Bundesregierung muss handeln

Seit 2013, spätestens jedoch seit Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens im Jahr 2018, ist die Bundesregierung gefordert, im Tierversuchsrecht Übereinstimmung mit dem EU-Recht zu schaffen. Sämtliche Entwürfe sind jedoch nach wie vor ungenügend, wie die Tierschutzverbände in zahlreichen Stellungnahmen kritisieren. Nun hat der Ausschuss des Bundesrates klare Empfehlungen abgegeben, wie man das deutsche Recht verbessern muss.

Schon im Februar 2021 hatten sich der Ausschuss für Agrarpolitik und Verbraucherschutz und der Ausschuss für Kulturpolitik mit Empfehlungen zum Entwurf einer Änderung des Tierschutzgesetzes vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) geäußert. Auch diese Empfehlungen waren sehr deutlich und dringend umzusetzen, sie sind von der Bundesregierung jedoch sämtlich abgelehnt worden.

Die Ausschüsse stellen auch in ihren jüngsten Empfehlungen fest, was Tierschützer schon lange wissen. „Es ist offenkundig, dass man vehement vermeiden möchte, insbesondere für den Prozess der Tierversuchsgenehmigung höhere Hürden aufzubauen und lieber an bestehenden, nicht rechtmäßigen Vorschriften festhält“, so Dr. med. vet. Corina Gericke, stellvertretende Vorsitzende des Vereins Ärzte gegen Tierversuche. Gerade die Anforderungen an die Genehmigung sind nach der EU-Richtlinie 2010/63/EU hoch. Entgegen deutschen Rechts muss die gesamte Prüfungskompetenz bei der Projektbeurteilung der Behörde obliegen, es darf nicht sein, dass die Behörde an die Aussagen der antragstellenden Wissenschaftler gebunden ist. Mit der aktuell in den Entwürfen zum Tierschutzgesetz und zur Tierschutzversuchstierverordnung gewählten Formulierung dürfte jedoch genau das beibehalten werden, was EU-Kommission, Tierschutzverbände und nun sogar ein Verfassungsorgan der Bundesrepublik Deutschland stark bemängeln.

Zu diesem eklatanten Fehler gesellen sich zahlreiche weitere, von denen die Bundesregierung nur wenige zu ändern gedenkt. „Die EU gibt ihren Mitgliedstaaten die Möglichkeit, schwerst-belastende Tierversuche gänzlich zu verbieten“, so Dr. jur. Barbara Felde, stellvertretende Vorsitzende der Deutschen Juristischen Gesellschaft für Tierschutzrecht (DJGT). „Anstatt davon aber Gebrauch zu machen, wird versucht, an derartige besonders schlimme Tierversuche nahezu dieselben Anforderungen zu stellen, wie an sämtliche andere.“ Diesbezüglich empfiehlt der Ausschuss Formulierungen, die zumindest die Möglichkeit, derartige Tierversuche durchzuführen, sehr viel schwieriger gestalten.

Auch wenn die Bundesregierung Tierschutzverbänden kein Gehör schenkt, so sollte es ein signifikantes Signal sein, dass zusätzlich zur EU-Kommission nun auch zwei Ausschüsse des Bundesrates die Entwürfe offen kritisieren. Es sollten endlich die Änderungen an den Gesetzen vorgenommen werden, die die EU fordert, bevor sie den nächsten, logischen Schritt geht und den Europäischen Gerichtshof anruft, der daraufhin Sanktionen gegen Deutschland verhängen könnte.