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Ärzte gegen Tierversuche spricht von einem Schlag ins Gesicht

Die Universität Augsburg will Nägel mit Köpfen machen und die umstrittenen Tierversuche vorzeitig etablieren. Statt erst 2030 in einer geplanten Tierhaltung auf dem neuen Medizin-Campus sollen schon bald Mäuse und Ratten in Räumen des Sigma-Parks gehalten, gequält und getötet werden. Der bundesweite Verein Ärzte gegen Tierversuche protestiert seit anderthalb Jahren.

Seit Bekanntwerden der Pläne Anfang 2020, in Augsburg eine Tierversuchseinrichtung für 36 Mio. Euro errichten zu wollen, gibt es massive öffentliche Proteste dagegen. Mit Unterschriftensammlungen, Demos und regelmäßigen Mahnwachen macht seither der Verein Ärzte gegen Tierversuche unter dem Motto „Augsburg muss tierversuchsfrei bleiben“ gegen die Pläne mobil. In einem Neubau sollen auf einer Fläche von 1.640 qm Käfige für rund 23.400 Mäuse sowie andere Tiere geschaffen werden. Inbetriebnahme war zunächst für 2027/2028 geplant und später auf 2030 verschoben.

„Bei so einem langen Zeitraum bestünde eine realistische Chance, dass auch die Uni-Verantwortlichen begreifen, dass die Forschung der Zukunft tierversuchsfrei ist“, so Dr. med. Rosmarie Lautenbacher, Ärztin aus Augsburg und Mitglied des erweiterten Vorstands von Ärzte gegen Tierversuche. So haben sich kürzlich auf dem 11. Weltkongress zu „Alternativen zum Tierversuch“ über 1.000 Wissenschaftler in 800 Vorträgen und Postern ausgetauscht – das zeigt die unfassbare Fülle moderner Forschungsmethoden etwa mit gezüchteten menschlichen Miniorganen und Multi-Organ-Chips. Und das EU-Parlament hat im September mit 97%iger Mehrheit abgestimmt, die EU-Kommission solle jetzt einen Ausstiegsplan aus dem Tierversuch entwickeln.

Medienberichten zufolge werden jetzt als Interimslösung 250 qm im Sigma-Park angemietet werden, um Käfige für 2.500 Mäuse und 400 Ratten unterzubringen. Für Dr. Lautenbacher ist das ein Schlag ins Gesicht und ein Riesenfehler. „Ist die Tierversuchseinrichtung erst mal da, werden Forscher angelockt, die sich der altertümlichen Testung am Tier verschrieben haben“. Von den künftig 101 Medizinprofessoren sind bereits 28 berufen worden.

Ärzte gegen Tierversuche hat Hinweise recherchiert, die auf geplante Tierversuche deuten. So wird für die Arbeitsgruppe „Molekulare Zellbiologie“ bereits nach Laborpersonal für tierexperimentelle Arbeiten gesucht (Injektionen von Mäusen, Gewebe- und Organentnahme). Der Lehrstuhlinhaber für Physiologie, Rudolf Schubert, hat bisher an der Medizinischen Fakultät Mannheim an Blutgefäßen von Ratten geforscht und der Lehrstuhlinhaber für Anatomie und Zellbiologie, Marco Koch, war an der Uni Leipzig unter anderem an einer Studie zur Tumor-Kachexie bei genmanipulierten Mäusen beteiligt.

„Dabei lassen sich Tierversuchsergebnisse nicht auf den Menschen übertragen. Zudem gibt es längst aus menschlichen Zellen generierte Blutgefäße und gerade im Bereich Krebsforschung gibt es eine ungeheure Fülle an tierleidfreien Forschungsmethoden, die im Gegensatz zum Tierversuch für den Menschen relevante Ergebnisse liefern“, weiß Ärztin Lautenbacher. Pumpende Miniherzen, filtrierende Mini-Nieren, atmende Mini-Lungen – bis zu 16 Miniorgane aus menschlichen Zellen können mit einem Blutkreislauf zu einem „Mini-Menschen“ auf einem sogenannten Multi-Organ-Chip verbunden werden. Doch solche wegweisende Forschung wird immer noch mit weit unter 1% der Förderung der Tierversuchsforschung finanziert.

Daher fordert der Ärzteverein, die 36 Mio. Euro für ein Zentrum der innovativen Spitzenforschung zu investieren, „statt krampfhaft an Tierversuche festzuhalten – einem im 19. Jahrhundert manifestierten System.“