Risiko Tierversuch - Gefälschte Studien in der Biomedizin gaukeln Nutzen vor
Die meisten Substanzen, die in Tests an Mäusen wirken, helfen Menschen nicht. Zu diesem Schluss kommt eine aktuelle Studie. Bei der Begutachtung einer Versuchsreihe an Mäusen zur Testung eines Medikamentes zur Behandlung von Schlaganfall offenbarte sich zudem, dass wichtige Ergebnisse unter den Tisch fallen. Der bundesweite Verein Ärzte gegen Tierversuche sieht darin erneut die Notwendigkeit bestätigt, im Sinne von Mensch und Tier auf schnellstem Wege das System Tierversuch abzuschaffen.
An 20 Mäusen wurde ein potentielles Schlaganfall-Medikament getestet. 10 Tiere erhielten die Substanz und 10 ein Placebo. Die Studie kam zum Ergebnis, dass die Substanz wirkt und ein Erfolg ist. Der Neurologe Prof. Ulrich Dirnagl, Leiter des Zentrums für experimentelle Schlaganfallforschung an der Berliner Charité, hatte diese Studie überprüft und festgestellt, dass von den 10 Mäusen, die die Substanz erhielten, im Abschlussbericht nur noch 7 erwähnt werden. Auf Nachfrage erfuhr er, dass die 3 Mäuse frühzeitig an Hirnschlag starben und in der Auswertung nicht weiter berücksichtigt wurden. Hätten sie darin Eingang gefunden, hätte sich gezeigt, dass die Substanz mehr Schaden anrichtet als nützt, so das Fazit der Begutachtung. Die Art der Tierversuchsforschung bezeichnet Dirnagl als steinzeitlich.
Zahlreiche Forscher beklagen den mangelnden Nutzen von Tierversuchen. Prof. Malcolm Macleod von der Universität Edinburgh sichtete im Jahr 2004 Tierversuchsstudien zur Hirnschlag-Forschung. 603 Substanzen waren an Mäusen getestet worden, wovon 374 als wirksam eingestuft wurden. 97 davon wurden am Menschen getestet, wo jedoch nur eine einzige Substanz wirkte. Und diese hatte man nur ausgewählt, weil sie zuvor beim Menschen bei Herzschlag geholfen hatte.
Ähnlich untauglich zeigten sich Tierversuche zur Testung eines Medikaments gegen Amyotrophe Lateralsklerose, eine Erkrankung des motorischen Nervensystems. Alle 70 Substanzen, die sich an Mäusen bewährt hatten, versagten beim Menschen. Die Ärztevereinigung warnt seit langem vor den Gefahren des Tierversuchs. So ergab eine Studie der amerikanischen Arzneimittelbehörde (FDA), dass 92% der potentiellen Medikamente, die sich im Tierversuch als wirksam und sicher erwiesen haben, nicht durch die klinische Prüfung kommen, weil sie gar nicht oder anders wirken oder aber schädlich für den Menschen sind.
Eine tierversuchfreie, auf den Menschen bezogene Forschung mittels Tests an menschlichen Zellen, Computersimulationen, Bevölkerungsstudien und Biochips ist nach Ansicht des Vereins unabdingbar, um zu klinisch relevanten und zuverlässigen Ergebnissen zu kommen.
Weitere Infos
Jennifer Couzin-Frankel: When mice mislead. Science 2013: 342; 922-925 (Zusammenfassung) >>