Sprache auswählen

To Homepage

Mäuse litten wegen lückenhafter Überwachung

Die Staatsanwaltschaft Heidelberg hat das Ermittlungsverfahren gegen drei Beschuldigte des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) wegen Verdachts auf Verstoß gegen das Tierschutzgesetz eingestellt. Der bundesweite Verein Ärzte gegen Tierversuche hatte im Januar zusammen mit der Deutschen Juristischen Gesellschaft für Tierschutzrecht (DJGT) Strafanzeige gestellt, weil Tumorversuche an 76 Mäusen ohne Genehmigung durchgeführt worden sind.

In der Begründung der Staatsanwaltschaft heißt es, dass der Genehmigungszeitraum zwar um 6 Wochen überschritten worden war, die Beschuldigten aber nicht vorsätzlich gehandelt hätten. Auch sollen sich die Forscher an sogenannte Abbruchkriterien gehalten haben, d.h., Mäuse wurden getötet, wenn die Tumoren eine bestimmte Größe erreicht hätten. Acht Mäuse seien aus „organisatorisch-personellen Gründen“ jedoch erst zwei Tage später getötet worden. Die Staatsanwaltschaft sieht darin keine stärkeren Schmerzen oder Leiden der Tiere.

Der Verein Ärzte gegen Tierversuche zeigt sich enttäuscht. „Vergehen gegen das Tierschutzgesetz im Bereich Tierversuche kommen extrem selten ans Licht des Tages und wenn, werden sie als Bagatelle abgetan“, kommentiert Dr. Corina Gericke, Vizevorsitzende von Ärzte gegen Tierversuche.

Für die Tierärztin steht fest, dass die Mäuse durch die Induktion der aggressiven Tumore länger anhaltenden erheblichen Schmerzen, Leiden und Schäden ausgesetzt worden sind. „Die Festlegung von Abbruchkriterien ist rein willkürlich. Wenn dann dieser Tötungszeitpunkt auch noch um zwei Tage überschritten wird, weil die Überwachung Teilzeitkräften überlassen wird und damit lückenhaft ist, ist das nicht hinnehmbar“, erklärt Gericke.

Nachdem der Ärzteverein eine Forscherin des DKFZ angezeigt hatte, erstattete das Regierungspräsidium Karlsruhe Strafanzeige gegen zwei weitere Forscher und die Staatsanwaltschaft weitete die Ermittlungen zunächst aus. In der Begründung der Einstellung räumt die Staatsanwaltschaft ein, dass es zumindest einer Änderungsanzeige für die überschrittene Versuchsdauer bedurft hätte. Dieses sei eine Ordnungswidrigkeit, die von der Verwaltungsbehörde weiterverfolgt wird.

„Dass Gesetzesverstöße geahndet werden müssen, ist das Eine, darüber hinaus muss die gesamte tierexperimentelle Krebsforschung auf den Prüfstand gestellt werden.“ Der Verein fordert das DKFZ auf, statt Tierversuchen komplett auf tierversuchsfreie Methoden umzusteigen. Die Ergebnisse aus Tierstudien sind nicht auf die komplexe Situation beim Menschen übertragbar. Gerade die Krebsforschung ist laut Ärzte gegen Tierversuche ein Paradebeispiel für die jahrzehntelange Erfolglosigkeit des Tierversuchs. „Millionen Krebsmäuse sind schon geheilt worden, aber Krebs ist immer noch Todesursache Nr. 2“, erläutert die Tierärztin. Im vorliegenden Fall sind nicht einmal die Mäuse geheilt worden, sondern sie starben kläglich und das obwohl die Behandlungsmethode zuvor in Zellkulturen funktioniert hat und am Patienten für sicher befunden wurde. Der Verein fordert, Zeit und Geld nicht länger für antiquierte Tierversuche zu verschwenden, sondern auf moderne, leistungsstarke Forschungsmethoden mit menschlichen Stammzellen und Multiorganchips zu setzen. Dieser Trend würde immer stärker auch in der Wissenschaft erkannt werden. Jüngstes Beispiel: Das weltweit renommierte Sanger-Institut in Großbritannien schließt sein Tierversuchslabor wegen Fokussierung auf moderne, tierversuchsfreie Forschungssysteme.