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In Tübingen werden Rhesusaffen in der Hirnforschung gequält. Sie werden durch Durst gezwungen, jeden Tag stundenlang mit angeschraubtem Kopf Aufgaben am Bildschirm zu erfüllen. Über ein Bohrloch im Schädel werden Elektroden in das Gehirn eingeführt. Die Qual der Tiere kann Jahre dauern. Der Nutzen für kranke Menschen ist gleich Null. 

Was geschieht mit den Affen in Tübingen?

Uni Tübingen

Labor für Primaten-Neurokognition, Abteilung für Tierphysiologie, Institut für Zoologie, Universität Tübingen, Auf der Morgenstelle 28, 72076 Tübingen.

Leiter: Andreas Nieder

Nieder und Mitarbeiter forschen über das Zählvermögen von Rhesusaffen. Über einem Bohrloch im Schädel werden den Tieren eine Kammer für Elektroden sowie ein Metallbolzen auf dem Kopf implantiert. Die Tiere müssen jeden Tag mehrere Stunden in einem Primatenstuhl sitzen und Punkte und Zahlen auf einem Bildschirm erkennen. Ihr Kopf ist dabei mit dem Bolzen unbeweglich an ein Gestell geschraubt. Gleichzeitig werden über die Elektroden Hirnströme gemessen. Lässt der Affe einen gedrückten Hebel im richtigen Moment los, erhält er über einen Schlauch im Mund etwas Saft. Außerhalb der Experimente gibt es nichts zu trinken. Für einen Tropfen Saft tun die durstigen Affen alles, was von ihnen verlangt wird. Das Leid dieser Tiere erstreckt sich oft über viele Jahre.

Quellen:
Simon N. Jacob, Maximilian Stalter, Andreas Nieder: Cell-type-specific modulation of targets and distractors by dopamine D1 receptors in primate prefrontal cortex. Nature Communications 2016: 7; 13218. doi: 10.1038/ncomms13218
Steffen R. Hage, Andreas Nieder: Audio-vocal interaction in single neurons of the monkey ventrolateral prefrontal cortex. The Journal of Neuroscience 2015: 35(18); 7030-7040
Pooja Viswanathan, Andreas Nieder: Differential impact of behavioral relevance on quantity coding in primate frontal and parietal neurons. Current Biology 2015: 25; 1259-1269

Hertie-Institut

Abteilung Kognitive Neurologie, Hertie-Institut für Klinische Hirnforschung, Universität Tübingen, Ottfried-Müller-Str. 27, 72076 Tübingen

Am Hertie-Institut werden vergleichbare Versuche an Affen vorgenommen. „Trainingsmethode“ ist auch hier Flüssigkeitsentzug. Fragestellungen sind unter anderen, wie das Gehirn ruckartige Augenbewegungen koordiniert. Ein Affe muss auf einem Bildschirm einen weißen Kreis anstarren, verändert dieser plötzlich seine Position, muss das Tier ihm mit seinem Blick folgen. Gleichzeitig werden durch in das Gehirn eingelassenen Elektroden Nervenaktivitäten gemessen.

Quelle:
Daniel Arnstein, Marc Junker, Aleksandra Smilgin, Peter W. Dicke, Peter Thier: Microsaccade Control Signals in the Cerebellum. The Journal of Neuroscience 2015: 35(8); 3403–3411

MPI

Max-Planck-Institut (MPI) für Biologische Kybernetik, Spemannstraße 38, 72076 Tübingen

(ehemaliger) Leiter: Nikos K. Logothetis

Um die Nervenaktivitäten im Gehirn von Affen bei Gedächtnisleistung oder bei der Betrachtung von Gesichtsausdrücken zu erforschen, bedient man sich im MPI der gleichen Methoden wie oben beschrieben. Die Vorgänge im Gehirn werden entweder mit Hilfe von Elektroden oder Imaging-Techniken (Magnetresonanz-Tomographie) untersucht. Die Tiere werden auch hier durch Durst zur „Kooperation“ gezwungen. Im April 2017 wurden die Versuche an Affen am MPI aufgrund des öffentlichen Drucks beendet.

Quellen: 
Catherine Perrodin, Christoph Kayser, Nikos K. Logothetis, Christopher I. Petkov: Natural asynchronies in audiovisual communication signals regulate neuronal multisensory interactions in voice-sensitive cortex. PNAS 2015: 112(1); 273-278
Juan F. Ramirez-Villegas, Nikos K. Logothetis, Michel Besserve: Diversity of sharp-wave-ripple LFP signatures reveals differentiated brain-wide dynamical events. PNAS 2015: E6379-E6387. doi 10.1073/pnas.1518257112

Exzellenzcluster

Exzellenzcluster Werner Reichhardt Centrum für Integrative Neurowissenschaften (CIN)

Seit 2012 werden auch im CIN die gleichen neurophysiologischen Versuche an Affen durchgeführt wie in den anderen drei Einrichtungen. Es werden Hirnströme gemessen, während die fixierten Tiere Entscheidungen treffen. 

