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Tierversuchsfreie Methoden spielen entscheidende Rolle für die bisher schnellste Impfstoffentwicklung

In einer umfangreichen Studie untersuchen niederländische Wissenschaftler, warum die Entwicklung des Pfizer/BioNTech Corona-Vakzins viel schneller als die übliche Impfstoffentwicklung erfolgt ist. Es stellt sich heraus, dass die Anzahl der durchgeführten Tierversuche reduziert wurde, Studien mit Menschen bereits vor den Tierversuchen begannen und mehr tierversuchsfreie Methoden verwendet und akzeptiert wurden. Die Reduktion bzw. Abschaffung der verlangten Tierversuche könnte auch zukünftige Impfstoffentwicklungen beschleunigen.

Durchschnittlich dauert es 10 bis 15 Jahre bis ein neuer Impfstoff entwickelt und zugelassen wird – ein Prozess, der in der Regel mit vielen langwierigen gesetzlich vorgeschriebenen Tierversuchen einhergeht. Im krassen Gegensatz dazu wurde der erste Corona-Impfstoff in Europa, Comirnaty der Pharmaunternehmen Pfizer und BioNTech, weniger als 12 Monate nach dem ersten dokumentierten Corona-Fall zugelassen.

In einer neuen Studie nehmen niederländische Wissenschaftler den Pfizer/BioNTech Corona-Impfstoff als Beispiel und analysieren dabei, wie sich die gesetzlichen Anforderungen für die obligatorischen Tierversuche im Gegensatz zum präpandemischen „Normalfall“ unterscheiden. Weiterhin wird der Frage nachgegangen, wie verschiedene Interessensgruppen, einschließlich Zulassungsbehörden und Pharmaunternehmen, das Potenzial für nachhaltige Auswirkungen auf zukünftige Impfstoffentwicklungen sehen.

Die Ergebnisse zeigen, dass während des gesamten Impfstoffentwicklungsprozesses diverse tierversuchsfreie Verfahren sowie menschliche Studien verstärkt eingesetzt wurden, um die Struktur und die Eigenschaften möglicher Impfstoffkandidaten zu bestimmen. Gleichzeitig wurden deutlich weniger Tierversuche zu diesen Zwecken durchgeführt. „Viele sonst übliche Tierversuche wurden als „nicht essenziell“ betrachtet und mit Daten aus menschenrelevanten Methoden ersetzt“, erklärt Dr. rer. nat. Dilyana Filipova, Wissenschaftlerin bei Ärzte gegen Tierversuche. „Zum Beispiel wurde die Wirksamkeit des Comirnaty-Impfstoffs direkt an Menschen getestet und manche sonst üblichen Sicherheitstestungen an Tieren sind ausgefallen“, so Filipova.

Um die Zulassung der Corona-Impfstoffe weiter zu beschleunigen, wurden einige Tierversuche, die üblicherweise vor den Versuchen am Menschen gemacht werden, erst während der klinischen Phase 3 durchgeführt, bei der der Impfstoff bereits an Tausenden Menschen erprobt wurde. Teilweise wurden die Tierversuche sogar erst nach der abgeschlossenen Impfstoffzulassung durchgeführt. „Impfstoffe an Tieren zu testen, wenn Ergebnisse bei Menschen schon vorhanden sind, ist eine sinnlose und unzulässige Verschwendung von Tierleben. Zulassungsbehörden und Pharmaunternehmen haben die tierexperimentellen Daten offensichtlich nicht als unabdingbar erachtet“, resümiert Filipova.

Diese Studie befasst sich auch mit der kritischen Frage, inwiefern die hier beschriebene Vorgehensweise bei der Impfstoffentwicklung auch nach der Pandemie etabliert werden könnte. Pharmaunternehmen sind bereit, den nächsten Schritt zu tun: Sie halten tierversuchsfreie Methoden für besser, billiger, schneller und wissenschaftlich bedeutsamer. Laut der Studie ist die größte Hürde, dass Tierversuche von den Aufsichtsbehörden immer noch gefordert und als notwendig erachtet werden.

„Die schnelle Entwicklung der Corona-Impfstoffe zeigt eindeutig, dass Tierversuche die Entwicklung von Impfstoffen und Medikamenten nicht unterstützen, sondern behindern“, sagt Filipova. Ärzte gegen Tierversuche fordert deutsche und europäische Gesetzgeber auf, das nachweislich gescheiterte System „Tierversuch“ abzuschaffen und konsequent auf moderne tierversuchsfreie Methoden umzusatteln.

Quelle

Ritskes-Hoitinga, M. et al.: The promises of speeding up: Changes in requirements for animal studies and alternatives during COVID-19 vaccine approval – A case study. Animals 2022; 12(13):1735