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Sonstige

REACH: 18.000 Tiere vor Chemikalientod bewahrt!

Mindestens 18.000 Ratten, Fische und Vögel wurden bislang durch das REACH-Projekt, das wir zusammen mit unserem Dachverband ECEAE seit 2009 betreiben, vor einem qualvollen Gifttod bewahrt. Ein großartiger Erfolg!

Chemie-Firmen müssen im Rahmen der REACH-Verordnung ihre Chemikalien bei der EU-Behörde ECHA registrieren und umfangreiche Informationen vorlegen. Dabei kann es sich um bereits vorhandene oder aus neuen Tierversuchen gewonnene Daten handeln. Geplante Tierversuche müssen bei der ECHA vorgeschlagen werden. Die Behörde gibt dann Dritten in einem öffentlichen Beratungsverfahren 45 Tage lang die Möglichkeit, herauszufinden, ob die Daten schon vorhanden sind oder auf andere Weise als mit Tierversuchen ermittelt werden können.

Gemeinsam mit der Europäischen Koalition zur Beendigung von Tierversuchen (ECEAE) haben wir Toxikologen angestellt, die die Testvorschläge systematisch kommentieren. Die Erfahrungen aus der ersten REACH-Phase, bei der bis zum Dezember 2010 Chemikalien mit einer Produktionsmenge von über 1.000 Tonnen registriert werden mussten, wurden im März 2013 in einem Artikel der Fachzeitschrift Altex veröffentlicht. (*)

Als unmittelbare Folge unserer Kommentare konnten mindestens 17 Tierversuchsreihen, die den qualvollen Tod von mehr als 18.000 Tieren bedeutet hätten, verhindert werden! Dabei handelt es sich um Tests, bei denen Ratten täglich 90 Tage lang Substanzen in den Magen gepumpt werden (Toxizität bei wiederholter Gabe), bei denen die Stoffe schwangeren Ratten eingegeben werden, um die Auswirkung auf die ungeborenen Babys zu studieren (Entwicklungstoxizität) sowie Zwei-Generationen-Studien, bei denen die Chemikalien Rattenmüttern, ihren Jungen und Enkeln verabreicht werden.

In 12 Fällen wurden die geplanten Tierversuche nicht durchgeführt, weil die betreffenden Firmen aufgrund unserer Kommentare ihre Tierversuchsvorschläge zurückgezogen haben. In drei Fällen entschied die ECHA, dass die beantragten Tierversuche nicht durchgeführt werden müssen, und in zwei Fällen befand die ECHA die Tierversuche zwar für notwendig, zeigte aber Wege auf, sie zu vermeiden, was von den Firmen angenommen wurde.

Hinzu kommen Tierversuche, die aufgrund unserer Beratung von Firmen verhindert werden konnten. So im Fall der Firma Honeywell, die einen Inhalationsversuch an 120 Kaninchen nicht durchführen musste, nachdem sie Beschwerde dagegen eingelegt hatte. Wir hatten die Firma mit Gutachten und Stellungnahmen unterstützt.

Laut der ECHA wurden 42 % der Testvorschläge erst beantragt und dann von den Firmen wieder zurückgezogen. Nur von einigen zurückgezogenen Tierversuchsanträgen wissen wir, dass unsere Kommentare der Auslöser waren. Es ist gut möglich, dass weitere aufgrund der Kommentare zurückgezogen wurden. Der Fachartikel zeigt außerdem, dass viel weniger Tiere „verbraucht“ wurden als ursprünglich befürchtet. Einer Schätzung der ECEAE zufolge wären bis zur ersten Frist im Dezember 2010 rund 4,25 Millionen Tiere zu Tode gequält worden, wenn alle Tierversuche durchgeführt worden wären. Tatsächlich waren es aber wahrscheinlich „nur“ 493,000, also etwas mehr als 10 Prozent.

Es mag wenig klingen, dass wir von gut einer halben Million Tiere „nur“ 18.000 retten konnten. Aber zum Einen ist jede einzelne Ratte, die nicht einen qualvollen Gifttod sterben muss, ein Erfolg, und zum Zweiten ist es durchaus möglich, dass aufgrund unserer Kommentare noch sehr viel mehr Tierversuche nicht durchgeführt wurden.

Die Auswertung hat gezeigt, dass die meisten Tierversuche verhindert werden konnten, weil Firmen ihre Anträge zurückzogen, während die ECHA sich als sehr konservativ erwiesen hat und die durch die REACH-Verordnung vorgegebene Möglichkeit der Kommentierung durch Dritte kaum bis gar nicht genutzt hat. Im Gegenteil, die Behörde hat uns (ECEAE + ÄgT) als in vielen Fällen einzigen Kommentatoren sogar massiv Steine in den Weg gelegt, indem sie oftmals so viele Testvorschläge auf einmal veröffentlicht hat, dass es überhaupt nicht möglich war, alle zu bearbeiten. Mitunter wurden unsere Kommentare an die Firmen auch so kurzfristig weitergegeben, dass diese keine Chance mehr hatten, ihren Testantrag zu überarbeiten oder zurückzuziehen. Die ECEAE hat sich deswegen schon offiziell beim Ombudsmann der EU-Kommission über die ECHA beschwert.

Trotz dieser Schwierigkeiten ist unser REACH-Projekt ein großer Erfolg! Es ist eine der seltenen Möglichkeiten, von geplanten Tierversuchen im Voraus zu wissen und diese verhindern zu können. Derzeit läuft die zweite REACH-Phase, bei der Chemikalien, die in Mengen von 100 bis 1.000 Tonnen hergestellt werden, bis zum Juni 2012 registriert werden mussten. Über 500 Tierversuchsvorschläge werden nun bis Ende 2014 erwartet und von uns kommentiert werden. Eine Übersicht über die nicht durchgeführten Tierversuche der ersten REACH-Phase, die definitiv auf unsere Arbeit zurückgehen, sind in der Tabelle dargestellt.

Wir danken allen Mitgliedern und Spendern, die unser sehr aufwendiges REACH-Projekt unterstützen!

Test

Anzahl Tiere je Antrag

Anträge zurück-gezogen

Anträge abgelehnt

Tierversuche verlangt, aber nicht durchgeführt

Anzahl der geretteten Tiere

90-Tage-Toxitzität (Ratten)

100

3

0

0

300

Entwicklungs-Toxizität (Ratten)

900

5

1

1

6.300

Zwei-Generationen-Studie (Ratten)

2.200

2

2

0

8.800

Bioakkumulation (Fische)

280

1

0

0

280

Bodentoxizität (Vögel)

2.832

1

0

0

2.832

Erbgutschädigende Eigenschaften (Ratten oder Mäuse)

50

0

0

1

50

28.03.2014
Dr. med. vet. Corina Gericke


(*) Katy Taylor, Wolfgang Stengel, Carlotta Casalegno und David Andrew: Experiences of the REACH testing proposals system to reduce animal testing. Altex, March 10, 2014 Epub

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