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In Zukunft könnten diese „Biobots“ gegen verschiedene Krankheiten eingesetzt werden

Wissenschaftler aus den USA haben aus menschlichen Zellen der Luftröhre Zellkonstrukte entwickelt, die sich in kontrollierter Weise fortbewegen können. Sie nannten diese Konstrukte „Anthrobots“ (vom griechischen anthropos: „Mensch“). Diese biologischen Roboter konnten im Labor gezüchtetes menschliches Nervengewebe zum Wachstum anregen und reparieren. Im Gegensatz zu Tierversuchen haben diese innovativen Systeme das Potenzial, die Medizin zu revolutionieren und in Zukunft zur Behandlung verschiedener Krankheiten eingesetzt werden zu können.

In der durch die Tufts University und das Wyss Institute der Harvard University in Boston, USA, durchgeführten Studie wurden von menschlichen Spendern gewonnene Zellen der Luftröhre verwendet (1). Diese Zellen weisen an ihrer Oberfläche Flimmerhärchen, die sogenannten Zilien, auf, welche in der Luftröhre dazu dienen, Fremdkörper, Mikroorganismen und Schleim in Richtung Rachen zu transportieren und so die Atemwege zu reinigen. Im Labor bildeten sich aus den Zellen 20- bis 300-tausendstel Millimeter kleine kugelförmige oder ellipsoide Zellkonstrukte. Auch an der Oberfläche dieser dreidimensionalen Strukturen bilden die Zellen Zilien aus, die sich hin und her bewegen, wodurch die Anthrobots in Bewegung versetzt werden.

Je nach Form der Anthrobots und Anordnung der Flimmerhärchen auf ihrer Oberfläche bewegen sich die menschlichen „Zell-Roboter“ in unterschiedlicher Weise. Während kugelförmige Anthrobots mit gleichmäßigem Zilienbewuchs sich in geraden Linien fortbewegen, begeben sich unregelmäßig geformte und nur einseitig mit Zilien bewachsene Anthrobots auf kreisförmige Bahnen. Dabei erreichen die Konstrukte für ihre geringe Größe erstaunliche Geschwindigkeiten von bis zu 18 Zentimeter pro Stunde.

In ihren Versuchen haben die Wissenschaftler außerdem gezeigt, dass sich durch Zusammenlagerung mehrerer Anthrobots sogenannte „Superbots“ aufbauen lassen. Diese Superbots zeigen erstaunliche Fähigkeiten: Wenn sie mit Wunden in künstlich hergestelltem menschlichem Nervengewebe in Kontakt kommen, führen sie zum Wachstum von Nervenzellen, welche die Wunde überbrücken und somit heilen. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass sich Anthrobots in der Medizin einsetzen lassen könnten. Dabei weisen sie den Vorteil auf, dass sie sich aus patienteneigenen Zellen herstellen lassen und dadurch vom Immunsystem des Patienten nicht abgestoßen werden und ungestört ihre Aufgabe im Körper erfüllen können. Im Anschluss daran zerfallen die Anthrobots und werden vom Körper abgebaut.

Weiterentwicklungen könnten darin bestehen, andere Zellen zum Aufbau von Anthrobots zu verwenden, um den „Zell-Robotern“ neue Eigenschaften und Fähigkeiten zu verleihen. Auch ist es denkbar, sie mit Wirkstoffen zu beladen. Solche Anthrobots könnten in erkranktes Gewebe injiziert werden, um beispielsweise Nervenschädigungen zu reparieren, Ablagerungen aus Blutgefäßen zu beseitigen, Krebszellen zu bekämpfen oder Bakterien abzutöten (2).

Die Anthrobots belegen eindrucksvoll, wozu auf menschlichen Zellen basierende Systeme im Gegensatz zu Tierversuchen fähig sind. Sie lassen sich nicht nur in der Forschung einsetzen, sondern auch zu therapeutischen Hilfsmitteln weiterentwickeln, die sogar für einzelne Patienten maßgeschneidert werden können. Verglichen mit solchen Hightech-Innovationen muten Versuche an künstlich krankgemachten Tieren wie aus dem tiefsten Mittelalter an.

Anthrobot, Tufts University
Anthrobot.
Quelle: Gumuskaya G. et al. Motile living biobots self-construct from adult human somatic progenitor seed cells. Advanced Science 2023