Quelle:
Markus Siegel, Timothy J. Buschmann, Earl K. Miller: Cortical information flow during flexible sensorimotor decisions. Science 2015: 348 (6241); 1352-1355

Datenbank-Dokumentation

Die genannten Affenversuche sind auch in unserer Datenbank-Tierversuche dokumentiert. Die Versuchsbeschreibungen basieren auf von den Experimentatoren selbst in Fachjournalen veröffentlichen Artikeln. Zur Datenbank-Tierversuche >>

Reine Neugierforschung

Diese Experimente sind für die Tiere nicht nur äußerst qualvoll, sie sind zudem weder für die Entwicklung von Medikamenten noch für Therapien von Erkrankungen des Menschen von irgendwelcher Bedeutung. Erkenntnisse über die Vorgänge im Gehirn, während Affen zählen, Mengen abschätzen oder Bilder betrachten, braucht niemand. Es handelt sich um reine Grundlagenforschung. Die einzigen Nutznießer sind die Experimentatoren selbst, die sich mit einer langen Liste von Veröffentlichungen in Fachzeitschriften profilieren und Forschungsgelder einstreichen. Finanziert wird das alles durch öffentliche Gelder.

Keine Transparenz

Seitens der Experimentatoren scheint kein Bedarf zu bestehen, der Öffentlichkeit Einblick in die angeblich Leben rettende Hirnforschung zu gewähren. Nur durch Undercover-Aktionen lässt sich die Wahrheit ans Licht bringen. 

Es geht auch anders

Ethisch vertretbare Forschung am menschlichen Gehirn ist heute möglich. Die modernen Technologien erlauben den Wissenschaftlern das Gehirn bis ins kleinste Detail zu untersuchen. Mit bildgebenden, tomographischen Verfahren kann die Verarbeitung von Nervenreizen im Gehirn von Freiwilligen untersucht werden. Diese Art der Forschung liefert relevante Daten, die menschlichen Patienten, die an Epilepsie, Alzheimer, Parkinson oder anderen neurologischen Erkrankungen leiden, helfen können.

Affenhirnforschung andernorts

In den letzten Jahren wurden von den zuständigen Behörden in München, Berlin und Bremen Tierversuche im Bereich der Hirnforschung an Affen abgelehnt. In Berlin wollte ein in Großbritannien tätiger Forscher seine Forschungstätigkeit an die Charité verlegen. Die zuständige Genehmigungsbehörde lehnte den Antrag im März 2007 ab. Der Antragsteller ließ die Einspruchsfrist verstreichen. In München handelte es sich um laufende Tierversuche am Klinikum Großhadern, deren Genehmigung die Regierung von Oberbayern im November 2006 ablehnte. Der Antragsteller legte zunächst Widerspruch ein, ließ dann aber die Frist für die Nachreichung der Begründung verstreichen. In Bremen klagte der Experimentator gegen die ablehnende Entscheidung der Behörde und gewann nach einem langwierigen Prozess vor Gericht.

Bei allen drei Ablehnungen stand für die Genehmigungsbehörden im Vordergrund, dass das Leid der Affen als schwerwiegender gewertet wurde als der zu erwartende Nutzen. Die Affen werden über Jahre hinweg durch Durst konditioniert. Nur so können sie dazu gebracht werden, dass sie das täglich mehrere Stunden währende Anschrauben des Kopfes dulden. Von einer "Freiwilligkeit" kann keine Rede sein. Das erhebliche Leiden der Tiere erstreckt sich über Jahre. Gleichzeitig ist der Nutzen äußerst fraglich, da es sich um reine Grundlagenforschung handelt, ohne jegliche klinische Anwendung.

Die Ablehnungen der Genehmigungsanträge in Berlin, München und Bremen sind wegweisend. Auch in der Schweiz wurden bereits Tierversuche dieser Art abgelehnt. Diese Entwicklung spiegelt die veränderten gesellschaftlichen Werte hinsichtlich der Verwendung von Affen als Versuchsobjekte wider. Bei der Genehmigung von Tierversuchen mit solch hochkomplexen, sozialen, intelligenten und sensiblen Tieren müssen ganz besondere Maßstäbe angesetzt werden.

Hirnforschung an Affen wird in Deutschland noch an folgenden Einrichtungen betrieben:

  • Institut für Hirnforschung, Universität Bremen, Bremen
  • Ernst-Strüngmann-Institut, Frankfurt am Main
  • Deutsches Primatenzentrum, Göttingen
  • Leibniz-Institut für Neurobiologie, Magdeburg
  • AG Neurophysik, Philipps-Universität Marburg
  • Hertie-Institut für Klinische Hirnforschung, Tübingen
  • Institut für Neurobiologie, Universität Tübingen, Tübingen
  • Exzellenzcluster Werner Reichhardt Centrum für Integrative Neurowissenschaften, Tübingen

Auch an der Ruhr-Universität Bochum wurden jahrzehntelang Hirnexperimente an Affen durchgeführt. Diese sollten wegen der Pensionierung des Experimentators Klaus-Peter Hoffmann im Jahr 2009 auslaufen. Durch weitere Verlängerungen wurden die Versuche jedoch weiter betrieben, bis sie zum 31. August 2012 endgültig eingestellt wurden. Immerhin hat in Bochum die Affenqual nun endlich ein Ende!

 Stand: 23.2.2018

Weitere Infos

Kampagne Stoppt Affenqual in Tübingen >>

Zahlreiche, in Tübingen durchgeführte Affenversuche haben wir in unserer Datenbank-Tierversuche dokumentiert. Die Versuchsbeschreibungen basieren auf von den Experimentatoren selbst in Fachjournalen veröffentlichten Artikeln. Zur Datenbank-Tierversuche >>