Hirnforschung an Affen - Grausam und sinnlos
Hauptsächlich sind es Rhesus- und Javaneraffen, die in der Hirnforschung leiden und sterben müssen. Überall in der Welt werden dabei die mehr oder weniger gleichen Versuche durchgeführt. In unserer Datenbank (www.datenbank-tierversuche.de) sind derartige Experimente an Affen in Bochum, Bremen, Göttingen, Magdeburg, Marburg, München und Tübingen dokumentiert. Die Versuche sind nicht nur äußerst grausam, sondern auch sinnlos, denn zu groß sind die Unterschiede zwischen Affen- und Menschenhirn. Üblicherweise werden die Tiere zunächst »trainiert«, stundenlang in einem Affenstuhl fixiert zu sitzen. Damit die Affen machen, was die Forscher von ihnen verlangen, bekommen sie für richtig erledigte Aufgaben ein paar Tropfen Saft. Außerhalb der Versuche erhalten sie nichts zu trinken, so dass den intelligenten Tieren gar nichts anderes übrig bleibt, als zu kooperieren, um ihren Durst zu stillen.
Dann wird den Tieren ein Loch in den Schädel gebohrt. Darüber wird eine Kammer montiert, durch die später Elektroden direkt in das Gehirn eingeführt werden können. Ein Metallbolzen wird auf den Schädelknochen geschraubt. Der Kopf eines Affen wird mit Hilfe des Bolzens unbeweglich an einem Gestell angeschraubt. Die Tiere müssen auf einen Bildschirm schauen und dabei Aufgaben erledigen, z.B. einen Punkt auf dem Monitor verfolgen oder bei bestimmten Bildern einen Hebel betätigen.
Allein schon die Torturen des »Trainings« dauern Jahre. Sind die Tiere einmal konditioniert, werden sie jahrelang für verschiedene Versuchsreihen verwendet. Der permanente Durst, die bohrenden Kopfschmerzen durch die implantierten Geräte auf dem Schädel, das Anschrauben des Kopfes - das Leid, das diesen Tieren angetan wird, ist unermesslich. Wären es Menschen, würde man es Folter nennen.
Hirnforschung in Deutschland
Hirnforschung an Affen wird in Deutschland noch an folgenden Einrichtungen betrieben:
- Institut für Hirnforschung, Universität Bremen, Bremen
- Ernst-Strüngmann-Institut, Frankfurt am Main
- Deutsches Primatenzentrum, Göttingen
- Leibniz-Institut für Neurobiologie, Magdeburg
- AG Neurophysik, Philipps-Universität Marburg
- Hertie-Institut für Klinische Hirnforschung, Tübingen
- Institut für Neurobiologie, Universität Tübingen, Tübingen
- Exzellenzcluster Werner Reichhardt Centrum für Integrative Neurowissenschaften, Tübingen
Wegweisende Entscheidungen in Berlin und München
Der in England tätige Hirnforscher Alexander Thiele wollte seine Affenversuche an der Berliner Charité fortführen und beantragte eine entsprechende Genehmigung. Der Berliner Senat lehnte jedoch ab. Ausschlaggebend waren die mit diesen Experimenten verbundenen Durstqualen. Die Ablehnung wurde Anfang 2007 rechtskräftig.
Einem Antrag auf praktisch identische Versuche am Klinikum Großhadern in München wurde Ende 2006 ebenfalls die Genehmigung durch die zuständige Behörde verweigert. Im Unterschied zu Berlin wurden die Münchner Versuche seit Jahren genehmigt und durchgeführt. Der Antragsteller erhob zunächst Einspruch, ließ dann aber die Frist für die Begründung verstreichen. Das Verbot ist damit rechtskräftig.
Kein kleines Menschenhirn
Es heißt, die Hirnforschung diene angeblich dazu, das menschliche Gehirn besser zu verstehen, um eines fernen Tages Therapien gegen Alzheimer und Parkinson entwickeln zu können. Affen sind von allen Tieren dem Menschen am ähnlichsten, aber wie groß ist die Ähnlichkeit wirklich? Aysha Akhtar, M.D., M.P.H. (1), Neurologin aus Washington, USA, hat einige neuroanatomische und neurophysiologische Unterschiede zusammengetragen:
- Die Hauptentwicklungsphase des Affenhirns dauert 136 Tage, die des menschlichen Gehirns 470 Tage (2).
