Strafanzeigen gegen Tierlabore treffen ins Schwarze

Mit den Strafanzeigen gegen 14 hessische Tierversuchslabore wegen Verdachts auf gesetzeswidrige Tötungen sogenannter Überschusstiere haben Ärzte gegen Tierversuche e.V. (ÄgT) und die Deutsche Juristische Gesellschaft für Tierschutzrecht e.V (DJGT) ins Schwarze getroffen. Namhafte Medien berichten, dass seither große Unruhe in Laboren herrscht und teilweise Tiere vorerst nicht mehr getötet werden. Die Vereine sehen es als Erfolg, dass die gängigen Tiertötungen nicht einfach weiterhin als Kavaliersdelikt abgetan werden können.

Zusätzlich zu den in Tierversuchen und zu wissenschaftlichen Zwecken getöteten rund 2,5 Millionen Tieren fallen im Jahr weitere etwa 3,9 Millionen Tiere an, die für Tierversuche gezüchtet, aber nicht „gebraucht“ und daher getötet werden. Grund ist etwa, dass die Tiere das „falsche“ Geschlecht, Alter oder die „falsche“ Genveränderung haben. Die Vereine ÄgT und DJGT hatten gegen diese Praxis im Juni 2021 insgesamt 14 Strafanzeigen gegen Labore in Hessen gestellt. Denn diese Einrichtungen haben gegen die Vorgabe im Tierschutzgesetz verstoßen, dass Tiere nicht ohne „vernünftigen Grund“ getötet werden dürfen. Dort sind 2017 insgesamt 151.632 Tiere aus rein wirtschaftlichen Gründen und damit nach Ansicht der Vereine gesetzeswidrig getötet worden.

Aktuell berichten etwa „Die Zeit“ und „Science“*, dass die Strafanzeigen der Vereine zu extremer Verunsicherung innerhalb der Forschungs-Community geführt haben und eine Arbeitsgruppe sogar die Tötung überzähliger Tiere vorläufig eingestellt habe. Die Lobby befürchtet laut Medien, dass die Tierversuchsforschung über Nacht zum Erliegen kommen würde, wenn die Tiere nicht einfach getötet werden dürften.

ÄgT und DJGT sehen sich darin bestätigt, dass sich die Tierversuchslabore durchaus darüber im Klaren sind, dass eine Tötung von unerwünschten Tieren ohne einen nach dem Tierschutzgesetz erforderlichen vernünftigen Grund eine Straftat darstellt, die mit drei Jahren Gefängnis belegt werden kann.

Ein Verfahren zu einer der 14 Strafanzeigen wurde zwischenzeitlich von der zuständigen Staatsanwaltschaft eingestellt, wogegen ÄgT und DJGT aktuell Beschwerde eingelegt haben. Bei den anderen steht eine Entscheidung noch aus. „Entgegen gesetzlicher Vorgaben werden Strafanzeigen im Bereich des Tierschutzes meist mit lapidaren Begründungen eingestellt“, so Dr. Barbara Felde, stellvertretende Vorsitzende der DJGT. „Eine ernsthafte Anwendung des Gesetzes würde jedoch zwingend dazu führen, dass die Tötung dieser sogenannten Überschusstiere als Straftat angeklagt werden müsste“.

ÄgT und DJGT sehen es als großen Erfolg, dass die Strafanzeigen diese gängige, aber verschwiegene Praxis in den Blick der Öffentlichkeit rücken und sowohl die Tierversuchslobby als auch die Entscheidungsträger auf höchster Ebene dazu bewegen, sich dem Umstand zu stellen, dass die Tötung eines Tieres ohne vernünftigen Grund nicht weiter totgeschwiegen werden kann.

Auch das Urteil zum Verbot des Tötens männlicher Küken hatte seinen Anfang in abgeschmetterten Strafanzeigen, letztlich konnte aber das Tierschutzgesetz nicht ignoriert werden. Das Bundesverwaltungsgericht entschied im Jahr 2019, dass diese Praxis keinem vernünftigen Grund unterliegt. Und jüngst hatte das Verwaltungsgericht Stuttgart befunden, dass unerwünschte Tauben auf einem Firmengelände nicht getötet werden dürfen und verwies auf den im Grundgesetz verankerten Tierschutz. „Wegweisende Urteile, die auch für die Millionen sogenannten Überschusstiere in deutschen Laboren gelten müssen, die wegen bloßem Nichtgebrauch getötet werden“, kommentiert Dipl.-Biol. Silke Strittmatter von Ärzte gegen Tierversuche.

Quellen

Aussortiert. Die Zeit, 5. Mai 2022 
Germany weighs whether culling excess lab animals is a crime. Science, 5 May 2022