Kampagne „Schwimmen bis zur Verzweiflung“
Hintergrund
In der EU müssen seit 2012 beantragte Tierversuche in Schweregrade eingeteilt werden. Es gibt zur Auswahl: keine Wiederherstellung der Lebensfunktionen (Tod in Narkose), gering, mittel und schwer. Die von der EU vorgelegte Liste, was unter Schweregrad „schwer“ fällt, liest sich wie ein Horrorkabinett:
- Schwimmen bis zur Erschöpfung, um Depression zu simulieren („forcierter Schwimmtest“ bei Ratten und Mäusen)
- Verabreichen von Elektroschocks, denen das Tier nicht entkommen kann („erlernte Hilflosigkeit“ bei Mäusen); die Tiere geben verzweifelt auf und lassen die Schmerzen über sich ergehen
- Tod durch Vergiftung
- Bestrahlung mit Todesfolge
- Tod durch Abstoßungsreaktion von Transplantaten
- Knochentumore und metastasierende Tumore
- Knochenbrüche
- Versagen mehrerer Organe, z. B. bei Blutvergiftung
- Anzüchten von mit schwerem Leid verbundenen genetischen Störungen
- längere Einzelhaltung von Primaten oder Hunden
- Immobilisierung zur Herbeiführung von Magengeschwüren oder Herzversagen
Dabei müssen die Experimentatoren die Einteilung in Schweregrade für ihre Versuche selbst vornehmen. Eine häufige Zu-niedrig-Einstufung ist wahrscheinlich. Eine Analyse von 51 Tierversuchsanträgen aus Bayern ergab, dass Zweidrittel der Forscher die Leiden der Tiere zu niedrig einstufte, kein einziger zu hoch. Und dabei hat die EU eine ganze Reihe von extrem grausamen, aber üblichen Tierversuchen gar nicht in der Liste aufgeführt.
EU verbietet, Deutschland nicht
Die EU verbietet besonders leidvolle Tierversuche, erlaubt den Mitgliedstaaten aber Ausnahmen. Und genau das hat die Bundesregierung bei der Neufassung des Tierschutzgesetzes getan: Sie hat auf Druck der Tierversuchslobby von der Ausnahme Gebrauch gemacht und auch die allerschlimmsten Tierversuche erlaubt.
Gutachten
Ein Rechtsgutachten der Hamburger Juristin Dr. Davina Bruhn unterstreicht die Forderung nach einem gesetzlichen Verbot zumindest der grausamsten Tierversuche. Es belegt, dass bei der Umsetzung der EU-Tierversuchsrichtlinie in deutsches Recht schwerwiegende Fehler zulasten der Tiere begangen worden sind. Ein Verbot besonders leidvoller Tierversuche ist juristisch nicht nur möglich, sondern sogar geboten, denn der Tierschutz ist im Grundgesetz verankert und kann die ebenfalls grundgesetzlich verbriefte Forschungsfreiheit einschränken.
Die Kampagne
Mit unserer Kampagne, die wir zusammen mit den Vereinen TASSO und Bund gegen Missbrauch der Tiere Anfang 2016 gestartet haben, wollten wir erreichen, dass Deutschland das von der EU ermöglichte Verbot von Tierversuchen des Schweregrads „schwer“ umsetzt und diese Versuche gesetzlich verbietet. Nach jahrelanger umfangreicher Öffentlichkeitsarbeit, mehreren Unterschriftenübergaben, einer Bundestagsanhörung, einem juristischen Gutachten, zahlreichen bundesweiten Aktionen und Schreiben an verantwortliche Gremien endete die Kampagne 2022 mit der Übergabe von 138.000 Unterschriften an Abgeordnete des Deutschen Bundestags.
2018: Dipl.-Biol. Torsten Schmidt (Bund gegen Missbrauch der Tiere), Dr. Cristeta Brause (TASSO) und Dr. Corina Gericke (Ärzte gegen Tierversuche) übergeben mehr als 71.000 Unterschriften für ein Verbot von Tierversuchen mit Schweregrad „schwer“ an den Petitionsausschuss des Bundestags.
InfosAusführliche Hintergrundinfos: www.schwimmen-bis-zur-verzweiflung.de Rechtsgutachten zum Verbot schwerstbelastender Tierversuche von Dr. Davina Bruhn Pressemitteilungen und Neuigkeiten17.02.2016 Deutschland quält Tiere gegen EU-Willen >>
23.11.2018 Deutschland räumt Mängel bei Tierversuchsrecht ein >>
27.09.2022 Deutschland verstößt weiterhin gegen EU-Recht >> |