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ÄgT fördert die Entwicklung eines tierfreien Übungsphantoms in Tübingen

Die Arbeitsgruppe Experimentelle Endoskopie, Entwicklung und Training (EEET) des Universitätsklinikums Tübingen investiert viel Zeit und Energie in die Entwicklung von humangetreuen, tierfreien Trainingsphantomen für die Endoskopie. Gefördert wird das von öffentlicher Hand kaum. Daher hat unser Verein Ärzte gegen Tierversuche (ÄgT) die Entwicklung eines Blutungsmodells des unteren Darmtraktes, an dem angehende Mediziner realitätsgetreu verschiedene lebensrettende Eingriffe üben können, mit einer Summe von 7.500 Euro gefördert. Nach Fertigstellung des Simulators konnte sich ÄgT vor Ort von dem Resultat des Projektes überzeugen. Aus dem Besuch entstand auch ein informativer Kurzfilm. 

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Eine 2020/2021 durch ÄgT im Rahmen der Chirurgie-Kampagne durchgeführte Umfrage unter Kursanbietern in Deutschland ergab, dass ein Drittel der chirurgischen Trainingskurse nach wie vor Tiere für die Fortbildung verwendet. Abgesehen von der ethischen Frage, Tiere als Übungsobjekte zu instrumentalisieren, birgt die Verwendung von Tieren bei der Schulung von Chirurgen auch erhebliche Risiken für die Rettung menschlicher Patienten, wozu diese Kurse aber eigentlich befähigen sollen. Die Anatomie und Abmessungen von Tieren wie Schweinen, Schafen oder isolierten Tierorganen unterscheiden sich erheblich von der menschlichen Anatomie. Darüber hinaus können tierische Keime oder Parasiten gesundheitsschädlich sein.

Das alles muss nicht sein: Das Team um Dr. Dörte Wichmann am Universitätsklinikum Tübingen entwickelt innovative Modelle, die die menschliche Anatomie exakt widerspiegeln, ohne tierische Materialien zu verwenden. Diese Arbeitsgruppe, die sich seit mehr als 30 Jahren mit der Planung und Fertigung theoretischer und praktischer Modelle beschäftigt, bietet Schulungen für Mediziner an; nicht nur vor Ort in Tübingen, sondern auch international, von New York bis Tokio.

Im Rahmen ihres Projekts „Training der Blutstillung in Endoskopie und Chirurgie unter Verzicht von Tieren und Tierorganen“ wurde ein Modell speziell für die Behandlung von Blutungen im unteren Gastrointestinaltrakt entwickelt. Diese Art von Blutungen ist besonders kritisch, da sie oft erst spät erkannt werden, und in solchen Fällen zählt jede Minute.

Ein Schlüsselaspekt bei der Entwicklung dieser Modelle war der vollständige Verzicht auf tierische Komponenten. Während die meisten verwendeten Materialien bereits vegan waren, stellte sich die Frage nach dem Farbstoff in der Blutersatzlösung als Herausforderung dar. Nach intensiver Recherche und Anpassung von Eisenoxidpigmenten wurde eine passende Blutlösung entwickelt, um die Blutstillung realistisch zu üben.

Die Modelle wurden mit viel Handarbeit und unter Einsatz von 3D-Druckern hergestellt, wobei der Darm mit synthetischer Mukosa (Schleimhaut) ausgekleidet wurde, um die menschliche Anatomie realistisch abzubilden. Das gesamte Modell wurde in einen menschlichen Torso aus Plastik integriert.

Der spannende Abschluss des Projekts war der Besuch von ÄgT in Tübingen, bei dem eine Live-Vorführung des Trainingsmodells stattfand. Dr. Dörte Wichmann führte die Endoskopie am Modell durch, Dr. Benedikt Duckworth-Mothes führte als Projektverantwortlicher durch eine Präsentation. Dr. Wolf-Dieter Hirsch, ein langjähriges und aktives ÄgT-Mitglied, begleitete den Besuch und war von den realitätsnahen Trainingsmöglichkeiten des tierfreien Modells beeindruckt. „Besonders die Vorteile der realistischen Nachbildung der normalen menschlichen Anatomie, als auch verschiedener Zustände nach Operationen und die Übung unterschiedlicher Pathologien und endoskopischer Versorgungen finde ich absolut überzeugend und eindeutig förderungswürdig!“ äußert sich der Facharzt für Allgemein- und Viszeralchirurgie, Facharzt für Orthopädie, Unfallchirurgie und Notfallmedizin.

Dieses wegweisende Trainingsmodell hat bereits Auszeichnungen erhalten. Dennoch stellt sich die Frage, warum solche Projekte nicht von großen Forschungsgemeinschaften gefördert werden. ÄgT bekräftigt, dass tierversuchsfreie Trainingskurse im medizinischen Bereich von entscheidender Bedeutung sind.

„Wir freuen uns über dieses Projekt, das einen bedeutsamen Schritt hin zu tierversuchsfreien Trainingskursen in der medizinischen Aus- und Weiterbildung darstellt und die Gesundheit und das Wohlbefinden zukünftiger Patienten sicherstellen kann“, so Dr. Hirsch abschließend.

Direkt zum Film >> 

 Demonstration des tierversuchsfreien Endoskopie-Simulators
Dr. Wolf-Dieter Hirsch und Dr. Dörte Wichmann mit dem Übungsphantom. 

 Tierversuchsfreier Endoskopie-Simulators
Das Darmmodell von außen. 

 Tierversuchsfreier Endoskopie-Simulators
Realistische Simulation.