getötet. Mit den Versuchen soll überprüft werden, ob Wasserstellen eine Rolle bei der Übertragung von Vogelgrippe haben könnten.

Datenbank-ID: 5496

Lernen Fliegen mit „Alzheimer“ aus Elektroschocks?

An der Universität Freiburg in der Schweiz werden Taufliegen gezüchtet, die Eiweißablagerungen im Gehirn haben, die denen von Alzheimer-Patienten ähneln. Ein Teil der Fliegen wird in eine Röhre gegeben und ihnen wird für 60 Sekunden ein Geruch präsentiert. Parallel dazu werden Stromstöße über Kupferdrähte in der Röhre abgegeben. Danach wird den Fliegen 60 Sekunden lang ein zweiter Geruch dargeboten. Anschließend wird die „Gedächtnisleistung“ der Tiere getestet, indem sie in eine zweiarmige Apparatur gegeben werden, in der sich die Fliegen entweder in Richtung des einen oder des anderen Geruchs bewegen können. Entscheiden sich die Fliegen eher für den Geruch, der zuvor nicht mit den Stromschlägen kombiniert war, gilt das als gute Gedächtnisleistung. Einige der Fliegen werden für „Kälteschock-Experimente“ in vorgekühlte Gefäße überführt und diese werden 2 Minuten lang in Eiswasser gegeben. Zwei Stunden später wird dann ihr Gedächtnis getestet. Die Versuche mit den mit Elektroschocks auf einen bestimmten Geruch konditionierten Taufliegen sollen aufklären, wie es bei Alzheimer zu Vergesslichkeit kommt. Die Autoren selbst merken an, dass die Taufliegen nur über einzelne Aspekte der Alzheimer-Erkrankung verfügen und sich das Gehirn von Menschen und Taufliegen deutlich voneinander unterscheidet.

Datenbank-ID: 5364

Wie lange hört ein Goldfisch nach einem Elektroschock auf zu atmen?

elektrischer wels wiki commons
Elektrischer Wels (Quelle: Wikimedia Commons)

Am Lehrstuhl für Tierphysiologie, Universität Bayreuth werden entweder ein Goldfisch und ein Elektrischer Wels oder zwei Welse in einen Plexiglaskanal gesetzt. Die Elektrischen Welse werden durch Berührung ihres Schwanzes oder mit einem lauten Ton zu einer elektrischen Entladung veranlasst. Während die Welse immun für die Entladungen ihrer Artgenossen sind, reagieren die Goldfische mit Muskelkontraktionen des ganzen Körpers. Andere Fische erhalten mit einem Gerät, das in der Elektrofischerei eingesetzt wird, einen starken elektrischen Schlag. Im Gegensatz zum Elektrischen Wels hört der Goldfisch sofort auf zu schwimmen, sinkt auf den Boden des Beckens und hört auf zu atmen. Die Zeit, die der Goldfisch benötigt, bevor er wieder zu atmen beginnt, wird gemessen und beträgt durchschnittlich 24 Sekunden. Mit den Experimenten soll untersucht werden, wie sich Elektrische Welse vor ihren eigenen Entladungen schützen. Um einen Anwendungsbezug zu konstruieren, werden von den Autoren Schäden des Herzens beim Menschen nach Elektroschocks erwähnt. Wie das Verständnis der Immunität von Elektrischen Welsen gegenüber elektrischen Entladungen, welche sie über lange Zeiträume durch Evolution erlangt haben, tatsächlich Menschen bei einem Elektroschock helfen soll, wird nicht erläutert. Die Versuche an Goldfischen, von denen der Veröffentlichung Videos von zuckenden Tieren mit aussetzender Atmung beigefügt sind, sind vollkommen sinnfrei und grausam. Sie dienen lediglich dazu, die Stärke des Stromschlags zu demonstrieren - was mit einem einfachen Messgerät möglich gewesen wäre.

Datenbank-ID: 5463

05.06.2023
Dr. Johanna Walter