Stellungnahme zur ZDF-Sendung Frontal 21 am 09.12.2003

Covance Folterlabor

Bei der Firma Covance in Münster werden im Auftrag von Pharmafirmen Giftigkeitstests an Primaten, hauptsächlich Javaner- und Rhesusaffen, durchgeführt. Die Tiere stammen aus Mauritius, China und Vietnam und haben schon die Tortur des Transports hinter sich, wenn sie bei Covance ankommen. Einzeln in kleinen Metallgitterkäfigen gehalten und so ihrer natürlichen Verhaltensweisen beraubt, werden die sozialen Tiere im wahrsten Sinne des Wortes verrückt. Sie zeigen die typischen Symptome von Hospitalismus, Im-Kreis-Drehen, Wippen, Hin-und-Her-Laufen. Täglich werden schmerzhafte Prozeduren vorgenommen: Zwangsfütterung von Substanzen, Blutentnahmen, Infusionen, bei denen die Tiere in einem 'Affenstuhl' fixiert werden usw. Als wäre das alles nicht schon qualvoll genug, werden die Affen zudem bei Covance vom Personal brutal misshandelt. Die Mitarbeiter gehen mit einer unglaublichen Rohheit und Gefühllosigkeit ans Werk und verspotten die hilflosen Tiere auch noch.

Skandalöse Zustände aufgedeckt

Diese unhaltbaren Zustände bei Covance wurden durch die britische Tierversuchsgegner-Organisation BUAV (British Union for the Abolition of Vivisection enthüllt. Ihnen war es gelungen, einen Mitarbeiter als Tierpflegergehilfen bei Covance einzuschleusen. Was er in den fünf Monaten an Bildmaterial zusammengetragen hat, entlarvt die Tierversuchsindustrie als was sie ist - skrupellose Geschäftsmacher, die sich auf Kosten von unschuldigen Tieren bereichern. Schon im September 2003 stellen die Ärzte gegen Tierversuche e.V. Strafanzeige gegen Covance. Ein ehemaliger Mitarbeiter hatte berichtet, wie 500 überschüssige Affen »entsorgt« worden waren - sie wurden totgespritzt, einige davon mit einem nicht zugelassenen Mittel, das einen besonders qualvollen Todeskampf der Tiere zur Folge hatte.

Unsere nächsten Verwandten

Primaten haben ein komplexes Kulturleben und ausgeprägte intellektuelle und emotionale Fähigkeiten. Sie haben ein Ich-Bewusstsein, können verschiedene Arten von Werkzeug gebrauchen und aus einem erlernten »Wortschatz« völlig neue, eigene Sätzen bilden. Die Fähigkeiten von Schimpansen sind vergleichbar mit denen eines dreijährigen Kindes, die von Rhesusaffen mit denen eines 10-Monate alten Babys. Primaten sind unsere nächsten Verwandten - und doch werden sie zu Tausenden in der Forschung verschlissen. Im Jahr 2002 litten und starben offiziellen Statistiken zufolge in Deutschland genau 1.889 Affen in Versuchen »verbraucht«.Mehr als ein Drittel (798) von ihnen stammt aus Nicht-EU-Ländern. In einigen afrikanischen und asiatischen Ländern werden Affen für den Export gezüchtet, viele werden aber auch wild gefangen. Aus ihren Familienverbänden gerissen, leiden die Tiere an der sozialen Isolation. Bei Fang und Transport kommen Hunger, Durst, Hitze oder Kälte, Lärm, Enge der Käfige und eine oft rücksichtslose Behandlung durch Fänger und Exporteure hinzu. Viele überleben den Stress nicht. Im Labor angekommen, verbringen sie den Rest ihres Lebens hinter Gittern - oft in Einzelhaft. Schon allein die Haltungsbedingungen sind für die intelligenten und sozialen Tiere eine Tortur.

Ethisch nicht zu rechtfertigen und wissenschaftlich unsinnig

Im Jahr 2001 wurden über Zweidrittel der Primaten in toxikologischen Untersuchungen verwendet, das heißt, sie wurden vergiftet. Die Versuchsergebnisse solcher Giftigkeitsprüfungen sagen jedoch nur etwas über die Reaktion der Affen aus und lassen keine Vorhersage für den Menschen zu. Tierversuche sind im Allgemeinen und an Primaten im Besonderen moralisch nicht zu rechtfertigen und wissenschaftlich unsinnig. Gerade bei Affenversuchen müssen wir uns fragen, ob alles, was machbar ist, auch erlaubt sein darf. Einerseits sind wir unseren nächsten Verwandten, den Primaten, ähnlich, weswegen sich Experimente an ihnen aus ethischen Gründen verbieten, andererseits sind die Unterschiede aber doch so groß, dass die Untersuchungsergebnisse keinen wissenschaftlichen Wert haben.Die Ärzte gegen Tierversuche sind der Überzeugung, dass die verdeckt aufgenommenen Beweise kein Einzelfall sind. Zustände wie bei Covance sind hinter den verschlossenen Türen mit Sicherheit auch anderer Labore an der Tagesordnung. Die Undercover-Recherche von BUAV brachte an Tag, was die Öffentlichkeit nicht sehen darf. Sie unterstreicht damit die Notwendigkeit eines sofortigen Verbots von Tierversuchen.

09.12.2003
Dr. med. vet. Corina Gericke

Weitere Infos

Das Faltblatt »Freiheitsberaubung, Folter, Mord« mit Informationen zu Primatenversuchen kann hier bestellt werden.Mehrere Tausend Beispiele von Versuchen an Primaten, darunter auch einige bei Covance durchgeführte, sind in unserer Internetdatenbank www.datenbank-tierversuche.de abrufbar.