- Die menschliche Hirnrinde hat eine 10-mal größere Oberfläche als die des Affen (3).
- Der V1-Bereich (ein Teil der Sehrinde) macht beim Affen 10 % der gesamten Hirnrinde aus, beim Menschen nur 3 % (4).
- Identische Bereiche in der Sehrinde haben bei Affe und Mensch ganz unterschiedliche Funktionen (5,6).
- Ein menschliches Neuron hat 7.000 bis 10.000 Synapsen (Verbindungen zu anderen Neuronen), beim Rhesusaffen sind es nur 2.000 bis 6.000 (2).
- Menschen haben zur Verarbeitung von visuellen Reizen Hirnbereiche, die es beim Affen gar nicht gibt (7).
- Das menschliche Gehirn hat Areale, die es beim Affen nicht gibt: für Sprache, Lesen, Singen, Gedichte schreiben, Rechnen, Sport, abstraktes Denken (8).
- Eine Schädigung eines bestimmten Bereichs des motorischen Systems verursacht beim Menschen Akinesie, einen kompletten Ausfall von Sprache und Muskelbewegungen. Beim Affen hingegen gibt es nur eine geringe Beeinträchtigung (9).
- Eine Schädigung des Scheitellappens, eines Abschnitts des Großhirns, ruft beim Menschen Apraxie hervor, eine Störung von Bewegungsabläufen und die Unfähigkeit bei erhaltener Bewegungsfähigkeit Gegenstände sinnvoll zu verwenden. Die gleiche Schädigung beim Affen verursacht lediglich geringfügige Muskelstörungen (9)
Wissenschaftliche Forschung
Forschung an Affenhirnen erlaubt Aussagen über die Funktion des Affenhirns - mehr nicht. Will man etwas über das menschliche Gehirn erfahren, muss das »Zielhirn« untersucht werden und nicht das einer anderen Tierart. Ethisch vertretbare Forschung am Zielorgan, dem menschlichen Gehirn, ist möglich. Die heutigen Technologien erlauben den Forschern das Gehirn bis ins kleinste Detail zu untersuchen - ohne Löcher in den Schädel zu bohren. Mit modernen bildgebenden Verfahren wie Magnetresonanz- oder Positronenemissions-Tomographie kann die Verarbeitung von Nervenreizen im Gehirn von Freiwilligen untersucht werden. Diese Art der Forschung liefert relevante Daten, die menschlichen Patienten, die an Alzheimer, Parkinson oder anderen neurologischen Erkrankungen leiden, tatsächlich helfen können.
Quellen
(1) Aysha Akhtar, M.D., M.P.H.: »Neurological Experiments: Monkey See...But Not Like Humans«, Mai 2006,
http://www.pcrm.org/resch/anexp/beyond/monkey_0605.html
(2) Dehaene S, Duhamel J-R, Hauser MD, Rizzolatti G. Cambridge, MA: MIT Press, 2005: 83
(3) Dehaene S, Duhamel J-R, Hauser MD, Rizzolatti G. Cambridge, MA: MIT Press, 2005: 3.
(4) Dehaene S, Duhamel J-R, Hauser MD, Rizzolatti G. Cambridge, MA: MIT Press, 2005: 9.
(5) Dehaene S, Duhamel J-R, Hauser MD, Rizzolatti G. Cambridge, MA: MIT Press, 2005: 277
(6) Tootell RBH, Mendola JD, Hadjikhani NK, et al. J. Neurosci. 1997, 17: 7060-7078
(7) Vanduffel W, Fize D, Peuskens H, et al. Science. 2002, 298: 413-415
(8) Crick F, Jones E. Nature, 1993, 361: 109-110
(9) Hepp-Reymond in »Comperative Primate Biology (Vol 4): Neurosciences« by HS Steklis & J Erwin, 1988: 605
30.3.2018
Dr. med. vet. Corina Gericke
Weitere Infos
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